Juliette Kerz
Juliette schwitze.
Sie wusste nicht genau, aus welchem Grund. Vielleicht, weil sie gerade eine tödlich, noch dazu magische, Brücke überquerten, die sich sicher tot sehen wollte - denn ja, die Brücke wollte sie töten, dessen war sich Juliette sicher - oder vielleicht weil man Realität nicht von Täuschung unterscheiden konnte. Vielleicht auch, weil Goliardon nicht aufhören wollte zu reden. Vielleicht aber auch, weil diese verdammte Brücke einfach nicht enden wollte.
Sie gingen weiter, und das schon seit Ewigkeiten. Es war klar, dass sie bald rasten mussten, denn die Truppe war müde und erschöpft. Trotzdem taten alle den nächsten und übernächsten Schritt, den danach und den, der als nächstes kam.
Ebenso setzte Juliette tapfer einen Fuß vor den anderen, neben Justin daher gehend. Die Pferde zogen sie hinter sich her, damit sie einen sicheren Weg hinter ihrem Herren oder ihrer Herrin hatten, und nicht in die Gefahr kamen, in eines der gefährlichen Löcher zu fallen, die so magisch aus dem Boden zu schienen. Juliette nahm Raklagons Zügel fester in die Hand. Sie passte sich Justins Schritten an, die etwas größer als ihre waren. Irgendwie hatte es etwas Beruhigendes, mit anzusehen, wie er immer weiter ging, wie sich das ganze Volk von Mortis mehr und mehr von ihrem Zuhause entfernten. Es schien Juliette ein guter Moment, um neu anzufangen. In allen Punkten. Sie schob ihre Zweifel zur Seite und schluckte sie hinunter, vergrub sie tief in ihrem Herzen. Irgendwann sah sie zu Justin. Er sah sie an, lächelte aufmunternd, aber irgendwie schien er auch besorgt zu sein, denn da war etwas Fremdartiges in seinem Blick. Es jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Juliette war sich sicher, dass sie wieder die Stirn runzelte, aber dann erwiderte sie sein Lächeln sogar mit einem kleinen Schmunzeln. Das schien Justins Lächeln nur noch breiter zu machen. Juliette sah zu Boden, etwas peinlich berührt, als sie plötzlich sah, dass Justin in eines der doch so echt wirkenden Löcher trat.
Bevor sie überhaupt denken konnte, schoss ihre Hand nach vor, ergriff seine. Justin blinzelte und sah zu ihr. Was war nur in sie gefahren? Ein Schrecken hatte sie durchfahren, und sie hatte nicht anders gekonnt, als nach seiner Hand zu greifen. Hatte sie jetzt schon so wenig Selbstkontrolle?
Seine Hand war warm und ebenso nass wie Juliettes. Verlegen wollte sie seine Hand loslassen, doch Justin festigte seinen Griff um ihre Hand. Röte stieg Juliette in die Wangen, als sie zuerst auf ihre ineinander verschlungenen Hände, dann in sein Gesicht sah. Er lächelte, aber es war nicht eines seiner überheblichen oder belustigenden Lächeln, nein, das hier war echt und sogar ebenfalls ein bisschen verlegen, als wüsste er nicht recht, ob das, was er tat in Ordnung war.
Auf einmal schlich sich auch ein schmales Lächeln auf Juliettes Gesicht, doch dann sah sie weg, überall hin, nur nicht in sein Gesicht. Das Gefühl von seiner Hand, die ihre hielt, konnte sie dadurch aber nicht abschütteln. Sie fühlte seinen Schweiß, seine Hitze und die Sanftheit seiner Haut. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie etwas so Raues so sanft sein konnte. Seine Hand wies wahrscheinlich mindestens so viele Schwielen auf wie ihre, wenn nicht sogar mehr, da er mehr Zeit in den Trainingssälen verbracht hatte, als sie. Juliette hatte die Strategieräume bevorzugt, oder manchmal auch die königliche Bibliothek, auf die sie dank ihres Statutes als Heerführerin Zugriff hatte. Oder besser gesagt: gehabt hatte.
Die Sonne überholte das Volk von Mortis schneller als erwartet. Schon bald liefen sie im Abendrot die steinerne Brücke entlang. Juliette und Justin hielten sich immer noch an den Händen und Juliette redete sich ein, dass es nur wegen den realistischen und imaginären Löchern im Boden war. Doch umso weiter sie kamen, umso mehr gestand sich Juliette ein, dass sie Justins Hand in ihrer mochte, dass es sich gut anfühlte, richtig.
Irgendwann hielt Justin an und drehte sich um. Juliette ließ seine Hand los, aber konnte die Enttäuschung nicht aufhalten, die sich in ihrem Herzen aufbaute, obwohl sie dort doch so gar nichts verloren hatte.
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Lothoria: Schwarzes Blut
Fantasía»𝕹𝖎𝖊𝖒𝖆𝖓𝖉 𝖜𝖎𝖑𝖑 𝖘𝖎𝖊 𝖘𝖊𝖍𝖊𝖓, 𝖉𝖎𝖊 𝖇𝖎𝖙𝖙𝖊𝖗𝖊 𝖂𝖆𝖍𝖗𝖍𝖊𝖎𝖙. 𝖁𝖔𝖗 𝖑𝖆𝖚𝖙𝖊𝖗 𝕷ü𝖌𝖊𝖓 𝖎𝖘𝖙 𝖓𝖚𝖗 𝖓𝖔𝖈𝖍 𝖉𝖎𝖊 𝕰𝖗𝖎𝖓𝖓𝖊𝖗𝖚𝖓𝖌 𝖜𝖆𝖍𝖗.« Krieg! Das lange im Frieden lebende Königreich Mortis wird angegriffen! A...