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POV: Lukas // Alligatoah

Jessica löste sich langsam aus meinen Armen und wir suchten die Augen des jeweils anderen. Unsere verletzten Blicke trafen aufeinander und wir schlossen uns wieder fest in die Arme. "Ich... Ich lass' euch mal allein...", sagte Ena leise und lief die Treppen im Haus nach oben. Noch immer standen wir vor der geöffneten Haustür im strömenden Regen, der die Nacht kühler wirken ließ. Jessica nahm mich an der Hand und zog mich langsam in den Flur. "Hast du irgendwelche Sachen dabei?", fragte sie, als sie mir die durchnässte Jacke von den Schultern streifte.
"Ich bin überstürzt am Haus losgefahren.", ich schüttelte mit dem Kopf, hielt meinen Blick gesenkt und fuhr mir durch meine nassen Haare. Jessica verwies mich nach oben in das Badezimmer, in dem sie mir Handtücher reichte. "Schatz, sagst du mir jetzt, was vorgefallen ist?", Jessica legte meine triefende Kleidung über den Rand der Badewanne und sah zu mir auf. Zögernd erzählte ich von dem Anruf meiner Schwester und eröffnete ihr meine Gedanken, die mich in den vergangenen Tagen plagten. Sie setzte einen Schritt auf mich zu und lehnte ihren Kopf gegen meine Brust. "Das tut mir alles so leid, Lukas.", sprach sie weinerlich. Wortlos legte ich meine Arme um sie, strich ihr über den Rücken und hauchte einen Kuss auf ihren Haaransatz.

Jessica führte mich in das Gästezimmer von Tim und Ena und verließ kurz den Raum. Ich ließ mich nach vorn auf das Bett fallen und atmete schwer in das Kopfkissen. Mit einem mir zu bekannten olivgrünen Pullover kam Jessica nach einer kurzen Zeit in das Gästezimmer zurück. Stumm überreichte sie mir den Pullover und setzte sich zu mir auf das Bett. "Soll ich dir einen Tee machen?", fragte Jessica ruhig, doch ich schüttelte mit meinem Kopf. Vorsichtig legte sie ihren Kopf an meine Schulter und atmete tief durch. "Tut mir leid, dass ich einfach hier aufgetaucht bin.", ich versuchte die unangenehme Stille, die herrschte zu durchbrechen. "Entschuldige dich nicht dafür, mein Schatz. Es ist mehr als verständlich."

POV: Jessica

"Ich wollte dich nicht wecken
Du hast so schön geschlafen
Als Dämonen mich jagten
Es tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken
Das war echt keine Absicht, doch jetzt, wo du wach bist..."

Seitdem Lukas in dem Gästezimmer von Ena und Tim nach einiger Zeit zur Ruhe gekommen und eingeschlafen war, hatte ich das Zimmer verlassen und mich mit einem Pott Kaffee, meinen Kopfhörern und einer neuen Schachtel Zigaretten in den Garten gesetzt. Geistesabwesend beobachtete ich, wie in der erschienenen Morgenröte langsam die Sonne aufging. Die vergangenen Wochen liefen wie ein nie endender Film durch meinen Kopf und ich stützte mein Gesicht in meine Hände. Die Zeit schien stillzustehen und ich sank von dem feuchten Möbel auf die nasse Wiese. Ein schmerzerfüllter, aber befreiender Schrei verließ mich und ich blickte in den Himmel. Um mich hatte ich fast alles ausgeblendet und ich spürte die feuchte Stupsnase von Heisenberg an meinen Fingerknöcheln. Ena legte mir ihre Hand auf die Schulter und ich drehte meinen Kopf zu ihr hoch. "Verdammt... Verflucht beschissene Zeit, ich weiß... Wir müssen jetzt irgendwie die Nerven behalten.", sprach sie recht kühl, aber auch liebevoll und streckte mir ihre andere Hand entgegen. Sobald ich wieder stand, zog sie mich fest an sich heran. Wir verweilten so im Garten, als ich meine Augen aufschlug, erblickte ich Lukas, der bei uns stand. Ich löste mich aus den Armen meiner besten Freundin und stellte mich vor meinen Partner. Lukas legte seine Arme über meine Schultern und sah mir tief in die Augen. Der Blick, den wir teilten, sprach mehr als tausend Worte und machte uns beiden Mut. Er hob seine Hand, strich mir über den Hinterkopf und küsste sanft meine Stirn. "Egal was bei uns war und was uns gerade plagt, du machst mich so unglaublich stark.", flüsterte er und hob seinen Kopf mit meinem Zeigefinger. "Danke, dass du an meiner Seite bist.", hauchte er unweit meiner Lippen. Egal was ich auch versuchte, mein Kopf fühlte sich in diesem Moment so leer an, dass ich kein einziges Wort finden konnte. Zärtlich küsste er mich und strich mir über meine Wange. "Würdest du mir einen Gefallen tun, Mäuschen?", fragte Lukas beinahe stumm. Ich deutete ein leichtes Nicken an und suchte mit meinen Augen die seinen. "Begleitest du mich morgen zum Spring Break, ich brauche dich dort.", wieder lag diese beängstigende Trauer in seiner Stimme. Ich schluckte und blickte hinter mich, zu Ena, welche stumm nickte.
"Ich begleite dich.", sprach ich ruhig. Lukas führte seine Arme hinter meinem Rücken zusammen und zog mich fest an dich heran.
"Danke.", wisperte er und rümpfte seine Nase.

Verloren - 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt