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Davis stand mit hinter dem Kopf verschränkten Armen vor der riesigen Panoramafront des Apartments und beobachtete den Feierabendverkehr weit unter sich in der Stadt. Autos die ordentlich aufgereiht wie auf einer Perlenkette sich durch den quälend langsamen Verkehr schoben. Menschen die wie geschäftige Ameisen über die Kreuzungen wuselten. Er hatte kein Licht im Apartment eingeschaltet. Nur neben dem Fernseher am Deckenpanel leuchteten matt gedimmt ein paar kleine Dioden. In der Reflektion des dunkler werdenden Abendhimmels und der glitzernden Hochhäuser sahen sie aus wie flirrende Glühwürmchen. Er löste seinen Griff und schenkte sich ein Glas teuren Rotwein ein, das er auf dem Tisch hatte stehen lassen. Der Wein schmeckte samtig und perlte jedoch federleicht auf der Oberfläche. Er schwenkte das Glas und beobachtete wie die dunkelrote Flüssigkeit ein paar Mal im Glas hin und her schwappte. Das Schloss klickte, als eine Schlüsselkarte registriert wurde, auch wenn die Tür vollkommen lautlos aufschwang, hörte er die Schritte auf dem geeichten Parkett. „Was ist denn mit dir passiert?" Sein Vater klang ehrlich erschrocken. Statt sich umzudrehen, heftete Davis den Blick auf die Reflektion seines Vaters in der Scheibe. Zweifellos meinte er die Hand. „Hallo Danny. „Wir müssen reden." Sein Vater stellte den Regenschirm, den er heute offensichtlich nicht gebraucht hatte zurück in den Halter, hängte seinen langen Mantel auf und nickte. „Ich höre." Sagte er vorsichtig. Davis trank den Wein aus und stellte ihn zurück auf den Tisch, erst dann drehte er sich zu seinem Vater um. Er war ordentlich gekleidet, trug eine dunkle Hose mit Gürtel und ein weißes Hemd. Natürlich konnte das das Pflaster auf der Augenbraue nicht verbergen und auch den Verband am Handgelenk nicht, doch Davis hatte das auch gar nicht vor. „Setz dich." Er deutete auf einen Stuhl blieb aber selbst stehen. „Ich habe über deinen Vorschlag nachgedacht." Etwas im Gesicht seines Vaters entspannte sich. „Davis, wenn es das Studium ist, dann..." „Hör mir zu", unterbrach Davis seinen Vater brüsk, den er wollte dessen Einwand nicht hören. „Ich werde in die Rolle des Sohnes schlüpfen, den du wolltest. Ich werde studieren, an deinen Vorträgen teilhaben, nicht an allen aber den wichtigsten. Dich Dad in der Öffentlichkeit nennen, wenn du das möchtest. Und eines Tages werde ich dir den Rücken freihalten, wenn deine Konkurrenten eine Chance wittern." Davis hatte die Reaktion seines Vaters genau beobachtet, während er gesprochen hatte, daher sah er auch wie sein Vater sich kaum merklich anspannte. „Das freut mich. Sehr, sogar mehr als du glaubst." Dass das Lächeln echt war, bezweifelte Davis nicht. Er war sich nur nicht sicher, ob es wirklich ihm galt oder da sein Vater glaubte gewonnen zu haben. Sein Vater wischte sich einige imaginäre Anzugfussel von der Schulter. „Was forderst du im Gegenzug? Die wichtigste Regel in der Buisnessbranche hast du ja offenbar schon verinnerlicht: stehe niemals in der Schuld anderer, lass andere in deiner Schuld stehen. Davis lehnte sich entspannt zurück und faltete die Hände im Schoß. „Nicht viel. Erstens; unser Umgang bleibt rein geschäftlicher Natur, du wolltest nie etwas von mir wissen also brauchst du gar nicht erst anzufangen als ob. Zweitens: ordnungsgemäße Bezahlung, alleiniger Zugriff und Verwaltungsgewalt über meine Konten und drittens: du schuldest mir einen Gefallen. Den ich aber noch nicht jetzt einfordern werde." „Einverstanden. Dann freue ich mich auf gute Zusammenarbeit mein Sohn." Er lächelte erfreut, stand auf klopfte seinem Sohn auf die Schulter und ging dann in das Schlafzimmer, um sich umzuziehen. Davis hingegen nahm seinen Laptop, ließ sich erneut ein Glas Wein ein und schaltete ihn ein. Das grelle Bildschirmlicht flimmerte über sein Gesicht. Freilich waren seine Gründe mehr vorgeschoben, doch das brauchte sein Vater ja nicht zu wissen. Er hatte den halben Tag damit zugebracht im Zimmer zu sitzen, auf die Wand zu starren und zu überlegen, was er eigentlich sein wollte. Wer er sein wollte. Als die Kellnerin ihn erkannt hatte, hatte er sich unwillkürlich die Frage gestellt, was sie in ihm sah. Einen Eiskunstläufer der seine Karriere verloren hatte? Einen jungen Mann, der des Mordes bezichtigt wurde und lediglich aus Mangel an Beweisen und Zweifel des Tathergangs freigesprochen wurde? Aber viel wichtiger; als was wollte er sich sehen? Sein Image als Eisläufer war dauerhaft zerstört, ebenso wie das Verhältnis zu seiner Mutter und Schwester. Mit Abschreiben der Karriere hatte er auch das Skaten abgeschrieben. Vorerst. Doch Davis hatte nicht vor aufzugeben, zumindest nicht wirklich. Wenn er jemals wieder eine Chance auf einen großen Internationalen Wettkampf, haben wollte musste er zuerst seinen Namen reinwaschen. Dies würde ihm nur gelingen, wenn er Leute überzeugen konnte, doch dafür brauchte er auch Beweise. Und den wahren Täter. Wenn er genug Geld beisammenhätte, könnte er sich gleichzeitig ein lukratives Standbein für später in der Finanzwelt aufbauen und eine renommierte Detektei beschäftigen, die rausfand, was in der Nacht wirklich geschehen war. Natürlich war ihm klar, dass es nicht nur ausreichte rauszufinden wer das Mädchen umgebracht, und wenn es nur ein Unfall war, wer sie wirklich zuletzt gesehen hatte. Vielleicht würde er mit genügend Geld auch Leute auftreiben, die verschwiegen genug waren weitere Arztberichte verschwinden zu lassen und seine Krankheit gleichzeitig heilten. Den im Leben hatte er nicht vor jemanden diese verletzliche und dunkle Seite von sich bloßzustellen. Doch im Augenblick fing er klein an. Mit der Suche nach einem Studienplatz.  

STARDUST - 365 Tage mit dirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt