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Die nächsten Tage mied Davis seine Familie. Natürlich wusste er das es feige von ihm war, doch er fühlte sich schlicht nicht bereit seiner Mutter gegenüberzutreten. Nun schien es, als hätte sich sogar seine Familie gegen sie gewandt und Davis wusste wirklich nicht, ob er überhaupt noch weiter zuhause leben bleiben wollte. Andererseits wusste er auch nicht, wohin er sollte. Eine Wohnung für ihn allein, das stellte er sich zu einsam vor und wenn er ehrlich war, hatte seine Mutter sich bisher um seine Vermögensverhältnisse gekümmert. Doch er brachte die Tage auch so gut rum. Abends nach Hallenschluss ging er trainieren, bis spät in die Nacht. Garry hatte ihm gezeigt, wie er das Eis selbst neu beschichten konnte und die Tage brachte er rum, indem er Mary-Ann im Haushalt half. Mittlerweile war er Meister im Rahmsauce kochen oder Zimtapfelkuchen zu backen. So gesellig die beiden auch sein mochten, nach über einer Woche wollte Davis ihre Gastfreundschaft nicht noch weiter ausreizen. Eines Nachmittags verabschiedete er sich von dem älteren Ehepaar und versprach Garry sich bei ihnen zu melden. Er schulterte seine Sporttasche und lief die wenigen Kilometer nach Hause. Der Winter war noch nicht ganz über das Land hereingebrochen, die Bäume waren kahl und hoben sich wie knorrige Finger gen den grauen Novemberhimmel. Feiner Nieselregen fiel herab und senkte sich in grauen Schleier über die Felder hinab. Er beobachtete den Flug dreier Krähen, die über seinem Kopf kreisten. Sicherlich war es bei dem niesligen Wetter nicht das beste über den matschigen Feldweg zu laufen, doch das war ihm egal. Nachdem er über eine Stunde im Feld vertrödelt hatte, war er so durchnässt das es wirklich keinen Spaß mehr machte in der sumpfigen Natur rumstiefeln. Er schlug den Weg nachhause ein und war nicht überrascht den Wagen seines Arztes vor der Garage stehen zu sehen.


Davis schloss die Tür auf und trat ein. Seine Mutter und Brahms saßen am Küchentisch und unterhielten sich. Sie sahen auf als er eintrat. „Davis!" Auf dem Gesicht seiner Mutter zeichneten sich gemischte Gefühle ab. „Hallo." Er nahm einen Apfel von der Obstschale und biss krachend hinein. Sein Blick glitt zu dem Arzt, dem es sichtlich unangenehm war im Haus seiner Mutter gesehen zu werden. Er zog spöttisch die Augenbrauen hoch und musterte den Arzt. „Schön Sie mal wieder zu sehen Doktor. Sind Sie gekommen wegen meinen neusten Blutwerten?" „Was Achso? Jaja, ich habe in der Tat deine Blutanalyse durchgesehen." Brahms räusperte sich und schickte sich an die Unterlagen aus der Tasche zu holen. Davis grunzte verächtlich und ließ den Apfel sinken, ihm war der Hunger vergangen. „Sparen Sie sich die Mühe, ich weiß das sie meine Mum vögeln." „Davis!" Rief seine Mutter erschrocken auf. „Wo sind deine Manieren hin?" „Habe ich wohl von dir geerbt Mum." Gab er süffisant zurück und legte den angebissenen Apfel neben den Herd. „Ich bin dann mal oben." Er ließ die beiden Erwachsenen geschockt und sprachlos zurück und ging sein Zimmer hoch. Als erstes steckte er sein Handy ein und es hing sich gleich mal auf unter der Flut von eingehenden SMS. 427 Verpasste Nachrichten. Rasch sah er sie durch. Das meiste war von irgendwelchen Gruppen, in denen er war, die wenigsten persönlich. Einige Reporter, die ihm die Anfrage zu einem Interview stellten, eine Warnung von Lilly das seine Nummer im Netz geleakt worden war und drei verpasste Anrufe von Blake. Davis rief ihn an und Blake ging schon beim ersten Klingeln dran. „Ach jetzt meldest du dich?" Die Stimme seines Freundes klang reserviert, verstimmt. „Nein, sorry mein Akku war leer." Davis seufzte. „Wollen wir gemeinsam laufen gehen?" „Dachte du hast Hallenverbot?" Er hörte, wie die Stimme seines Freundes etwas weicher wurde, Blake hatte ihm noch nie lange sauer sein können. „Ist doch egal, oder?" Davis warf sich aufs Bett, zog den Laptop heran und kickte sich die Schuhe von den Füßen. „Seit wann so Rebellisch?" Zog sein Freund ihn auf, das erste Anzeichen, dass ihre Freundschaft doch nicht vollkommen den Bach runter lief. „In drei Stunden an der Halle?" „Und wie kommen wir rein? Kannst du neuerdings auch Schlösser knacken?" Quakte Blakes Stimme urplötzlich auf voller Lautstärke durch den Lautsprecher. Davis zuckte zurück und hielt das Handy reflexartig von sich weg. „Schlüssel schon vergessen?"


Es war kalt und ein eisiger Wind blies ihm um die Nase, als er die Haustür hinter sich zuzog. Er schob sich die Mütze tiefer in die Ohren und nahm sich vor demnächst eine gefütterte Lederjacke zu besorgen. Die Besucher waren längst weg nur ein einsamer Schatten stand noch vor der Halle. Er stieß einen leisen Pfiff aus und die Gestalt drehte sich um. „Hey." Blake schwenkte einen Arm, die beiden Freunde traten aufeinander zu und standen sich einen Moment unschlüssig gegenüber. Davis nahm ihm schließlich die Entscheidung ab und umarmte ihn. Sein Freund erwiderte es. „Was ist denn in der Tasche drin?" Für nur n paar Skates ist das zu schwer. „Nichts nur Skates, mit leerem Magen fährt sich es schlechter. Ein paar Bier zum Vorglühen und ein paar zum Nachglühen." Davis lachte, während er den Schlüssel aus seiner Hosentasche fummelte und umdrehte. Er ließ seinen Freund ein und dieser machte ein zufriedenes Gesicht. „Ist doch mal schön die Halle für sich zu haben und nicht ständig über Anfänger zu stolpern." Er breitete die Arme aus und drehte sich mit einem selbstzufriedenen Grinsen einmal im Kreis. „Es würde unsere Kollegen sicher freuen, wenn du sie als Anfänger bezeichnest." Entgegnete Davis trocken und stellte seine Tasche ab. „Ach was." Blake machte eine wegwerfende Handbewegung. Seine langen Locken hatte er nur mühsam mit einem Stirnband gebändigt. „Gegen dich ist jeder ein Anfänger, also sozusagen hast du deiner Konkurrenz einen Gefallen getan." Er öffnete zwei Bier und reichte diese seinem Freund, der das Gesicht verzog. „Danke für die Erinnerung." „Wie läufts eigentlich beim Paarlauf?" Davis stellte sein Bier weg und zog sich seine Skates an. „Nun ja Lily und ich werden nicht länger zusammenlaufen." „Wie das? Ihr seid doch ein super Paar?" Davis war ehrlich überrascht. Blake zuckte unschlüssig die Achseln wie immer, wenn er über etwas nicht weiterreden wollte. „Passt eben nicht mehr." Murmelte er und stieg aufs Eis. Er fuhr die erste Runde und machte ein paar lässige Schlenker. „Und was machst du dann?" Davis nahm seine Flasche mit aufs Eis und folgte seinem Freund. Er lief die Runden rückwärts neben Blake. „Ich werde es wohl im Einzellauf versuchen." „Einzellauf?" Davis wusste nicht was ihn mehr überraschte, dass Blake sich von Lily getrennt hatte oder dass er nun Einzellauf probieren wollte. „Und bei dir?" Blake hielt Davis lässigem Tempo mühelos stand und nahm sich dessen Flasche. „Die Polizei hält mich noch immer für den Hauptverdächtigen. Allerdings sind sie sich nicht so sicher, ob sie nicht vielleicht gefallen ist." Er brachte es nicht über sich ihren Namen auszusprechen. „Immer noch? Haben die nichts weiter rausgefunden?" Blake kräuselte die Stirn. „Ne, und das Schlimmste ist, das ich selbst nicht weiß, was ich glauben soll." Davis drehte einige Schleifen und bremste aprubt. „Wettlauf?" Blake stellte seine Flasche weg und lächelte auffordernd. „Immer." Davis grinste, auch wenn ihm natürlich klar war das sein Freund ihn nur ablenken wollte. 

STARDUST - 365 Tage mit dirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt