12. London-Italiener

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Harry

Nicht das beste Timing, wenn man alle zu einem Essen einlud und selber viel zu spät aus dem Haus rannte, die Hälfte vergaß. Ich wollte eigentlich vor allen anderen im Restaurant sein und diese begrüßen. Mein Handy zeigte mir kurz vor 7 an. Würde ich zu Fuß gehen, wie ich es eigentlich vorhatte, wären es nur 35 Minuten durch den Park gewesen, doch nun musste ich für den Weg das Auto nehmen und das kommt mit 20 min Fahrt und dann einer Parkplatzsuche auf dasselbe heraus.

Ein kleiner Funke Hoffnung war noch vorhanden, der mir sagte, dass es mit dem Auto doch schneller gehen würde. Falls es doch ein zu fröhlicher Abend wird, kann ich den Wagen auch stehen lassen und morgen früh nach dem Joggen dieses einsammeln und mir dann auf dem Weg noch paar frische Brötchen besorgen.

Während der Fahrt trommelte ich leicht nervös auf dem Lenkrad herum, ich wusste nicht vorher diese Nervosität kam, denn es lag nicht an dem Essen. Ich denke es ist das Gesamte. Die Aufregung vor den Konzerten, dass meine Familie kommen wird und ich auch einige alte Gesichter wieder sehen werde.

"Dein Ernst?" Fluchte ich hinter dem Steuer, als mir Jemand vor der Nase den Parkplatz wegnahm. Wenn das so weiter geht, dann würde ich tatsächlich eine halbe Stunde zu spät kommen. Pünktlichkeit ist für mich sehr wichtig. Ich bin eher ein Fan davon, dass man früher irgendwo ist als sich abhetzen zu müssen.

Ich fuhr weiter die Straße hinauf und parkte an einem Abhang. In Hampstead ist alles leicht bergig, selbst mein Haus steht an einem Hang, was alle immer verwundert, wenn diese zu mir zu Besuch kommen. Ich sah nochmals in den Spiegel des Wagens und machte mich mit schnellem Schritt zum Restaurant. Auf dem Weg wurde ich zum Glück nicht angesprochen und konnte direkt in die Gasse einbiegen und mich ins Restaurant machen.

"Haaaaaaarry!" Rief schon der Chef von weiten, kam auf mich zu und drückte mich. "Alfonso. Schön dich zu sehen" Er packte meine Oberarme und sah mich freudig an. "Ich freue mich. Lange ist es her. Schön. Wo ist Bella Olivia?" Er sah an mir vorbei, doch bemerkte dann, dass ich alleine hier stand. "Ein anderes Mal Alfonso, ich bin hier mit einigen Mitarbeitern der Tour. Jeffrey muss den Tisch auf Azoff reserviert haben. Kannst du..." "Natürlich, komm mit. Ich bringe dich...habe schon den besten Wein des Hauses aufgetischt." Unterbrach er mich und begann sich direkt durch sein Restaurant zu schlängeln.

Mit einem festen Blick nach vorne folgte ich ihm, versuchte meine Umgebung und die Aufmerksamkeit der Gäste, die definitiv auf mir lag zu ignorieren. Weiter hinten, in der schnuckeligen Ecke konnte ich alle erkennen. Es war ein schönes Plätzchen bei dem Weinregal. Hier konnte man nicht direkt alle sehen, wenn man das Lokal betrat.

"Einen wunderschönen guten Abend alle zusammen." Meine Worte brachte die gesamte Aufmerksamkeit von allen auf mich. Höflich begrüßte ich alle mit einem kurzen Händeschütteln und nahm dann neben Pauli und Jeff Platz. Dieser saß am Tischende und neben ihm seine Frau Glen, daneben grinste mich eine leicht errötete Lila an. Sie saß mir direkt gegenüber, wie passend. So kann ich mich später auch noch bewusst nach ihrem Knie erkunden.

"Da es unser Harry nun auch geschafft hat uns zu beehren, würde ich sagen, dass wir den Abend mit einem Glas Rotwein von Alfonso beginnen können." Mit einem Blick zu mir, richtete er nun das Wort an mich. In meiner Freizeit war ich nicht sehr scharf darauf, die Aufmerksamkeit zu bekommen und ich war auch nie der große Redner.

Mit einem Griff an das Weinglas, beugte ich mich leicht nach vorne, hielt das Glas bisschen nach oben. "Dann würde ich mal Danke sagen, dass ihr auch eure Freizeit mit mir verbringt und wir uns heute einfach einen schönen Abend zusammen machen und somit auch die Wembley Reise beginnen. Danke für eure Unterstützung und alles, was noch kommen mag. Ich bin stolz euch meine Freunde, Bekannte und Begleiter auf dieser Tour nennen zu können. Auf uns." Mit einem "Auf uns" hielten alle ihr Glas hoch und wir stießen gemeinsam auf den Abend an.

Es dauerte nicht lange, bis jeder die Karte studierte und die Bedienung kam, um die Bestellung aufzunehmen. "Einmal den Burrata Salat mit Walnüssen, die Aioli mit Pane Vorweg. Als Hauptgang bitte die Focaccia di Recco mit dem Grillgemüse und Parmesan. Alfonso weiß, was ich meine. Danke." Ich legte die Karte zur Seite und nahm einen Schluck von meinem Wein. Bislang nahm ich sie nur flüchtig wahr, doch sprach sie mich nun direkt an.

"Was ist dieses Fokaka?" Sie sprach es so aus, wie man es las, was mich zum Schmunzeln brachte. "Focaccia ist ein sehr dünnes Brot aus Frischkäse, Olivenöl, Hefe, Salz und Wasser. Wie eine Art Flammkuchen, aber doch weicher und nicht so knusprig. Schmeckt wirklich sehr gut. Was hast du genommen?"

Sie lehnte sich auf den Tisch und ich sah jetzt erst, wie ihre Augen in dem Kerzenschein funkelten. Ihre Augenfarbe war speziell. Ein wunderschönes Bärenstein und die Iris ziemlich dick. Wirklich zauberhafte Augen. Mir war gar nicht bewusst, wie attraktiv sie eigentlich ist. Und dieser Körper! Eindeutig habe ich es dieses unter dem gestrigen weiten Shirt und Shorts nicht erwartet.

"Wie du die Aioli und eine Tomatensuppe vorweg und dann gibt es Lasagne für mich. Ich liebe jegliche Art von Nudeln und könnte mich niemals satt an diesen essen...wenn dann noch Käse im Spiel ist, umso besser. Hast du die hier schon gegessen?" Nickend stimmte ich ihr zu. "Ja...aber ist sehr lange her. Ich ernähre mich vegetarisch, esse kein Fleisch. Manchmal Fisch, aber das auch seltener."

"Fisch ist aber doch auch Fleisch..oder irre ich mich? Hmm....also ich esse alles außer Meeresfrüchte oder ausgefallene Sachen. Ich bin da ganz unkompliziert." Grinste sie mich an und nahm einen großen Schluck von ihrem Wein.

"Ich esse aus Gründen der schlechten Tierhaltung kein Fleisch und habe auch gemerkt, dass es mir ohne den Konsum gesundheitlich besser geht. Aber jeder wie er möchte. Die Lasagne wird dir schmecken und bei dem Brot der Aioli musst du aufpassen, kann sehr krümelig und trocken werden, wenn du es ohne den Dip isst."

Ich widmete nach meiner Aussage Elin die Aufmerksamkeit, die über ihre Aufregung bzgl. dem Auftritt in Wembley sprach. Es war für alle hier am Tisch eine aufregende Reise, da sie als meine Vorband wie Mitch in Slane nachziehen und ihr Debut geben. Auch Pauli und Madi schwärmten davon und waren sichtlich euphorisch über diese Möglichkeit.

Meine Aufmerksamkeit zu Lila kam erst wieder, als ich ein Räuspern wahrnahm. Ich sah zu ihr und konnte erkennen, wie sie an ihrem Wein trank. Ihre Augen sahen glasig aus. "Alles okay?" Kam es von Glenn, die sich zu ihr beugte und mit der Hand ihre Schulter berührte. Lila schüttelte den Kopf und nuschelte etwas Unverständliches, bis sie wieder an ihrem Wein nippte. "Ich glaube sie hat sich am Brot verschluckt." Ich hielt ihr mein Glas Wasser hin, da ich es für eine bessere Wahl als den Wein hielt. Es ging alles sehr schnell da in dem Moment, in dem ich mich rüber beugte, ich plötzlich die Flüssigkeit in meinem Gesicht spüren konnte und ein lautes Husten wahrnahm.  

Late Night Talking (H.S.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt