Lila
'Wir müssen über eine Entfernung der Eierstöcke und Gebärmutter sprechen'. Das saß. Und wie. Schlagartig wurde mein Leben, mein größter Wunsch mit wenigen Worten zerstört. Alles, was danach passierte zog wie ein schwarzer Schleier an mir vorbei. Ich hörte weder dem Arzt zu, noch nahm ich Harrys Berührungen wahr. Ohne ein Wort zu sagen, stand ich auf, drehte mich um und lief so schnell ich konnte aus der Praxis. Vorbei an einer Schwester, der ich beim Vorbeilaufen ihre Akte aus der Hand schlug, vorbei an dem vollen Wartezimmer, welches mir verwirrte und gleichzeitig abwartende Blicke zuwarf.
Heiße Tränen liefen über mein Gesicht, während ich die Straße entlang rannte. Immer weiter, ohne einen genauen Plan wohin. Meine Lunge brannte bei jedem Atemzug, als ich endlich stehen blieb und meine Hände auf den Knien abstützte. Ich hatte mich völlig ausgepowert, so sehr, dass ich glaubte, schon Sterne zu sehen. Mir war schwindelig, schlecht und ich hatte Angst. Das alles betätigte sich noch einmal als ich mich langsam aufrichtete und mich umsah. Hektisch drehte ich meinen Kopf von links nach rechts, doch nichts um mich herum kam mir ansatzweise bekannt vor. Wie lange war ich gerannt? Und vor allem WOHIN?
Neue Tränen bildeten sich in meinen Augen. Wie beschissen konnte sich ein Leben von heute auf morgen ändern? Womit habe ich das verdient? Was habe ich getan, das Gott mich so bestrafen musste? Die Option mit Harry irgendwann eine Familie zu gründen war wie eine Seifenblase geplatzt. Was konnte ich ihm also noch bieten? Was wollte er mit einer Frau mit, die ihm nicht mal ein Kind schenken konnte?
Der vorbeifahrende Zug riss mich aus den Gedanken und für einen kurzen Moment dachte ich darüber nach, ob es nicht die beste Option ist das alles zu beenden. Mir keine Sorgen mehr machen zu müssen. Es würde schnell gehen, vermutlich für mich auch schmerzfrei...
"MISS!! Was machen sie denn da???" eine fester Handgriff umfasste meinen Oberarm und ich wurde schlagartig zurückgezogen. Erschrocken drehte ich mich um und sah den fremden Mann mit aufgerissenen Augen an. "Hey, ganz ruhig, es ist nichts passiert!" sagte er mit ruhiger Stimme und auch sein Handgriff lockerte sich etwas. Kurz löste ich meinen Blick von ihm und sah mich um. Ich schluckte und versteinerte mich schlagartig. Ich stand direkt vor den Schienen, vor dem Bahnübergang und kurz darauf fuhr mit einer schnellen Geschwindigkeit ein weiterer Zug an uns vorbei.
Mir lief ein Schauer über den Rücken. Wollte ich wirklich...? Nein! Nein, das konnte nicht sein. Ich würde doch nicht einfach mein Leben auslöschen. Harry allein lassen. Meine Eltern... "Ich... Ich... war in Gedanken und.... es... danke ich... Sollte los!" murmelte ich etwas unverständlich, entfernte mich einen Schritt von dem Mann, sodass er mich loslassen musste. Kaum tat er dies drehte ich mich um und lief mit schnellen Schritten zurück. Weg von den Schienen, Weg vor meinen völlig verkehrten Gedanken und mal wieder weg vor mir selbst!
***
6 Monate später war alles geschafft. Die OP lag inzwischen 4 Monate hinter mir, 17 Wochen oder einfach 121 Tage. 121 Tage die ich das Haus so gut wie nicht mehr verlassen habe. Höchstens für Arztbesuche und selbst dafür musste mich Harry fast schon aus dem Bett oder der Couch zerren. Ich war und fühlte mich wie ein Wrack. Ich war keine Frau mehr. Für mich keine richtige Frau mehr. Seit der OP hatte sich etwas in mir verändert. Und das war nicht nur die fehlende Gebärmutter und die fehlenden Eierstöcke. Nein, irgendwas wurde mir genommen... und ich kann nicht erklären, was es war.
Ich verlor die Lebenslust, lachte nur noch selten, war ständig schlecht drauf, genervt oder lag im Bett und weinte. Ich durchlebte das reinste Gefühlschaos und wusste nicht wohin mit meinen Emotionen. Zu allem Leiden war es Harry der das meiste abbekam. So dankbar ich ihm war, dass er immer da war, Verständnis zeigte und scheinbar auch mit Denny mittlerweile gut klarkam. Denny war schon fast wie unser 3. Mitbewohner hier. Er war fast jeden Tag da, versuchte mich zu animieren wenigstens mal in den Garten zu gehen. Schließlich hatte ich fast den ganzen Sommer keine Sonne gesehen. Ich war also blass, hatte tiefe Augenränder und habe auch abgenommen seit der Diagnose vor 6 Monaten.
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Late Night Talking (H.S.)
Hayran KurguHast du dich schon einmal gefragt wie es ist, wenn du einfach einen Neuanfang wagst. Wenn du mit 30 noch einmal von vorne beginnst und dich dazu entscheidest in einer Bier Bude bei Harry Styles Bier auszuschenken und ein Teil der finalen Shows von L...