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POV: Lukas // Alligatoah

"Und das Wohnmobil hat Räder verdammt
Doch wir können hier nicht weiter, hier ist Fledermausland
Und so bleibe ich in der Wagenburg und lebe hier
Kannst du die Berge nicht erreichen, hol den Schnee zu dir..."

Über die Echo Dots, die Jessica in Wohn- und Arbeitszimmer verteilt hatte, liefen im Hintergrund leise ihre Lieblingssongs, sodass man auch noch hörbar gerufen werden konnte. Während ich zusammen mit Tim die Schränke im Arbeitszimmer ausräumte, widmeten sich Ena und Jessica den Kommoden in der Essecke, im Wohnzimmer. "Alter, Jess hat ihr Geld gut angelegt.", sagte Tim und lugte hinter der Schranktür hervor.
"Wie darf ich das verstehen?", fragte ich ihn und war gespannt darauf zu sehen, was er in seinen Händen hielt. Breit grinsend trat er einen Schritt zurück, mit der limitierten Crack-Street-Boys 2 Box in den Händen. Ich lachte leicht auf, mein Blick wechselte zwischen der Box und meinem ehemaligen Bandkollegen. "Guck mal da... Kleiner dicker Junge.", lachte Tim und zeigte auf Basti. Ich zog meine Augenbrauen nach oben, grinste breit und sah Tim wortlos an. "Ist ja gut... Hatte halt lange keine Peppdiät mehr.", zwinkerte er. "Das ist auch besser so, Weitkamp!", ich blickte an Tim vorbei, dieser drehte sich zur Tür, in der Ena stand. Tim räusperte sich leicht und blickte gebannt auf seine Freundin. "Ich brauch' dich schon noch ein bisschen.", sagte sie und warf ihm einen Luftkuss zu. "Steven und Melina sind gerade gekommen, wir wollen erstmal das Essen bestellen, bevor das untergehen sollte und wir schlussendlich einem qualvollen Hungertod erliegen.", Ena nickte lachend und wir folgten ihr in das Wohnzimmer. Steven und Melina wurden von uns wie gewohnt begrüßt und nach einer kurzen Konversation über die Lieferdienste bestellten wir für 19:00 Uhr vor.

~*~

Tim und ich waren gerade fertig geworden mit den letzten Kisten, in denen das Zubehör und die Kabel von Jessicas Technik Platz fanden, als es klingelte. - 16:42 Uhr - war auf der Anzeige an dem bläulichen Echo-Dot abzulesen. "Das wurde auch Zeit, ich hab' echt Knast.", sagte Tim und strich sich über seinen Bauch. "Ich glaube du musst dich noch etwas gedulden, mein Lieber.", sagte ich und stellte mich in den Türrahmen des Arbeitszimmers. Wie versteinert stand Jessica an der Tür ihrer Wohnung, ihr gegenüber im Treppenhaus stand eine junge Frau. Sie war kaum älter als Jessica, über ihren Schultern lag ihr langes blondes Haar und trotz der winterlichen Temperaturen trug sie eine Sonnenbrille.

POV: Jessica

Mein Herz schlug unglaublich schnell, noch immer blickte ich paralysiert auf meine ehemalige Schwägerin. "Hey...", sagte sie weinerlich und wartete auf eine Reaktion von mir. "Sabrina? Was willst du hier?", Ena stand neben mir und sprach mit einem abwertenden Ton. Auf meinen Schultern spürte ich Lukas' Hände liegen. "Mäuschen?", flüsterte er, noch immer hielt sich mein Blick an der Blondine fest, mit deren Besuch ich in 100 Jahren nicht gerechnet hätte. "Darf ich vielleicht reinkommen?", fragte sie kleinlaut.
"Sag erstmal, was du hier zu suchen hast.", sagte Ena wieder straff. Sabrina zog sich die große Sonnenbrille ab, ihr linkes Auge zierte ein schmerzhaftes Veilchen. "K... Komm... Komm rein.", stotterte ich. Dankend lief sie in mein Wohnzimmer und setzte sich auf die Kante des Sofas. "Jess, dein Ernst?!", fragte Ena ungläubig und wütend. Ich schüttelte mit dem Kopf, dass Ena nicht weiter reden sollte, doch auch Lukas sah mich ungläubig an. Von meinem Esstisch zog ich einen Stuhl heran, sodass ich Sabrina gegenüber saß. Lukas stellte sich stärkend hinter mich und hauchte mir einen Kuss auf die Haare. "Denkst du wirklich, dass das eine gute Idee ist?", flüsterte er in mein Ohr, ein Schulterzucken war meine Antwort auf seine Frage.
"Woher hast du meine Adresse?", fragte ich mit einem kalten Ton.
"Ich habe deinen Kollegen in der Werkstatt angebettelt, sie mir zu geben, also er weiß schon, warum ich hier bin.", sagte sie verzweifelt. Ihre Augen wurden glasig und Tränen waren zu sehen. Aus dem Badezimmer war ein Klirren zu hören und Melina kam zu uns gelaufen. "Ich hoffe, wir haben jetzt nicht allzu viel Pech. Steven ist der kleine Standspiegel runtergefallen." Ena holte Kehrschaufel und -besen aus der Küche und ließ uns drei im Wohnzimmer zurück.
"Also, dann fang mal an... Warum bist du hier?", fragte ich.
"Niklas... ich...", sie rümpfte die Nase. "Ich... Wir haben uns gestern gefetzt und... und... Es tut mir so leid, was du durchmachen musstest. Mir hätte klar sein müssen, dass man sich nicht so viele blaue Flecke in einer Werkstatt zu ziehen kann, wenn ich dich im Sommer mit den kurzen Sachen gesehen habe.", Sabrina brach in Tränen aus.
"Dafür kannst du nichts und die Entschuldigung erwarte ich von jemand anderen.", ein leerer Blick meinerseits lag auf ihr.
"Doch... auch...", ihr Blick schweifte zu Lukas. "Ich hatte doch keine Ahnung, wer du bist...", sagte sie unter Tränen.
"Bitte? Wie darf ich das verstehen?", Lukas intensivierte seinen Blick, über seinem Kopf war das Fragezeichen deutlich zu sehen.
"Dieses Foto von euch. Niklas hatte mir erzählt, dass du...", sie nickte mir zu. "einen Neuen hättest und als ich gerade unterwegs war, hatte ich euch vor dem Café gesehen und ihm ein Foto geschickt. Frag mich nicht, warum ich sowas mache, ich kann mir das selbst nicht erklären. Jedenfalls hatte ich es ihm geschickt und ein paar Tage später war es auf den Plattformen das erste Mal zu sehen. Es tut mir so leid, dass ich deine heilige Privatsphäre in Gefahr gebracht habe."
Lukas atmete tief durch und schwieg; ich konnte nicht einschätzen, ob er gerade sauer, enttäuscht oder gar froh war, zu wissen, wem er diese Schlagzeilen zu verdanken hatte. Sein Blick sagte zu viel aus; wortlos lief er zur Garderobe, nahm seine Jacke und ging auf den Balkon. Ich sah ihm nach und hielt meinen Blick an dem beschlagenen Fensterglas fest, durch das ich meinen Liebsten sah.
"Jessica, es tut mir wirklich aufrichtig leid.", sagte Sabrina und senkte ihren Blick. 

Verloren - 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt