chapter 42

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„Er soll gehen." sagte ich zu Amelia,als Dad gerade in mein Krankenzimmer hineinkam. Ich bin vor ein paar Minuten aufgewacht und kann mich nur noch an ein Foto erinnern. Erst als ich in der Luft  war ,bemerkte ich, dass ich im falschen Flieger war. Dass dieser Flieger nicht mir, sondern jemand anderes gehörte. Jemand, der in einem kleinem ,versteckten Fach, ein Foto bewahrte. Nicht irgendein Foto, mein Lieblingsfoto. Ich küsste Brad auf die Wange, während er in seinem blauen Truck, am Steuer, johlend zu „Great Balls of Fire" sang. Bei diesem Lied, denke ich nur an dich und ich will an nichts anderes denken, hatte er damals zu mir gesagt. Bei diesem Gedanken schlug mein Herz schneller und es kribbelte mir am ganzen Körper.Ich nahm das Foto ungewollt in beide Hände und hatte wohl die Realität ausgeblendet und sah nur mich und Brad. Wir beide. Glücklich. Verliebt. Zusammen. Aus einem unerklärlichen Grund entschied ich mich, dass Foto von der Rückseite zu betrachten, als ich auf ein einziges Wort stieß. Das Wort, welches mich glauben ließ. Hoffen. Lieben. Verzeihen.
Irgendwann.
Danach wird es mir schwarz vor den Augen und mir fehlte jegliche Erinnerungen zum Unfall. Der Arzt sagte, dass es ein Wunder war, dass ich „nur" mit einer Platzwunde am Kopf davon gekommen bin und mit ein paar Kratzern an sämtlichen Stellen, in Ordnung sei. Dies stellte ich aber in Frage. Alle Gedanken. Jede Dunkelheit. Jeder Schmerz fiel über mich ein, als ich die Augen öffnete und feststellte , dass ich in einem Krankenbett lag. Wie ein Deja-vu Erlebnis. Amelia saß neben mir auf meinem Bett und hatte meinen Arm gestreichelt. Sie sagte, dass Penny ebenfalls gleich kommen wird, aber mein Dad schon längst hier ist und dass war der Moment , in dem er durch die Tür kam und mit langsamen Schritten, sich zu mir begab. Schnell richtete ich mich auf, als mich tosender Schwindel überfiel und ich mir krächzend auf den Kopf fasste.
„Ava, alles in Ordnung?"
„Geh weg von mir!" forderte ich laut und bemerkte, dass sich meine Worte lauter in meinem pochendem Kopf wiederholten. Dad ging trotzdem ein paar Schritte auf mich zu und ich zog meine Beine an meine Körper. Zum Glück war Amelia hier, die mir einen Arm um die Schulter legte. So konnte sich mein Herz etwas beruhigen. Dads Gesicht verzog sich schmerzlich und ich sah, wie er mit sich kämpfte, aber ich bin es so leid. Ich bin müde. So verdammt müde.
„Ava, bitte! Lass es mich dir erklären, es tut mir so leid, ich-
„Du hast mein Leben zerstört, daran gibt es nichts zu erklären!" brüllte ich und ein ziehender Schmerz stach in meine Brust.
„Ich will dich nicht sehen, Dad. Geh einfach." meine Stimme brach und ich ließ meinen Kopf gegen Amelia's Brust fallen.
„Aber-
„Du solltest gehen." wandte sich nun auch Amelia ein. Ihre Stimme klang fordernd, aber auch bittend. Ich war ihr dankbar dafür. Ich schloss die Augen und versteckte mich an Amelia's Oberkörper, als sie beide Arme um mich warf und ich hörte, wie die Tür zum Zimmer ins Schloss fiel. Dieses Geräusch erleichterte mich , aber Amelia's Umarmung noch mehr. So tröstlich umarmt und festgehalten zu werden, da spürt man nicht mehr, wenn das Leben einem den Boden unter den Füßen wegzieht. Mir war kalt und ich zitterte am ganzen Körper. Vierzehn Jahre wurde ich belogen und wurde verlassen. Ich habe mein Leben nach dieser Lüge gelebt, bin durch die Hölle gegangen und ausgerechnet die Person, die ich ,durch die Lüge ,hab angefangen zu hassen, hatte mich aufgeklärt und ist der Grund , warum mein Herz mir bis zur Kehle schlägt. Wieso ich hier saß, weil mein Kopf so benebelt war, nach der ganzen Aufklärung, dass ich mich in den falschen Flieger gesetzt und mich ins Verderben gestürzt hatte. Dies war mein ultimativer Tiefpunkt. Ich drückte meinen Kopf stärker gegen Amelia's Brust , in der Hoffnung, dass so die Schmerzen verschwinden. Ich hatte nichts mehr. Nur diese Umarmung. Die Welt stürzte um mich ein und in mir tobte ein Sturm aus Gefühlen. Ich schluchzte laut, als ich mich den Schmerzen hingab, diese meinen Körper fraßen und ich es vollkommen zu ließ. Es war egal.
„Ich hasse ihn, Amelia." flüsterte ich, als meine Stimme zitterte und brach. Ich hatte diesen Satz über vierzehn Jahre so oft zu ihr gesagt. So oft saßen wir in dieser Konstellation zusammen, haben Tränen vergossen und dabei ging es nur um Brad. Aber dieses Mal ging es nicht um meinen Herzensbrecher, der mich zerbrochen und alleine im Krankenzimmer zurückließ. Nein, es geht nicht um Brad. Vielleicht ist Brad gerade auch der unerklärliche Grund dafür, dass mein Herz still steht, während der tosende Sturm in mir, alles nur noch kalt und dunkel zurückließ. Und für diesen Sturm, war nur eine einzige Person verantwortlich.
„Das meinst du nicht so, Ava." antwortete sie ruhig , während sie mir durch die Haare fuhr. Ich wusste, dass sie mich verstand und bemerkte , von wem ich sprach.Dass ich diesem Satz nur dem Lügner gewidmet hatte, zu dem ich als Tochter aufgeschaut hatte. Aber so wie es war, wird es nie wieder sein. Ich richtete meinen Kopf hoch und schaute sie an, als ich mir die Tränen wegwischte und mir die Haare hinters Ohr steckte.
„Doch ich meine es so, wie ich es gesagt habe. Ich hasse ihn, für das, was er getan hat, Amelia. Durch ihn , hab ich mein Leben nach einer Lüge gerichtet." erwiderte ich , als ich kurz Luft holte. Mein Kopf polterte immer noch heftig.
„Er hatte mich blutig aufgefunden und mir nicht gesagt, dass er mich angelogen hatte. Ich bin durch die Hölle gegangen und hab Schmerzen gespürt und das alles wegen seiner beschissenen Lüge?!"die Wut in meinem Unterton war deutlich zu hören und ich schluckte tief, als ich den Blick von Amelia abwendete und auf meine kalten Hände schaute.
„Du weißt mit wem ich über die Jahre hätte zusammen sein und ein schönes Leben hätte haben können, von dem ich immer geträumt hatte."flüsterte ich und ich spürte, wie mir eine Träne wieder über das Gesicht floss. Amelia wischte sie mir sanft weg, als ich wieder zu ihr schaute. Ihre Lippen bildeten eine schmale Linie.
„Ich weiß."sagte sie und zog mich wieder an sich.
„Ich sage nicht, dass es absolut falsch ist, was Maverick getan hatte. Ich sage nur, dass die ganze Sache vielleicht einen Grund hat."
„Einen Grund? Was für einen erklärbaren Grund soll es denn bitte geben dafür, dass man seiner Tochter den Menschen wegnimmt, den sie am meisten geliebt hatte und dass man sie zusätzlich auch noch anlügt, bezüglich seines Verschwindens?!" unterbrach ich sie und riss mich aus ihren Armen. Mein ganzer Körper glühte.
„Ich weiß es nicht, Ava. Diesen Grund, kann dir nur eine Person erklären." erwiderte sie und ich konnte es nicht fassen, dass sie Dad auch noch halbwegs in Schutz nahm. Vielleicht gab es eine Erklärung für Dads Verhalten, aber die wollte ich nicht hören. Sie ändert nichts daran, was er getan hatte. Was er mir angetan hatte. Ich wollte Dads Gründe nicht verstehen, ich wollte, dass er mich versteht und über all die Jahre , hatte er es nicht ein einziges Mal geschafft, seiner Tochter auch nur zuzuhören. Er verstand nicht einmal , warum ich meine Narbe wieder aufgeschnitten hatte. Stattdessen hatte er mich in verschiedene Anstalten verfrachtet. Er wollte es nicht hören, es nicht verstehen. Genauso , wie ich ihm dieses Mal nicht zuhören und verstehen will.
„Ich will mich noch etwas hinlegen, du findest selber raus."sagte ich etwas verbissen , warf die Decke über mich und drehte mich von Amelia weg. Ich will jetzt einfach nur alleine sein.
„Ava-
„Schon gut. Ich weiß, wie du es gemeint hast." kam ich ihr zuvor und wagte trotzdem keinen Blick über meine Schulter.
„Gut. Ich komme morgen nochmal vorbei." verabschiedete sie sich und schloss die Tür. Das war der Moment , an dem ich meinen Tränen freien Lauf gewährte.

„the earth divided us,but the sky made us one."-Bradley (Rooster) Bradshaw ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt