Interludium 1

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"Sieh mich an." Die sanfte Stimme des älteren Mannes bricht in ihren Verstand. "Komm. Lass sie jetzt ruhen. Heute warten noch andere Dinge auf uns", sagt sie leise. "Nein..." Der Mann öffnet den Mund, um etwas zu sagen, aber die Frau spricht zuerst. "Bitte. Ich will sie nicht verlassen, sie war alles, alles, was ich noch hatte. Alles, was mich noch hier hielt..." Ihre tränenerstickte Stimme wurde leiser. "Liebes, wir alle haben gleich für sie empfunden." Er nennt sie sonst nie 'Liebes'.

"Sie hat uns dieses Leben ermöglicht, aber wir müssen weiter sehen", fährt er fort. Der Mann nimmt sie in die Arme, die junge Frau lässt es zu. "Sie hat sich für mich geopfert", haucht sie. "Ja, ich weiß. Ich weiß das doch." "Warum hat sie-" "Weil du jetzt wichtiger bist, Liebes. Darum kannst du auch nicht gehen. Noch nicht. Nicht nur sie war alles. Wir sind eine Familie, wir alle, der ganze Ort hier. Und wenn du unseretwegen nicht bleiben willst, dann bleib wegen ihr. Sie hätte es so gewollt."

"Woher willst du das wissen? Du hast sie alleine mit uns gehen lassen!", ruft die Frau nun energisch. "Liebes, sie und ich- wir waren verheiratet. Das weißt du doch. Sie...Sie hat darauf bestanden, dass ich zurück bleibe und auf das alles hier aufpasse. Nicht weinen. Es ist nicht deine Schuld. Es wird alles gut, Liebes. Sie bleibt immer bei uns". Der alte Herr streichelt dem Mädchen durch das Haar. "Sie bleibt bei uns." Sie richtet ihren Kopf hoch und wischt sich die Tränen weg. "Und ich bleibe auch", sagt die Frau mit dem blauem Haar flüsternd.

Lothoria: Schwarzes BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt