28. Februar 1822
Nassau„The greatness of Art is not to find what is common but what is unique." -
Isaac Bashevis SingeDer allgegenwärtige Geruch nach Seetang und Fisch verschärfte sich in dem Moment, als der entfernte Teppich offenlegte, was sich darunter verborgen gehalten hatte. Ein Platschen war zu hören und durch die plötzliche Veränderung des Lichtes angelockt, schob sich die Rückenflosse eines Hais für einen kurzen Augenblick durch die Luke. Mit einem weiteren nassen Geräusch war sie verschwunden. Meerwasser spritzte bis auf die Planken vor Jacks Füße und er fragte sich, warum ihm nicht eher aufgefallen war, dass der Boden der Kajüte nass von Blut und Feuchtigkeit war.
Wahrscheinlich, weil er sich von all dem Prunk und dem Auftreten Blackbeards hatte blenden lassen. Der König hatte seine ganze Konzentration gefordert, sodass er seiner Umgebung keinen zweiten Blick hatte schenken können.
Die Schatten der Männer Blackbeards lösten sich von den Wänden des Raumes, traten einen Schritt näher auf sie zu, legten ihre Hände auf die Waffen an ihren Gürteln.
"Meine lieben Haustiere sind hungrig, Mr. Calico", säuselte Blackbeard. "Für gewöhnlich erhalten sie einmal am Tag eine Mahlzeit, doch die letzte ist nun schon vier Tage her. Ihr plötzliches Aufschlagen und das ihrer Mannschaft kommt mir sehr gelegen." Liebevoll ließ er seinen Blick über die sich tummelnden grauen Leiber der Knorpelfische gleiten.
"Den Todeskampf eines Mannes in den tausend Zähnen des gemeinen Riffhais zu beobachten, ist ein faszinierendes Unterfangen. Ich frage mich stets, ob sie zuerst ersticken. Die Männer schreien um ihre wertlose Existenz, obwohl sie ihre Luft eher bei sich behalten und versuchen sollten zu schwimmen. Oder verblutet ein Körper schneller, weil die Tiere zu große Brocken Fleisch aus seinem Leib herausreißen? Ich brauche einem Menschen lediglich einen winzigen Schnitt zuzufügen und schon riechen diese imposanten Tiere es in fünf Meilen Entfernung, beißen sich aus Blutdurst beinahe aneinander die Zähne aus. Das Rot des Blutes breitet sich malerisch in den bewegten Wassern aus, lockt noch mehr der Raubfische an ..." Beinahe verträumt beobachtete er das Bild der Fische durch die Luke. "Wetten Sie, Mr. Calico?"
Jack entfuhr ein abfälliges Geräusch.
"Sie drohen damit, mich und meine Männer den Haien zum Fraß vorzuwerfen, wenn wir den von ihnen eingeforderten Anteil nicht zahlen?", fragte er ungehalten. "Das ist weniger als ehrenhaft." Er machte eine Pause, in der er zu Blackbeard aufsah, dessen Augen in einer seltsamen Mischung aus Wahn und Gier zu glänzen schienen. "Das ist einfache Erpressung!"Blackbeard betrachtete indessen ungerührt ein Stück Dreck, das sich offenbar unter seinem Fingernagel befand. "Nennen Sie es, wie sie wollen, Calico Jack. Die Wahrheit ist, dass der einzige Raum für Verhandlungen, der Ihnen bleibt, der unter dem Bauch meines Schiffes bei den Haien ist. Sie würden das sicherlich gerne mit ihren scharfen Zähnen an ihnen ausdiskutieren."
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Ink & Poison
AdventureNassau. Das Reich der Piraten. Klares Gewässer, Sonne, Gleichgesinnte und endlich kein Bedarf mehr, ihre Liebe zueinander geheim zu halten. Alles scheint perfekt, die gemeinsame Zukunft gesichert und nichts dem Abenteuer des Lebens mehr im Wege. Do...