chapter 50

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Die kalte Dusche konnte mir einige Last des Alkohols abnehmen, aber ganz fit war ich immer noch nicht. Eigentlich geht es mir immer noch total kacke und dies liegt nicht an den Überresten des Alkohols. Ich kann mich nur verschwommen an letzte Nacht erinnern. Jedes Mal, wenn ich wegen des kalten Wassers auf meinem Gesicht spürte und die Augen schießen musste, kamen mir kleine Bruchteile an Einzelheiten zurück an letzte Nacht.Ich war draußen, in der Kälte, hinter der Bar. Hab den Himmel betrachtet. Erinnere mich an Brad. An seinen Klang der Stimme und seinen Duft. So vertraut. Ich spüre seine Hände auf mir, seinen Herzschlag an meiner Haut. Wir haben geredet so viel und auch intensiv, haben gestritten. Es musste um uns gehen, aber ich kann mich nicht an die Einzelheiten erinnern.Aber was dann? Worüber haben wir gesprochen? Ich weiß es nicht. Nur Amelia's Nacherzählung versuchte meine Erinnerungslücken zu füllen. Er war bei mir, die ganze Nacht. Ein wärmendes Gefühl legte sich auf meinen Bauch, wie seine Hand. Ich schloss die Augen, versuchte mir alles bildlich vorzustellen. Wir beide im Bett. Da, war Musik. Meine Lieblingsmusik. Brads Gesang dicht an meinem Ohr. Sein Atem an meinem Haar, welches mir einen elektrischen Schauer verpasste. Ich spürte seine Lippen auf mir, wie ein Hauch ein kleiner Funke, zart und unbeholfen, aber doch so klar und schön. Und dann am Morgen ist er weg, als wäre nichts? Kein Abschied? Nichts? Was hat das nur zu bedeuten? Was ist zwischen uns vorgefallen?
Zurück in meinem Zimmer legte ich meinen Kulturbeutel auf den Schreibtisch, als mir eine kleine Notiz vors Auge fiel, direkt auf meiner Schreibplatte. Ein Brief. Ein Abschiedsbrief. Ich nahm ihn in beide Hände und begann mit meinem Herzen zu lesen.

Ich hoffe, dass dir jemand das geben kann, was du brauchst.
Das, was kein Irgendwann ist.
Jemand, der nicht ich ist.
Leb wohl Ava,
In Liebe, Brad.

Tränen rollten mir die Wange hinunter, als die Erinnerungen auf mich fielen. Wir beide hatten geredet, als er mir die Hand verarztet hatte. Wie waren uns so nah, dass ich meinen Herzschlag ausgeblendet hatte, nur um seinen zu hören.Lass uns mit der Vergangenheit abschließen und nach vorne schauen. Es gibt nur uns beide,Ava. Dich und mich. Wir können die Zeit nicht zurückdrehen, aber wir können versuchen es zu akzeptieren. Gib uns nicht auf,Ava. Dies könnte das Irgendwann sein, wovon wir immer geträumt hatten.
Seine Worte prasselten auf meine Haut und umklammerten mein Herz. Ich wollte dies so unglaublich dolle, dass ich mich nicht mehr davor verstecken wollte. Ich will nicht mehr vor meinen Gefühlen für Brad davonlaufen. Er macht mich glücklich und durch ihn bin ich alles andere als schwach, ich bin stark. Allerdings will ich nichts unschlüssiges mehr mit Brad, ich will ihn für immer. Bei mir. Keine Trennung mehr. Keine Fernbeziehung mehr. Das wollte ich sagen, doch mir wurde schwarz vor den Augen. Ich will kein Irgendwann, dass habe ich nur geschafft zu sagen, obwohl ich viel mehr offenbaren wollte. Aber Brad muss es falsch interpretiert haben, aber wie konnte er auch nicht? Ich muss das gerade stellen, bevor er fliegt. Er muss es wissen. Er muss die Wahrheit erfahren.So schnell wie möglich, bevor es zu spät ist. Die letzten Wochen, hatte er um mich gekämpft und nach unserem Gespräch im Krankenhaus jegliche Hoffnung an ein Wir aufgegeben. Jetzt muss ich ihm zeigen, dass dieses Wir alles ist, was ich will und so viel mehr. Ich muss nun um Brad kämpfen. Bevor er im Flieger sitzt und ich ihn mit großer Wahrscheinlichkeit nie wieder sehe.

Zuversichtlich sprintete ich die Treppe hinunter und wurde unten plötzlich von Dad empfangen, Amelia stand neben ihm.
„Ava, wir müssen reden, sofort." forderte er mit großen Augen und ich holte tief Luft. Ich stehe unter Stress mein Leben wieder einen Halt zu verleihen, dabei zählt jede Sekunde.
„Das muss warten, ich muss zu Brad, jetzt!" erklärte ich zog mir schnell meine Sneaker an und wollte die Wohnungstür öffnen, doch an der Klinke traf ich auf Dads Finger.
„Über ihn wollte ich mit dir reden, das ist wirklich wichtig." versuchte er mich zum Reden umzustimmen, aber ich stieß nur stöhnend Luft aus der Kehle. In meinem Kopf pochten nur die Zeiger einer Uhr. Tick Tack.
„Gut, kannst du mir das im Auto erzählen, ich muss unbedingt so schnell wie möglich zur Zentrale, Dad!" jammerte ich flehend. Es darf einfach nicht zu spät sein. Dad wand den Blick von mir ab und ich schaute verzweifelt zwischen Amelia und Dad hin und her. Beide sagten kein Wort. Dafür fehlt mir die Zeit und auch die Kraft.
„Dad, wenn du deine Lüge wieder gut machen willst, dann schwing dich gefälligst in dein Auto und fahr mich zu dem Mann, den du mir seit etlichen Jahren genommen hast!" meine Stimme sollte kräftig klingen, doch brach stattdessen in der Mitte des Satzes. Dad schaute zu mir auf und nickte, als er kurz die Lippen zu einem schrägen Lächeln zog.
„Gut, dann los!" danach verschwanden wir aus der Tür und begaben uns zu seinem Auto. Hinter mir erklang noch kurz Amelia's Stimme, die mir Mut zurief. Hol dir deinen Mann zurück,Ava!
Ich schloss schnell hinter mir die Beifahrertür und versuchte für einen kurzen Moment durchzuatmen. Ich spürte, dass meine Glieder sich kurz entspannten und konzentrierte mich auf meinen Herzschlag, während Dad den Motor startete ,um mich zu meinem Ziel zu bringen. Es war so still in diesem Auto und eigentlich wollte ich nicht mit Dad reden, aber es ging um Brad und ihn brauchte ich.
„Was willst du mir über Brad sagen , Dad?"durchbrach ich die dringliche Stille. Dad schaute weiter auf die Straße.
„Zuerst wollte ich mich nochmal dafür entschuldigen, wie sehr ich dich verletzt habe mit meiner Lüge. Ich wollte dich beschützen und dies war der falsche Weg." fing er an.
„Ja, das war er." gab ich zu doch verfolgte dabei Dads angespannte Gesichtszüge. Sein Adamsapfel hüpfte und sein Kiefer zuckte.
„Nach der ganzen Sache mit deiner Mutter habe ich sehr starke Verbindungsängste erhalten und auch die Hoffnung in die Liebe verloren, bevor ich Penny getroffen habe. Aber als deine Mutter abgehauen ist, habe ich mir eins geschworen." er legte eine Pause ein, meine Aufmerksamkeit legte sich auf Dad und jede Wut, die ich empfand verfloss aus meinem Körper und ich spürte Ruhe.
„Was?" fragte ich leise und meine Brust bebte.
„Dass egal welchen Weg ich einschlagen muss, derjenige der meine Tochter verletzt, verschwindet aus ihrem Leben, denn solch eine Liebe, hatte sie nicht verdient." mein Atem stockte und da waren so viele Fragen in mir. Dads Augen füllten sich glasig und ich sah, wie fest er das Lenkrad umfasste. Alles in mir pulsierte. Ich verstand, wie sehr es meinen Dad mitnahm, aber ich konnte meine Lippen trotzdem nicht zum Reden bringen. Ich wusste nicht wie, aber zum Glück kam Dad erneut kämpfend zum Reden.
„Aber Brad hatte dich nicht verletzt, ganz im Gegenteil." fing er an. „Er hatte dich auf so eine pure Art geliebt , die sich ein Vater für seine Tochter gewünscht hatte" erklärte er und mein Herz hämmerte wie verrückt, als würde es mir gleich aus der Brust fallen, ich umklammerte meinen Anschnallgurt fest.
„Aber ich hatte es zu spät gemerkt und war immer noch so davon überzeugt, ihn von dir fernzuhalten, weshalb-
„Du die Lüge erfunden hast." vervollständigte ich seinen Satz, doch Dad schüttelte mit dem Kopf.
„Nein, weshalb ich seine Bewerbung für die Navy in San Diego zurückgezogen habe." ich erhob mich geschockt aus dem Sitz und schaute Dad in die Augen.
„Er hatte sich hier beworben, um um...." ich stockte und stotterte.
„Um dich zu sehen, um dir die Wahrheit zu erzählen." erklärte er und fuhr sich mit seiner flachen Hand über den Mund. Ich hatte das Gefühl, als würde ich jeden Moment explodieren. Warum hatte mir Brad dies nicht erzählt? Ich hätte, verdammt! Er wollte zurückkommen, aber er konnte nicht. Mein Herz ging zum Boden.
„Warum zum Teufel hast du dies getan?" meine Stimme erhielt an Volumen und wurde lauter.
„Weil ich ihn von dir fern halten wollte, für immer." Dads Stimme zitterte und ich lachte nur höhnisch auf.
„Du, du willst mich doch verarschen Dad?!" „Und als du wusstest , dass er bei Top Gun stationiert wird, da war es dir dann egal, dass wir uns wieder sehen würden?" ich fühlte mich so verraten und ich bekam keine Luft. Ich will einfach nur zu Brad.
„Du hattest Sam, ich dachte, da würde es dir nichts mehr ausmachen-
„NICHTS MEHR AUSMACHEN, DAD?! Meine ganze Welt ist zusammen gebrochen. Ich hatte Brad die ganze Zeit für den Bösen gehalten, der mich zerstört hatte, dabei warst du das und nicht er. Ist dir eigentlich bewusst, was du mir ruiniert hast?"
„Natürlich ist mir das bewusst, Ava und es tut mir so leid, dass ich all diese schlimmen Dinge getan habe. Ich hoffe du kannst mir irgendwann wieder verzeihen." ich lachte erneut. Irgendwann. Er hatte seine eigene Tochter betrogen, ihr das Ventil zum Atmen geraubt. Die einzige Liebe, die sie je kannte, vom Leib gerissen und zerstört.
„Und ich hatte gehofft, dass Brad irgendwann zurückkommen würde, aber daraus wurde nichts. Deinetwegen." giftete ich zurück. Ich war gebrochen und verzweifelt, mein ganzer Körper zitterte. Wie konnte mein Leben nur so dermaßen aus dem Ruder laufen?
„Da ist noch etwas, dass du über Brad wissen solltest." durchbrach Dad meine Gedanken und ich schaute nur steif aus dem Fenster.
„Kommt jetzt wieder eine Lüge oder auch mal zur Abwechslung eine Wahrheit?"
„Er war alkoholkrank." meine Augen fielen auf Dad, der mich verletzend anschaute. Er brachte das Auto zum Stehen und ich spürte nichts mehr, da war nur eine schwere Leere in mir.
„Er war was?"
„Ich hab es nachgelesen, in einer seiner älteren Akten. Er war alkoholsüchtig, Ava." ich schüttelte nur mehrmals den Kopf und brachte sonst nichts zum taugen. Ich schaute auf meine Schnittwunde an meiner Hand und versuchte danach nur den Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken, schaffte es aber nicht.
„Das, das kann nicht wahr sein." stotterte ich und ich spürte wie sich eine Träne meine Wange hinunter bahnte.
„Gestern Nacht, er war bei mir, als ich mich betrunken hatte, aber er ist dennoch geblieben." erklärte ich und seufzte tief. Dad legte eine Hand auf meine Schulter und zwang mich damit ihn anzusehen.
„Weil er dich mehr liebt, als dass ihn die Sucht leiten kann."  klärte mich Dad auf. Wie konnte ich nur so blind sein? Ich hab Brad so schlecht behandelt und er war für mich da, auch wenn er es eigentlich gar nicht konnte? Ich muss unbedingt zu ihm. Ich schwang mich aus der Beifahrertür und fing an zu laufen.
„Glaubst du, dass du mir irgendwann verzeihen kannst?" rief mir Dad nach und ich drehte mich um. Ich spürte mein Herz nicht mehr.
Ich weiß es nicht, Dad." sagte ich mit einem leichten Kopfschütteln und Dads Wangen sammelten auch schon Tränen. Ich kann dieses Gespräch nicht weiter mit Dad führen. Ich brauche meinen Brad wieder. Aus diesem Grund nahmen meine Füße Geschwindigkeit auf und liefen zu dem Maschinenplatz. Ich durchquerte eine Menge an Leute. Bitte, es darf noch nicht zu spät sein. Wie auf Zauberhand fanden meine Augen einen muskulösen Rücken verpackt in einem grünen Anzug. Getragen mit einem Rotgelben Helm. Rooster.Mein Rooster. Mein Brad.Da ist er. Mein Kopf sagt, ich sollte stehen bleiben. Mein Herz wollte zu ihm rennen. Und nach etlichen Jahren, entschied ich mich für das Zweite. Meine Füße trugen mich zu meiner einzigen Liebe, die mir den Rücken zu kehrte und sich geradewegs zum Einstieg in seine Maschine bereit erklärte. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und holte Luft. Mein Herz rutschte mir in die Hose.

„Du steigst nicht in diese verdammte Maschine ohne dich von mir zu verabschieden."

„the earth divided us,but the sky made us one."-Bradley (Rooster) Bradshaw ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt