35. "Niemand darf es wissen."

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Die Kessel brodelten, die Dämpfe der Tränke verteilten sich in dem Kerkerraum und das kratzen von Federn auf Pergament war zu hören. 
Professor Flittwick, welcher an diesem Tag die siebte Klasse in Zaubertränke vertrat stand mit einer Feder, welche in rote Tinte getaucht war, auf einem Stapelbücher auf dem Lehrerstuhl und hatte eine Hand in die Hüfte gestemmt. Direkt neben ihm, schwebte ein entrolltes Pergament. Die Lösung für den Test der vierten Klasse, welchen er vor sich hatte und versuchte, in Professor Snape Namen zu korrigieren. 
"Was?" fragte der Professor für Zauberkunst immer wieder, kniff die Augen leicht zusammen und rückte seine Brille zurecht.
Mittlerweile hatte er es wenigstens aufgegeben, seine Brille immer wieder aufs neue zu putzen. Er hatte sich damit abfinden müssen, dass es nicht an dem Zustand seiner Brillengläser lag, dass er nichts lesen konnte, sondern an der verschlungenen Handschrift seines Kollegen, welche Flittwick sehr an die altertümliche, geschwungene Handschrift aus antiken Schriften aus vergangenen Zeiten erinnerte.  
Der Professor rümpfte die Nase und ging so nah an das Lösungspergament heran, dass er es beinahe mit der Nasenspitze berührte. 
"Si,- Sich, nein.- Sien, auch nicht." versuchte Flittwick ein Wort zu entziffern, ehe er mit einem tiefen Seufzen die Feder in das Tintenglas fallen lief. "Ich kann es nicht lesen." raunte der Professor und tippte mit der Schuhspitze auf den Bücherstapel. 
Die siebte Klasse hatte von ihm heute die einfache Aufgabe bekommen, einen zwar simplen, jedoch sich lang hinziehenden Schlaftrank zu brauen. 
Jeder der Lehrer, welche nun Zaubertränke vertrat und auf dem Gebiet so wenig bewandert war, wie ein Bergtroll in der Kunst des Balletts waren dazu übergegangen, Snape's Aufzeichnungen nach den einfachsten aber auch längsten Zaubertränken zu durchsuchen welche zu finden waren. So beschäftigten sich die Schüler mit dem Fach und die Lehrkräfte konnten Fragen ausweichen, welche sie nicht beantworten konnten. Auf Verletzungen von hochgiftigen oder ätzenden Tränken, konnten alle Lehrer aufs wärmste verzichten. 
Professor Trelawney hatte Minerva erst gar nicht zur Vertretung in den Kerkern eingeteilt. Nicht nur, dass die Lehrerin für Wahrsagen geschworen hatte, da unten würde es vor negativer Energie, schlechtem Karma und dunklen Prophezeiungen nur so wimmeln. Nein,- die Kompetenzen der Kollegin in allen Ehren, Minerva war ihre etwas verhuschte Art in den Kerkern zwischen kochend heißen Kesseln und giftigen Substanzen doch zu gefährlich. 

Missmutig drehte Harry seinen gläsernen Rührstab in seinem dunkelblauen Gebräu, welches, sanft schimmernd in dem Kessel vor ihm brodelte. 
"Wie lange noch?" hörte Harry Ron raunen und sah einen Moment von seinen Kessel auf. 
Hermine, heute das volle Haar zu einem hohen Zopf gebunden, strich sich eine Strähne aus dem Gesicht hinter das Ohr und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. 
"Noch eine Stunde." antwortete Lizzy, ehe Hermine auch nur Luft holen konnte. 
Lizzy, nicht weniger begeistert, saß vor ihrem Kessel und rührte den Trank darin, Runde um Runde herum. 
"Bitte nicht." raunte Ron und sah wieder in seinen Kessel hinein. Sein Trank, sah hingegen zu denen der Anderen an seinem Tisch, nicht nur dickflüssig sondern beinahe schwarz aus. 
"Dein Trank wird noch hart wie Bernstein, wenn du die Temperatur nicht runter drehst." warf Hermine an Ron gewandt ein und mörserte eine kleine Scherbe Mondstein klein. 
"Ja, ja." murrte Ron und drehte halbherzig die Flamme seines Kessels runter, bevor er den Kopf in den Nacken fallen ließ. Er hatte gedacht bei Snape war der Unterricht schon langsam vergangen, doch das hier war,- pure Folter. Seit Snape fort war, was Hermines Erklärung nach nun schon drei Wochen waren, verging der Unterricht bei den verschiedenen Vertretungslehrern, noch langsamer, als Ron es für möglich gehalten hatte. 
Harry schnitt gerade drei Stängel Lavendel klein, als Töne durch die Kerker zu hallen begannen. 
Es war das hallende, gleichmäßige Klingen von harten, schmalen Absätzen, welche Schritt um Schritt auf den harten Kerkerboden aufgestellt wurden. 
Wie aus Reflex sah Draco von seinem Trank, in welchen er gerade drei Löffel Baldrian einrührte, auf und blickte zu Lizzy's Tisch. 
Nein, es waren nicht die Absätze ihrer roten Wildlederpumps mit Schleife, deren Klang durch die Gänge hallten. 
Diese hallenden Töne stammten von einem Paar Elfenbeinfarbenen Stilettos, welche mit klaren, silbernen Kristallen geschmückt waren. 
Sich anmutig bewegend, wie eine Nymphe es nicht besser hätte tun können, betrat Raven in einem schwarzen Satinkleid den Raum, welches eng an ihrem schlanken Körper anlag und ihr bis knapp zu den Waden reichte. Ihr schwarzes Haar, fiel ihr in zurechtgeföhnten, großen Locken über Schultern und Rücken. Hätte Hermine es nicht besser gewusst, hätte sie das aussehen von Raven in diesem Moment an eine Szene aus Frühstück bei Tiffany erinnert. Es fehlte nur noch ein großer Hut. 
Ja,- in diesem Moment, mit der präzisen Schminke, den Perlenohrringen, dem präzise gesetzten Eyeliner und ihrem anmutigen Blick, sah sie aus wie Audrey Hepburn höchst persönlich. 
Sie hatte offensichtlich auch genau den gleichen Effekt, wie Audrey Hepburn in Frühstück bei Tiffany. 
Denn Männern, welche in diesem Raum zu Zaubertränke versammelt waren, fielen beinahe die Augen aus dem Kopf. Allen voran Neville. Der ließ seinen Rührstab, klappernd in seinen Kessel fallen und starrte Raven mit offenem Mund an. 
Raven sah einen Moment in Neville's Richtung, ehe sie suchend durch den Raum blicke. 
Die missmutigen und giftigen Blicke, welche ihr einige der Mädchen im Raum zuwarfen, überging sie einfach. 
Seit Raven, ihr Bruder und ihr Mann Derek angekommen waren, warfen die angehenden Hexen der Schule ihr triftige Blicke zu. Doch das war Raven gewöhnt. 
"Harry-James Potter, Draco-Lucius Malfoy und Elisabeth-Destiny Black?" fragte Raven mit sanfter Stimme, während sie durch den Klassenraum sah. 
Lizzy war die Erste, welche aufstand und Raven kurz zunickte. 
Auch Draco erhob sich schnell und drehte die Flamme seines Kessels herunter. 
"Folgen Sie mir." bat Raven und wollte sich auf ihrem Stilettoabsatz umdrehen, als Professor Flittwick einen protestierenden und beinahe quiekenden Ton von sich gab. 
"Die Schüler sind mitten Im Unterricht!" japste Flittwick und kletterte unbeholfen von seinem Bücherstapel herunter. 
Raven, eine ihrer dunklen, nachgezogenen Augenbrauen skeptisch angehoben, wandte sich dem Professor zu und verschränkte die Arme vor ihrem schmalen Körper. 
Die Braunen zu einem ernsten Blick gezogen, sprang Professor Flittwick das Letzte Stück von seinem Bücherstapel und auf Raven zuspurtete. 
"Bei allem gebotenem Respekt, Sie können nicht einfach,-" Noch ehe der Professor auch nur Lufthüllen konnte, zog Raven einen zusammengefalteten Brief auf dem quadratischen Ausschnitt ihres Kleides und reichte das Blatt Pergament in die Luft. Magisch gehalten, blieb das Pergament in der Luft stehen, entfaltete sich und schwebte auf Flittwick's Augenhöhe herunter. 
Flittwick rückte einen Moment seine Brille zurecht und verlas:

Summertime Sadness (Harry Potter; Snape FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt