Nassau. Das Reich der Piraten. Klares Gewässer, Sonne, Gleichgesinnte und endlich kein Bedarf mehr, ihre Liebe zueinander geheim zu halten.
Alles scheint perfekt, die gemeinsame Zukunft gesichert und nichts dem Abenteuer des Lebens mehr im Wege.
Do...
"Jede Seele ist ein Pfand für das, was sie begangen hat." - Aus dem Koran
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Das weiche Licht des Nachmittags drang durch die geöffneten achterlichen Fenster in seine Kajüte, brach sich an Staub- und Wasserpartikeln, fiel auf den Schreibtisch und erhellte das blütenweiße Pergament der Notizen und Rechnungen, die überall verteilt lagen. Seine Finger waren schwarz vor Tinte und die Feder, die er verwendet hatte, inzwischen stumpf und nutzlos, aber es war ihm gelungen. An nur einem halben Tag hatte er drei Viertel der Waren unter Deck an den Mann gebracht und endlich die horrende Summe beisammen, die Blackbeard forderte. Silberbarren, Tabak, Kautschuk und das ein oder andere edle Möbelstück hatte seinen Besitzer gewechselt.
Jack ließ seine Finger ein letztes Mal über die Silbermünzen gleiten, ehe er das lederne Säckchen verknotete und die Schublade seines Schreibtisches sorgfältig verschloss. Er würde es heute Abend übergeben und sich somit hoffentlich von jeder Schuld gegenüber dem selbsternannten König der Insel befreit haben. Und dann einen Neuanfang mit dem Ort wagen, den offenbar ein jeder Mann und eine jede Frau seiner Besatzung so verehrte.
Er rieb sich über das Kinn. Sein Kiefer schmerzte noch immer, wenn er die Zähne aufeinander biss und für einen kurzen Moment fragte er sich, ob Nassau wirklich das Paradies war, für das alle dieses verfluchte Fleckchen Erde hielten. Ein Klopfen an der Tür riss seine Aufmerksamkeit an sich. Gedämpfte Stimmen drangen durch das Holz zu ihm hinein. Jack griff nach einer bereits fertig gedrehten Zigarette, um sich diese hinter sein Ohr zu stecken und begab sich zur Tür, um zu öffnen.
Jonahs undeutbarer Blick schlug ihm entgegen, als hätte erneut jemand mit einer Faust sein Gesicht getroffen.
Jack hob fragend die Augenbrauen. "Ben?"
Er hatte nicht genügend Finger oder gar Zehen, um die Male abzählen, an denen die elendige Ratte durch sein unüberlegtes Handeln eine Katastrophe heraufbeschworen hatte. Ben sollte unter Deck sein und seinen Rausch und seine Verletzungen auskurieren! Wo zum Henker trieb er sich herum?
Doch als sein Steuermann verneinend den Kopf bewegte, erfüllte eine ungute Vorahnung seine Gedanken. Dessen Worte klangen neutral, doch ihr Inhalt jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken.
"Du solltest es dir selbst ansehen, Käpt'n! Wir gehen langsam. Es gibt keinen Grund zur Eile." Damit wandte er sich um, ohne ihn eines weiteren Blicks zu würdigen.
"Aye." Seine eigene Stimme klang matt in seinen Ohren. Seine Gedanken rasten von einem Faktum zum nächsten. Jonahs Worte konnten nur bedeuten, dass sie bewacht wurden. Die Searose stand unter Beobachtung. Unauffällig versuchte er, seinen Blick über die umliegenden Schiffe gleiten zu lassen. Steuerbords hing ein Matrose in den Wanten der nächstgelegenen Galeone und flickte offenbar ein paar Seile. Backbords erkannte er einen Schatten, der sich hinter den Luken der Kanonen einer anderen Fregatte bewegte.