Kapitel 2

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Anton

Anton schlug wild um sich. Plötzlich hörte er Nenan rufen: "Anton!". Sofort ließ er den Orgale Orgale sein und rannte auf seinen Freund zu. Anton sah zu dem Punkt, auf den Nenan zeigte und zu seinem Entsetzen musste er hilflos mit ansehen, wie Nadine in die Knie ging und leblos zusammensackte. Anton sah zu Nenan und er blickte zurück, nickte stumm, die Verzweiflung war ihm aber anzusehen. Plötzlich schob sich ein Troll in das Sichtfeld der beiden Ritter. Panisch sah sich Anton um, sie waren nur noch alleine auf dem Schlachtfeld. Nenan war einen Rang höher als Anton, ein Heerführer. Er starrte auf den riesigen Turm von Mortis und rief, während er Anton hinter sich her zog: "Rückzug! Rückzug! Zieht euch zurück! Rückzug!" Der zweite Ring war verloren. Die beiden rannten in die Burg. Hinter ihnen versuchten ein paar Wachen das Tor zu schließen. "Das war knapp.", bemerkte Anton. Nenan sagte nichts, er ging stumm weiter. Anton nahm es ihm nicht übel, Nenan war Nadine nahe gestanden, sie waren so etwas wie Seelenverwandte gewesen. Vorsichtig schob Anton sich an seinem Freund vorbei. "Hey, alles okay?", fragte er ihn. "Natürlich.", meinte er knapp. "Was sollte sein?" Anton wusste, dass er ihn mit Gegenfragen verwirren wollte. "Hör mal..." Anton nahm seinen Arm und zog ihn zurück. "Ich weiß du und Nadine... Also die Prinzessin und du waren eng befreundet. Falls du was brauchst...Nein. Vergiss das. Es ist völlig in Ordnung dass es dir scheiße geht. Okay?" Nenan sah ihn nicht an, aber er nickte. "Wir sollten jetzt den König warnen. Und ihm... Wir sollten ihm vom Tod seiner Tochter berichten."

Nenan

Nenan wollte die Welt anschreien, dass sie Nadine zurückgeben sollte! Ihm tat alles weh, aber er wusste, Nadine hätte gewollt, dass er durchhielt. Dass er Mortis rettete. Für Mortis. Und das würde er auch. Er war ein Kämpfer. Er würde durchhalten. Für Nadine und ihr so geliebtes Mortis. Als er an sie dachte, musste er sich zusammenreißen. Wieso hatten sie Nadines Leiche liegengelassen? Der König würde ohnehin schon außer sich sein! Als er das Anton sagte, zuckte er nur mit den Achseln. "Ich meine, wir hätten wohl kaum drei Leichen schleppen können.", meinte Anton. Typisch Anton. Witze reißen. "Wenn man tot ist, kann man keine Leichen schleppen. Und schon gar nicht sich selber.", meinte Nenan trocken. Anton kicherte kindisch, aber bei dem Todesblick den Nenan ihm zu warf verstummte er, bis Nenan plötzlich von einem blendenden Schmerz heimgesucht wurde.

"Scheiße!", fluchte er. "Nenan, was hast du?", fragte Anton, dann erst glitt sein Blick an Nenans Hand. "Oh, Scheiße, warte, ich helfe dir." Bleich wie Kreide brachte er Nenan, der ihm mit zusammengebissenem Mund und einem ungesunden Gesichtsausdruck hinterher zog, zu einem kleinem Lager, an dem ein paar Ritter, unter anderem Freunde von Anton, auf ein paar Heuballen saßen und sich vom Kampf erholten. Viele von ihnen sahen verstört oder auch traurig aus, alle aber waren sie müde und erschöpft. Allerdings waren sie bereit, dem Heerführer zu helfen. Nenan wusste, dass diese Krieger Kassandra Leute waren, welche eine weitere Heerführerin war, eine der Dienstältesten. Während er behandelt wurde versuchte er sich aus Ablenkungsgründen auf die Unterschiede zu seinen Leuten zu konzentrieren. Er konnte kaum welche erkennen und fragte sich, ob Kassandra dieselben Methoden benutzte, oder Mortis' Leute einfach alle gleich waren.

Eine Zeit lang später liefen die beiden Ritter gestresst die Treppen zum Thronsaal hoch. Nenan hatte einen dicken Verband um seine linke Hand bekommen, und ein paar andere Wunden waren ebenfalls versorgt worden. Anton hatte Medizin und ähnliches dankend abgelehnt, weil er meine, man müsse noch etwas für Schwerverletzte aufheben. Als sie den König nicht im Saal fanden, mussten sie zur Besprechungskammer gehen. Und dort war er auch. Zusammen mit drei anderen Heerführern, Lars Prence, Juliette Kerz und Justin Hendoras, stand er vor dem Tisch und las die Berichte der verschiedenen Posten.

"Nenan!", rief Lars Prence. "Ein Glück, dass du es überlebt hast! Wir dachten schon, dich hat es erwischt, wie Egonian und Kassandra". "Kassandra und Egonian?" "Ja, wir haben keine Berichte von ihnen erhalten, aber Kassandras war unter den Leichen. Von Egon wissen wir nichts, vielleicht-", "Nenan Trolot, Heerführer Mortis; nun seid auch Ihr von der Schlacht zurückgekehrt. Sagt mir, wie ist es gelaufen?", unterbrach der König Lars. "Mein König", Nenan verbeugte sich. Der ältere Mann sah nicht gut aus, er war seit ein paar Wochen nun schon kränklicher gewesen und der Krieg ruhte noch einmal schwerer auf ihm. "Ist Euch bekannt, dass Prinzessin Nadine während der Schlacht durch den Geheimgang zu uns gestoßen ist?" Der König sah ihn an. "Nein, das ist mir entgangen. Wo ist sie?", er sah sich um. Auf einmal schwirrte Nenans Kopf. Vor seinen Augen sah er das Bild, wie Nadine immer zuallererst zu ihrem Vater lief, wenn sie nach Hause kam, egal ob sie in einem anderen Königreich oder einfach im nächsten Dorf gewesen war.

Nenan erinnerte sich an das Lächeln der beiden und ihre innigen Umarmungen. Plötzlich war er wieder im Hier und Jetzt und spürte Antons Arm an seinem. Nenan sah Anton dankend an. "Wo ist Nadine?", fragte der König noch einmal. "Mein König. Nadine... Nadine ist nicht hier..." "Wo ist sie?", rief der König und den Heerführern fiel auf, wie er panisch wurde. Hinter ihm runzelte Lars die Stirn. Nenan schluckte. "Prinzessin Nadine ist tot". Er hatte es ganz leise gesagt, doch trotzdem hallte das Echo anklagend durch den ganzen Raum. Alle waren still. Juliette sah schockiert zu Lars und Nenan, Justin Hendoras ebenso. "Was?!". Der ältere König ließ sich auf seinen Stuhl fallen. Für eine Weile war es still, bis er sagte: "Mein einziges Kind. Diese Bestien werden dafür bezahlen!"

"Mein König!", rief plötzlich Anton dazwischen. "Es ist durchaus schrecklich, dass Prinzessin Nadine nicht mehr hier ist. Aber Rache ist etwas was euch nicht stärker macht, Herr König!" Die ganze Gruppe wurde still und Nenan hätte mit den Augen gerollt, wäre er nicht so erschöpft gewesen. "Meine Heerführer sollen sich bereden. Ich muss zu meiner Tochter". "Mein König, Ihr könnt dort nicht hin", sagte Lars beruhigend. "Ja", meinte der König schwach. Er blieb sitzen und weinte verzweifelt, ohne sich von der Anwesenheit der anderen stören zu lassen.

Nenan schluckte. Er hätte es ihm am liebsten gleich getan.


Lothoria: Schwarzes BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt