Kapitel 301

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Wincent

Warum versteht keiner, dass ich alleine sein will. Auch wenn ich überhaupt keinen Hunger habe, versuche ich ein Stück zu essen. Aber bei dem ersten Bissen wird mir schon übel. Schluchzend lasse ich mich wieder ins Kissen sinken und vergrabe mein Gesicht in Ellis Kuscheldecke. Draußen höre ich die anderen reden und kurz darauf höre ich schon wieder die Tür aufgehen. ,,Amelie, ich habe keinen Hunger", sage ich kaum hörbar. ,,Ich bin zwar nicht Amelie, aber sie hat recht", nehme ich plötzlich eine vertraute Stimme wahr und schrecke hoch. ,,Marco?", frage ich fast tonlos. ,,Hier bin ich", lächelt er leicht und kommt auf mich zu. ,,Was machst du denn hier?", schluchze ich und falle wie ein kleines Kind in die Arme meines besten Freundes. ,,Glaubst du ich sitze einfach so daheim, wenn es dir so schlecht geht", flüstert er und legt seine Arme eng um mich. ,,Ihr habt doch alle selbst ein Leben", wimmere ich. ,,Ach Wince, lass das mal unsere Sorge sein", erwidert er und versucht mich zu beruhigen. ,,Bist du allein hier?", frage ich, als wir uns voneinander gelöst haben. ,,Nein. Nadine und die Kleine sind auch hier. Aber sie meinte, es wäre besser wenn ich erstmal allein herkomme." ,,Marco, ich schaffe das nicht", hauche ich und knete meine Finger. ,,Doch Wince, das wirst du." ,,Nein, sie wird sterben", schluchze ich nun wieder. ,,Sag doch sowas nicht", erwidert er und schaut mich besorgt an. ,,Diesmal habe ich kein gutes Gefühl. Sie kann nicht mehr Marco", wimmere ich leise. Diesmal kann auch er nichts erwidern. ,,Wer hat dich angerufen?", murmle ich, als ich mich einigermaßen beruhigt habe. ,,Angela hat mich gestern noch angerufen. Als ich heute Morgen die Schlagzeilen sah, hab ich sie gleich kontaktiert und gefragt wo ihr euch aufhaltet." ,,Danke", flüstere ich einfach nur und falle ihm wieder in die Arme. ,,Ich würde sagen, du machst dich mal bettfertig mmh?", sagt er nach einer etwas längeren Stille. Nickend stehe ich auf und schlürfe ins angrenzende Badezimmer.

Als ich fertig bin, gehe ich wieder raus und Marco hält mir schon die Decke hoch. ,,Ich muss Paul fertigmachen", sage ich leise. ,,Nein, heute nicht. Du legst dich bitte hin." ,,Aber Marco, er ist doch mein Sohn. Ich..ich", flüstere ich und schon bricht meine Stimme wieder. ,,Shh, komm her", spricht er leise und zieht mich wieder in seine Arme. ,,Ich bin so ein schlechter Vater. Jetzt braucht er mich doch noch mehr", schluchze ich. ,,Bitte beruhig dich. Paul ist nicht allein. Da draußen sind ganz viele Leute, die sich um ihn kümmern." ,,Aber", wimmere ich. ,,Nichts aber. Du legst dich jetzt bitte hin", spricht er sanft und drückt mich aufs Bett. ,,Bleibst du noch kurz hier?", flüstere ich und schaue ihn durch einen Tränenschleier an. ,,Klar", lächelt er leicht und setzt sich neben mich. Aber da ich doch mehr müde bin als gedacht, schlafe ich zu meiner eigenen Überraschung recht schnell ein.

Marco

,,Endlich", seufze ich, als Wincent endlich eingeschlafen ist. Leise stehe ich auf und gehe aus dem Schlafzimmer. ,,Und?", schaut mich Amelie hoffnungsvoll an. ,,Er schläft." ,,Gut. Paul liegt jetzt auch drüben bei Shay im Zimmer", wirft Angela ein. ,,Nadine hat angeboten, ihn morgen ein bisschen zu nehmen", sage ich und setze mich zu ihnen. ,,Ihr habt doch Paula dabei", winkt sie ab. ,,Und? Trotzdem hat sie es angeboten. Das wäre für sie kein Problem." ,,Okay, vielleicht für 1/2 Stunden", lächelt sie nun dankbar. Gerade als ich mich eigentlich fertig machen will, um aufzubrechen, hören wir Wincent nach Elli schreien. ,,Ich gehe schon", sage ich und betrete im nächsten Moment schon sein Zimmer. Er liegt völlig aufgelöst im Bett. Aber als ich ein gequältes ,,Elli" wahrnehme, weiß ich das er wach ist. ,,Wince", sage ich leise und trete näher. ,,Ich kann nicht mehr Marco", haucht er und schaut mich an. ,,Jedes Mal wenn ich versuche zu schlafen, träume ich von ihr." ,,Soll ich vielleicht bei dir bleiben?", frage ich ihn vorsichtig. ,,Würdest du dass denn machen?" ,,Sonst würde ich es dir nicht anbieten", lache ich leicht. Kurz greife ich nach meinem Handy und informiere meine Frau, die natürlich kein Problem damit hat. Also lege ich mich zu ihm. ,,Ich bin erbärmlich oder?", flüstert er plötzlich kaum hörbar. ,,Was redest du denn da für einen Mist", erwidere ich leicht aufgebracht. ,,Ich habe Angst", haucht er nun und diese drei Wörter machen mir selbst Angst. Diese deutlichen Wörter aus deinem Mund zu hören, zeigen mir wie sehr er schon am Ende ist.

Wir haben noch lange miteinander geredet, bis er kurz nach 1:00 Uhr endlich eingeschlafen ist. Die Nacht war sehr unruhig. Aber im Großen und Ganzen hat er die Nacht fast durchgeschlafen. Am nächsten Morgen höre ich Paul leise weinen. Als niemand reagiert, stehe ich auf und verlasse leise das Schlafzimmer. ,,Hey Kleiner, was ist denn los?", flüstere ich und nehme ihn aus dem Reisebett. ,,Sollen wir mal nach dem Papa schauen?" Im Schlafzimmer lege ich Paul neben Wincent und setze mich daneben. Als Paul ein bisschen mit seinen Armen strampelt, trifft er Wincent im Gesicht. ,,Nicht wecken", schmunzle ich, als Wincent seine Augen öffnet. Wincent blinzelt gegen die Helligkeit und als er seinen Sohn sieht, erscheint ein zartes Lächeln auf seinen Lippen. ,,Wie bist du denn hierher gekommen?", lächelt er und haucht ihm einen Kuss auf die Schläfe. ,,Der beste Patenonkel der Welt hat ihn gerettet", grinse ich. ,,Da hat er wohl einen guten Job gemacht", schmunzelt er und nimmt ihn hoch. Sofort beginnt der Kleine zu lächeln. ,,Du merkst auch, das etwas nicht stimmt mmh?", flüstert Wincent und drückt ihn an sich. ,,Natürlich merkt er das. Auch wenn er noch so klein ist, merkt er das seine Mama nicht da ist. Ich glaube, er merkt auch, dass es dir nicht gut geht. Angela meinte, er wäre die letzten zwei Tage sehr unruhig gewesen. Das war er ja sonst nie oder?" ,,Nein", flüstert er und legt ihn neben sich. Er legt ihn ein bisschen auf den Bauch, sodass er bisschen das Kopfhalten üben kann. ,,Hoffentlich sieht er seine Mama überhaupt nochmal", haucht er und richtet seinen Body. ,,Wince, bitte", flüstere ich und schaue ihn ernst an.

Während Wincent mit Paul noch ein bisschen kuschelt, stehe ich auf und gehe nach draußen in den Wohnbereich. ,,Morgen", murmle ich und setze mich neben Shay. ,,Wo ist denn Paul?", fragt Angela und macht sich einen Kaffee. ,,Der ist bei Wincent", lächle ich und schenke mir ein Glas Wasser ein. Irgendwann kommt auch Wincent mit dem Kleinen zu uns. ,,Ich glaube da hat jemand Hunger", lächelt er leicht. ,,Setzt euch hin. Ich mach ihm eine", antwortet seine Mama und schaltet schon den Wasserkocher an. Gesagt getan, setzt er sich mit Paul auf dem Arm neben mich. Der Kleine schaut ihn etwas länger an und verzieht das Gesicht, sodass es ausschaut als würde er die Stirn verziehen. ,,Der Papa müsste sich mal rasieren oder? Du erkennst ihn fast nicht mehr oder ?", lache ich. ,,Elli würde auch meckern das es kitzelt", flüstert Wincent und muss leicht lächeln. ,,Dann mach dich gleich mal hübsch für deine Frau", schmunzle ich und klopfe ihm auf die Schulter. Gerade als Wincent ihm die Flasche gibt, klopft es an der Tür. Shay steht auf und öffnet sie. Kurz darauf erscheint Amelie in Begleitung mit Anna. Diese kommt gleich auf Wincent zu, legt ihm einen Arm um die Schultern und flüstert ihm etwas zu. Daraufhin nickt er leicht und kämpft schon wieder mit den Tränen. ,,Wir müssten heute auch mal kurz nach Hause fahren. Wir, vor allem Paul braucht hier ein paar Sachen", wirft Angela ein, als wir alle zusammen frühstücken. Zu all unserer Erleichterung, isst Wincent auch ein bisschen. ,,Soll ich mit dir fahren?", fragt Amelie. ,,Das wäre lieb. Fährst du auch mit Shay?", wendet sie sich an ihre Tochter. ,,Klar, aber wer bleibt dann hier bei Wincent?", fragt diese und sofort liegen alle Blicke auf ihm.

,,Ihr könnt gerne fahren. Ich komme klar." ,,Auf gar keinen Fall lassen wir dich allein. Vor allem lassen wir dich nicht allein zu Elli", erwidert Angela und bei ihrem Tonfall kann man gar nichts erwidern. ,,Dann fährt ihr und ich bleibe bei ihm. Marco ist ja auch hier", erwidert Anna. ,,Genau", stimme ich zu. Wie abgemacht brechen die drei nach dem Frühstück auf. ,,Könnte jemand den Kleinen nehmen? Ich würde gerne mal duschen gehen", spricht Wincent leise. ,,Warte ich nehm ihn", antwortet Anna lächelnd und nimmt Paul auf den Arm. ,,Kommst du klar?", frage ich leise. ,,Ja", murmelt er und geht ins Schlafzimmer. ,,Wince, wenn was ist, ruf bitte", sage ich und schaue ihn bittend an. ,,Ja", antwortet er und schließt die Tür hinter sich. Seufzend lehne ich mich auf dem Stuhl zurück. ,,Anna, wenn er fertig ist würde ich schnell mal rüber fahren. Ich muss mich auch noch fertig machen. Kommst du hier allein klar?" ,,Fahr ruhig. Du kannst auch jetzt schon fahren", antwortet sie und legt den Kleinen ins Bett, da er eingeschlafen ist. ,,Ich warte lieber bis er mit dem Duschen fertig ist. Er ist ja auch körperlich total am Ende", erwidere ich. Als ich ein paar Minuten später die Badezimmertür angehen höre, gehe ich ins Schlafzimmer. Gerade als ich etwas sagen möchte, klingelt sein Handy. Als er schaut, versteift er sich sofort. ,,Was ist los?" ,,Das ist das Krankenhaus", flüstert er. ,,Na geh schon dran", ermutige ich ihn. Nach kurzem Zögern geht er ran und stellt auf laut. ,,Herr Weiß?", fragt jemand. ,,Ja, der bin ich", antwortet er leise. ,,Ich rufe wegen ihrer Frau an. Können sie bitte so schnell wie möglich vorbeikommen? Wir müsse etwas besprechen"...

Aus vielleicht irgendwann, wird irgendwo ankommenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt