Davis, Ohlsen

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„Wie beweist man seine Unschuld, wenn alle Welt glaubt man sei schuldig?" Fragte er die junge Polizistin ironisch, als diese die Tür zu einer kleinen Zelle aufschloss. Er wusste bereits dass sie Susanna hieß. „Ähm ich..." Die Polizistin sah ihn hilflos an. Davis machte eine abwehrende Geste, die wegen seiner auf dem Rücken gefesselten Hände eher hilflos aussah. „Schon gut war eine rhetorische Frage, vergessen Sie es." Sie öffnete die Tür und ließ ihn eintreten. Er drehte ihr den Rücken zu und nahm ihm die viel zu engen Handschellen ab. Davis rieb sich seine wunden Handgelenke und schüttelte die Arme aus. „Ich würde es einfach mal mit Ehrlichkeit versuchen." Die Polizistin lächelte ihn mitfühlend an und verließ die Zelle. Nun war er allein. Der kleine Raum maß kaum 2x3 Meter, hatte eine schmale Pritsche, ein kleines in die Wand eingelassenes Pissoir und ein stählernes Waschbecken. Alles rund und ohne Kanten. Er ließ sich auf die Pritsche sinken, das Bett quietschte und die Matratze war so weich, dass er genauso gut auf dem blanken Lattenrost hätte liegen können. Es gab ein kleines vergittertes Fenster das direkte Sicht auf eine hohe Mauer bot. Den schmalen Streifen Himmel konnte man nur erahnen. Der Wasserhahn tropfe unentwegt was ihn bereits nach kurzer Zeit so höllisch nervte das er vermutete das das mit Absicht so konstruiert worden sein, um die Gefangenen mürbe zu machen. Er blickte auf seine Hände, die in dem schwachen Schein einer einzelnen flackernden Neonröhre fleckig aussahen. Sie zitterten. Wütend über sich selbst ballte er mehrmals die Faust und spannte sie so an, bis sie nicht mehr zitterten. Da er ohnehin wusste, dass er nicht sofort würde einschlafen können, versuchte er es gar nicht erst. Stattdessen fand er beim dritten Versuch heraus, wie er die Pritsche hochklappen konnte und so wenigstens etwas mehr Platz hatte. Der Boden der Zelle war so eisig kalt, dass diese Kälte ihm beinahe die Haut verbrannte. Nach kurzer Überlegung zog er schließlich seine Socken aus und schlüpfte barfuß in seine Schuhe. Nachdem sie ihm Handy, Uhr sowie alle weitere Wertsachen abgenommen hatten, durfte er wenigstens seine Kleidung behalten. Noch. Er sah sich schon in der orangenen Gefängnis Kluft herumlaufen, wenn er nicht bald einen Ausweg aus dieser misslichen Lage finden würde. Die Socken stülpte er über seine Hände, dehnte sich rasch. Machte einige Spring und Dehnübungen, um seine steifen Muskeln zu lockern. Anschließend fing er an Liegestütze zu machen. Er schaffte fünfzig, in raschem Tempo, stellte aber fest das er bei der 51 so ausgepowert war, dass er sich nur noch mit Mühe hochstemmen konnte. Mit bebendem Atem und zitternden Muskeln lehnte er seinen verschwitzten Rücken gegen das Bettgestell der hochgeklappten Pritsche, gönnte sich kurz einige Minuten Pause und machte dann weiter mit seinen Kraftübungen. Zum Abschluss rundete er das Ganze mit noch einigen weiteren Dehnübungen und einem perfekten Handstand ab, den er mehrere Minuten lang hielt. Weniger wegen seinem Geschick, sondern vielmehr wegen seiner puren Körperspannung die er als Eiskunstläufer natürlich hatte. Der Abend hätte so schön sein können. Er der zufrieden das Gym verließ, seine Sporttasche schnappte und nach Hause zu einer richtig schön heißen Dusche ging. Stattdessen klappte er die Pritsche wieder herunter, richtete einigermaßen das Bett und legte sich dann müde und ausgepowert hin. Leider war sein Körper müde, sein Geist aber hielt ihn wach. Stunde um Stunde kreisten seine Gedanken darum, was wohl in dem ärztlichen Bericht gestanden hatte.



Auch Ohlsen hatte eine schlaflose Nacht hinter sich. Nachdem er seine Tochter Larissa ins Bett geschickt hatte, nicht ohne vorher eine ordentliche Diskussion zu führen- sie hatte mittlerweile herausgefunden das er in dem Fall Roxana W. auch ihren Lieblings Star verhörte- hatte er sich nach draußen auf die Terrasse gesetzt. Mit einem Bier in der Hand. Die Außenbeleuchtung spendete ausreichend Licht und die Terrasse war nach drei Seiten hin geschützt, sodass man jetzt Ende Oktober noch draußen sitzen konnte. Nachdenklich blätterte er in dem ärztlichen Bericht herum. Ihm wollte der Blick des Jungens einfach nicht aus dem Kopf gehen. Natürlich hatte er bemerkt, wie Davis bei der Bemerkung das es um seine Unterlagen ging, für den Bruchteil einer Sekunde sämtliche Gesichtszüge entgleist waren. Der Augenblick war schnell vorbei und der Junge hatte sich die restliche Zeit bemerkenswert gut im Griff. Dennoch wusste er, was er gesehen hatte. Dabei gab es in der Akte nichts Auffälliges zu berichten. Davis wurde auf dem Eis als absolutes Talent und brillant beschrieben, seine körperliche Kondition war ausgezeichnet und bis auf ein paar Verletzungen in seiner früheren Jungend, von einem Beinbruch zu einer Bänderzerrung gab es nichts Besonderes. Ins Auge stach ihm nur ein kleiner Vermerk, mehr ein Nebensatz das der Sportarzt Davis Antidepressiva verschrieben hatte. Er runzelte die Stirn und trank einen tiefen Schluck von seinem Bier. Es war mehr eine kleine Randnotiz und so unbedeutend, dass es ihm gerade daher von großer Bedeutung erschien. Er warf einen Blick auf die Uhr und stellte fest das es schon elf war, den Arzt konnte er also vergessen zu befragen. Aber hatte Davis nicht eine Schwester? Tatsächlich, sie wohnte nicht weit von ihm entfernt und obwohl er schon ein Bier getrunken hatte und es reichlich spät war, entschied er zu ihr zu fahren.

STARDUST - 365 Tage mit dirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt