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Seojun lag auf einer Pritsche unter einer viel zu dünnen Decke in einem Zimmer ohne Fenster. Sein andauerndes Zittern lenkte ihn davon ab, vernünftig nachdenken zu können. Reglos starrte er an die grauen Wände. Er lauschte. Nicht einmal die morgendlichen Vogelgesänge waren zu hören, und doch sagte seine Armbanduhr ihm, dass es an der Zeit war, sich für den bevorstehenden Tag zu rüsten.
Er hatte den Abend damit verbracht, sich die Legende einzuprägen. Er hatte sie einige Male - mithilfe des unstetigem Kerzenlichts und einem halb zernagten Bleistift aus der Küche, der an ein Kochbuch geklemmt gewesen war - abgeschrieben und das ihm heilig gewordene Buch unter die Matratze geklemmt, wo es hoffentlich niemand suchen würde. Er wusste, dass Jaehyun sowieso mit ganz anderen Dingen beschäftigt war.
Der Tierarzt stand bald vor Seojuns Tür und hielt ihm streng eine Tasche hin.
„Hier drin befinden sich wichtige Unterlagen!"
Der Auftrag führte ihn zum Königshaus. Er sollte die Kutsche nehmen und keine Umwege fahren. Natürlich war das die Anweisung, doch Seojun hatte andere Pläne. So streng sein Vorgesetzter auch sprechen konnte, in seinen Gesichtszügen erkannte Seojun eine gewisse Zufriedenheit, sobald er ergebend genickt hatte. Anscheinend vertraute der hochskeptische Mann auf Seojuns Unterlegenheit.Er würde zuerst am Stadtrand entlang fahren, wo er unauffällig einige der abgeschriebenen Exemplare der Legende hinterlassen wollte. Dann würde er einen Abstecher ins Gefängnis machen. Es würde ihm alle Überzeugungskraft kosten, dort seinen Plan durchzuführen, doch über Nacht schien sich sein Mut verdoppelt zu haben. Ob die Legende auch auf ihn eine magische Wirkung hatte, die ihm diese Hoffnung und Stärke einflößte?
Eilig brach er auf. Über huckelige Landstraßen rieselte vereinzelt das Sonnenlicht. Er versuchte die schattigsten Wege zu nehmen. Als er auf das Gefängnis zufuhr, erhöhte sich sein Puls. Mit zusammengepresstem Kiefer stieg er ab und betrat die Zentrale. Er machte seinen Rücken so gerade wie möglich und hob sein Kinn. Seine ehemaligen Kollegen sollten denken, dass er nun eine wichtigere Position besaß als sie. Er stehe jetzt über ihnen und es würde ihnen gut tun, sich bei ihm einzuschmeicheln; das sollten sie denken. Immerhin hatte diese ganze Diskretion dadurch doch einen Vorteil.
„Seojun! Hey, du bist doch nicht schon zurück?", rief ihm ein schlaksiger Mann mit unordentlicher Frisur zu. Sein Bart war von dem Staub dieser Gegend bedeckt und erschien grau, dabei war er sicher nicht über dreißig.
„Nein, nein. Ich bin aufgrund meines Auftrags hier. Ich muss noch etwas sicherstellen, aber das ist eine Angelegenheit die keine Mitwisser bedarf."
Seojun schaute ihn verschwörend an, bis seine Stirn zu schmerzen begann. Zum Glück hatte er es hier mit einem naiven Jungen zu tun. Dieser lächelte den Älteren breit an und fragte allzu bereit: „Wie kann ich dir helfen?"Jetzt war es für Seojun eine Leichtigkeit, die Schlüssel ausgehändigt zu bekommen und in die Kellergewölbe zu gehen. Es war gerade die Zeit nach der Vormittagskontrolle und niemand war auf den Gängen anzutreffen. Tatendrang explodierte in seinem Herzen und machte sich durch seinen beschwingten Schritt bemerkbar, als er an die Gittertür trat.
„Mina! Yuna!"
Seine Tochter war sofort auf den Beinen und kam auf ihn zu. Auch Yuna trat näher. Seojun hielt ihnen das Stück Papier hin.
„Ihr müsst diese Legende möglichst unter den Insassen verbreiten. Ich bin auf unseren Jimin getroffen, doch er schwebt in Gefahr. Auch der andere Junge. Ich bin ein bisschen in die Sache verwickelt, aber ich werde mein bestes geben, um alles zum Guten zu wenden."
Mina nahm das Papier und die beiden studierten das Geschriebene.Es erfüllte Seojuns Herz mit Freude, die leuchtenden Augen seiner Tochter zu sehen, auch wenn sie mit ernster Miene auf das Blatt schaute. Er merkte eine Wucht an Emotionen heranstürmen und wusste, dass er keine Minute länger bleiben durfte.
„Viel Glück!", rief er seiner Familie hastig zu, bevor er die Stufen in Richtung helleren Lichts hinaufstieg.Seine Hände waren schwitzig, als er sie zum Gruß hob und so ging er schnell aus dem Gebäude, um bloß keine Aufmerksamkeit mehr zu erregen.
Beim wegfahren beobachtete er einige Arbeiter, die an einer Seite des großen Gebäudes ein Gerüst aufbauten. Doch so schnell, wie die Leute hier zurzeit festgenommen wurden, dachte Seojun, konnte wohl kaum eine Sanierung helfen. Angespannt fuhr er weiter Richtung Königshaus.
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Haunted Prince || Yoonmin
ФанфикJimin ist ein armer Bauernjunge, der alles für das Wohl seiner Familie tun würde. Als sich plötzlich ein besonderes Tier unter seine Pferdeherde mischt, merkt er immer deutlicher, dass etwas gewaltiges im Land falsch läuft. Und er ist dazu auserwähl...