Das 24-8 leuchtete in grellen Neonfarben. Fluoreszierende kühle blau und Violetttöne schienen durch die Fenster, während der Eingang in ein feuriges Himmelrot getaucht war und die dahinterliegende Dunkelheit wie das Tor zur Hölle wirken ließ. Dichter Kunstnebel quoll in einem stetigen Strom aus dem inneren des Eingangs und hüllte alle hineingehenden und herauskommenden Besucher in dichte Schwaden. Künstliche Spinnenweben hingen von der Decke in denen lebensechte Nachbildungen von Spinnen verfangen waren. Skelette flankierten die Eingangspforte und wirkten neben den ernst dastehenden und in schwarz gekleideten Türstehern noch absurder. Es roch nach Tabak, Alkohol und Lakritze. „Da haben sie sich aber alle Mühe gegeben." Olivia stand frierend neben ihrer besten Freundin in der langen Schlange drängelnder Besucher und wünschte sich sie hätte eine Jacke mitgenommen. Doch das hatte ihre Freundin ihr strikt verweigert. Ruiniert dein Outfit hatte sie gemeint und mit dem typischen -Schönheit muss leiden- Slogan gerechtfertigt. Nun standen sie seit weit über eine Stunde in der eisigen Halloweennacht, einzig der Kontakt der anderen Körper machte es ihr erträglicher. Die Schlange bewegte sich nur quälend voran, da viele der Partybesucher bereits zu betrunken waren, um ihren Ausweis vorzuzeigen. „Ich dachte dein Freund leitet den Club?" Nörgelte Olivia, die eigentlich überhaupt nicht nörgeln wollte, sich aber auch weit schöneres vorstellen konnte als Halloween in einer Schlange von maskierten Teenagern zu verbringen. „Ja, ich weiß auch nicht, er meinte nur das er noch was im Club drinnen zu erledigen hat, und dann zu uns kommt." Sie zuckte entschuldigend mit den Achseln. Ihr Handy summte erneut und sie warf einen Blick darauf. „Oh." Ihre Augen weiteten sich. „Was ist denn?" Wollte Olivia ungeduldig wissen die nun den Eindruck hatte, als ob sich die Schlange überhaupt nicht mehr bewegen würde. „Er schreibt das es im inneren des Clubs eine Schlägerei gab und sie daher einen Einlassstopp gemacht haben. Sie haben die Polizei gerufen." Na super. Also hatte sie ihr Eindruck doch nicht getäuscht. Sie verdrehte die Augen. „Wollen wir nicht lieber gehen, wir können auch wo anders noch feiern?" Ihre Frage war mehr als halbherzig gemeint da sie die Antwort schon ahnte. „Auf keinen Fall. Ich will ihn dir doch vorstellen. Er ist ein toller Typ, du wirst schon sehen." Ein Türsteher bahnte sich seinen Weg durch die Menschen. Er blickte dabei immer wieder auf ein Foto auf seinem Handy und verglich einzelne Gesichter in der Menge mit ihnen. Schließlich blieb er vor den beiden Mädchen stehen. „Rebecca und Olivia?" Die beiden Mädchen nickten. Der Mann musterte sie kurz und nickte ihnen dann zu. „Louis schickt mich." Rebecca warf ihrer Freundin einen stolzen hab- Ichs- dir-doch- gesagt Blick zu und trat aus der Schlange. Olivia folgte den beiden wobei sie darauf achtete mit ihren Flügeln nicht allzu oft gegen andere zu stoßen. Das erbärmlich kurze Kleid rutschte ihr dabei immer wieder beinahe bis zum Hintern hoch. Ihre Freundin war so begeistert von der Idee gewesen das sie sie nicht hatte umstimmen können, und deshalb waren sie nun beide gekleidet in ein schwarzes verführerisches Engelskostüm mit einem Teufelshorn auf der Stirn. Rebeccas Kleid hatte dabei einen weiten Ausschnitt, der ihr beinahe bis zum Bauchnabel ging. Was ist Brüste besonders gut zur Geltung brachte und das wusste diese natürlich auch. Olivia die da weit weniger vorzuweisen hatte, hatte ihre langen Haare ausnahmsweise mal zu einer aufwendigen Frisur hochgesteckt, was ihren langen schlanken Hals umso besser zur Geltung brachte. Sie liefen hinter dem Türsteher her, der mit seinen hammerähnlichen Fäusten und seinem prächtigen Kreuz offensichtlich härtere Körperliche Arbeiten gewohnt war als zwei Mädchen den Club zu weisen. Als sie ihre Ausweise vorzeigten und hinab in eine abstrakte Welt aus verzerrten Fratzen und dröhnender Musik tauchte, sah sie aus dem Augenwinkel zwei Polizisten, die den Club verließen und in einen geparkten Streifenwagen stiegen. „Komm wir suchen Louis und bedanken uns bei ihm." Schrie ihre Freundin, um den Lärm der Musik zu übertönen und nahm sie an der Hand. Die wahren Ausmaße des Clubs blieben ihr verborgen. Sie nahm nur mehrere verwinkelte Räume frei die den Blick auf tanzende Körper freigaben. Sie sah sich von Göttern, Teufeln und schwingenden Untoten umgeben. Ein Typ mit einem Messer, das ihm im Schädel steckte, trat aus einem der Räume heraus. Blut strömte über sein Gesicht und seine Arme. In der einen Hand hielt er einen blutroten Cocktail auf dessen Oberfläche eine schleimige Masse war, die sie auf den ersten Blick für kringelnde Würmer hielt. Es war ekelerregend und im ersten Moment blieb ihr Herz vor Schreck stehen als sie das Messer und als das Blut sah. Doch dann lachte ihre Freundin bewundernd und nach der Situation ihre Schrecklichkeit. „Cooles Kostüm." Rief sie und der Typ zwinkerte ihnen zu. „Ihr seht echt scharf aus." Rief er ihr entgegen." „Danke." Sie blieb nicht stehen, um weitere Konversation mit diesem Untoten zu führen, sondern zog ihre Freundin weiter. Erst als ihr Blick durch die dichte Nebeldecke nach oben fiel, bemerkte sie das es eine weitere Etage gab. Gesichter und tanzende Körper tauchten hin und wieder durch die wogende Wolkendecke auf und verstärkten die Illusion eines Ortes, an dem es weder Zeit noch Raum noch oben oder unten gab. Ihr wurde schwindlig und das einsetzende Dröhnen der Musik wummerte ihr durch den gesamten Körper. „Komm, dein Freund ist bestimmt oben", sie drehte sich ihrer Freundin zu, die auf einmal einen Joint in der Hand hielt. „Wo hast du denn Den her?" Olivia war entsetzt. Rebecca zuckte mit den Schultern und zog mehrmals kräftig am Joint. „Ist doch egal, oder? Rauchen ist im Club erlaubt." Sie grinste erheitert und hielt ihn ihrer Freundin hin. „Nein Danke." Olivia wehrte ihr so energisch ab das es ihr einen befremdeten Blick zweier Typen einbrachte, die eben von der Bar wegtraten. „Lass uns erst was zu trinken holen." Ihre Freundin zog sie mit zur Theke, wo sie beide einen blutrünstigen Halloween Spezial bestellten. Schwarzer Sirup war am Boden des Glases und ging in einen feurigen Rotton über. „Kirsche, Cranberry Wodka." Rief ihr Rebecca entgegen und tippte auf eine Getränkekarte, die eigens für diesen Abend entworfen worden war. „Hmm." Olivia nahm einen Schluck und stellte überrascht fest das die Mischung aus den Beeren und der Lakritze gut schmeckte. Anders als gewohnt, aber trotzdem gut. „Ich glaube dein Freund ist oben." Diesmal nahm Olivia Rebecca an der Hand und zerrte sie mit sich, wobei diese mit ihren Flügeln beinahe einem Typen seine Harry Potter Brille von der Nase fegte. Seine mürrische Beschwerde ging im allgemeinen Partylärm über. Sie fanden eine schmale Wendeltreppe, die nach oben führte und im alkoholisierten Zustand sicher für den ein oder anderen ein Hindernis darstellen würde. Ein breitschultriger Mann versperrte ihnen den Weg und ließ sie erst durch als Rebecca versicherte Louis würde auf sie warten. Etwas in seinem Blick veränderte sich und er musterte sie so offensichtlich als würde er mit seinen gierigen Augen sie förmlich verschlingen wollen. Olivia wurde brennend heiß, als sie die Augen des Mannes auf sich spürte. Das kurze und äußerst enge Kleid ließ dabei nur wenig Platz für Fantasie. In den Loungen des Clubs war es nur unmerklich ruhiger. Die brüllenden Hiphopbeats verschwanden unter der Wolkendecke und gingen über in sexuellere ästhetischere Klänge. Breite Ledersofas standen in kleinen Grüppchen herum. Eiserne Stangen, die zwischen den Tischen standen, waren oben an der Decke verankert. Leicht Bekleidete Frauen räkelten sich daran herum, zu ihren Füßen Männer, die sie anstarrten. „Was für eine Art Club ist das?" Zischte Olivia und stieß ihrer Freundin die Finger in die Seiten, doch diese quiekte nur auf und wandte sich aufgeregt zu ihr um. „Das ist er." Olivia folgte dem ausgestreckten Finger ihrer Freundin, der auf vier junge Männer alle Ende zwanzig rum waren und im Gegensatz zu den Clubbesucher nicht verkleidet waren. Sie trugen dunkle Anzüge und schwarze Brillen, sie drehten sich um als sie die Mädchen bemerkten. Einer der Männer löste sich aus der Gruppe und trat auf sie zu. Louis war ein gutaussehender Südländer, den sie auch 30 schätzte, mit schwarzen glatt zurückgegelten Haaren. Der Blick aus seinen dunklen Augen hatte etwas stechendes. „Du musst Rebeccas Freundin sein." Er legte einen Arm um die Schulter ihrer Freundin und reichte ihr förmlich die Hand. Olivia ergriff sie und schüttelte sie. „Trinkt was mit uns. Und dann tanzt mit uns." Er lud sie zu einer Tischgruppe ein. „Danke." Sie musterte ihn skeptisch, sagte aber nichts da sie ihrer Freundin nicht die Stimmung verderben wollte. Rebecca saß bald schon eng an Louis geschmiegt, der viele Alkohol lockerte die Stimmung verzerrte ihre Wahrnehmung, doch ihr entging der stechende Blick nicht mit dem die anderen Typen sie musterten. „Was?" Fragte sie schließlich scharf. Einer von ihnen zuckte mit den Schultern und nahm seine Sonnenbrille, ab die er trotz der Dunkelheit trug, über dem Kragen seines Hemdes war ein brüllender Löwe zu sehen. „Du siehst gut, tanz doch mal für uns." Sie starrte ihn wortlos an und erhob sich zum Gehen. Rebecca schien das falsch verstanden zu haben, denn sie sprang begeistert und sichtlich angetrunken auf. „Komm wir tanzen." Sie lachte ausgelassen und griff nach der Stange wobei sie sich so weit nach vorne beugte das ihre Brüste beinahe aus dem BH fielen, die Männer lehnten sich interessiert zurück und Louis lächelte. Ein Lächeln wie eines Raubtieres das auf dem Sprung seiner Beute war. „Meine Frau muss nicht an der Stange tanzen." Er stand auf und zog Rebecca an sich. Diese taumelte etwas ungeschickt an seine breite Brust. Er strich ihr die langen roten Haare zur Seite und murmelte etwas in ihr Ohr, wobei er ihren Hals mit kleinen Küssen bedeckte. „Ich bin gleich wieder da." Rief Rebecca ihr entgegen und Olivia konnte sie nur fassungslos anstarrten. „Ey du willst doch jetzt nicht ernsthaft mit dem Typen mitgehen?" „Warum nicht?" Ihre Freundin sah sie ehrlich erstaunt an. Du kannst ja mitkommen, wenn du willst." Sie lachte ausgelassen und legte Louis den Arm um die Taille. „Nein danke, ich warte unten auf der Tanzfläche." Entgegnete Olivia sauer und trat, die Männer ignorierend, an ihnen vorbei. Noch in dem Moment, als sie sah, wie ihre Freundin mit Louis mitging und die Türen des Zimmers sich hinter ihnen schlossen bereute sie ihren Entschluss bereits. Sie wollte umkehren doch ein Sicherheitsmann versperrte ihr den Weg. „Geschlossene Gesellschaft." „Aber meine Freundin ist da drin. Und ich war da auch drin." Protestierte Olivia und zeigte auf die verschlossene Tür. „So? Jetzt bist du es aber nicht mehr." Der Wachmann grinste mit glasigem Blick gierig an. „Dann wird sie deine Hilfe ganz sicher nicht benötigen. Ich schicke sie zu dir runter, wenn sie fertig ist." Mit diesen Worten trat er vor und versetzte ihr, vermutlich absichtlich, einen leichten Stoß, sodass das angetrunkene Mädchen gegen das Treppengeländer taumelte und sich die Hüfte stieß. Da sie es nicht gewohnt war mit hohen Absätzen im nüchtern nicht und im alkoholisierten Zustand schon gar nicht, verlor sie den Halt und fiel. Olivia schlug sich das Knie auf und spürte, wie warmes Blut durch ihre Strumpfhose ihr Bein entlang sickerte. Doch sie war viel zu sauer und eingeschüchtert von der Gewaltbereitschaft des Mannes, als das sie protestiert hätte. Innerlich schickte sie ein Hoffnungsgebet, das ihrer Freundin nichts zustieße und taumelte mit zusammengebissenen Zähnen und schmerzendem Knie die Treppe hinunter. Wobei sie beinahe nochmal fiel, als sich ihr Absatz in einer Metallstrebe verkantete. Da Olivia vom Feiern endgültig die Nase voll hatte, aber auch nicht den Club verlassen wollte setzte sie sich auf den einzigen freien Platz in der Bar, bestellte einen alkoholfreien Cocktail und schloss die Augen.
„Können wir gehen?" Ein heftiges Rütteln weckte sie so plötzlich, dass sie den Halt verlor und beinahe vom Stuhl gestürzt wäre, wenn ihre Freundin nicht neben ihr gestanden hätte. „Bin isch etwa einscheschlafen?" Nuschelte sie, Haare im Mund. Ihre Frisur hatte sich gelöst und fiel ihr nun offen und zerzaust über die Schultern. „Wie spät ist es?" So langsam wurde sie wach und wünschte sich sofort den schmerzfreien Schlaf zurück, ihr Kopf dröhnte von dem vielen Alkohol und ihr Knie meldete sich mit einem heftigen Pochen zu Wort. Sie war so mit sich selbst beschäftigt das sie nicht bemerkte in welchem Zustand ihre Freundin war. „Himmel, alles in Ordnung mit dir?" Getrocknete Bahnen dunkler Wimpertusche waren auf der Wangen ihrer Freundin verlaufen und sie hatte einen Großteil ihrer künstlichen Wimpern verloren, ihr Makeup war komplett verschmiert und am Hals hatte sie blaue Flecken. „Was hat er mit dir gemacht?" Mit einem Schlag war sie hellwach und wütend. „Bec wir gehen sofort zur Polizei." Sie ergriff den Arm ihrer Freundin und nahm erst jetzt die Stille wahr, die Musik war verstummt und die Deckenlichter angeschaltet. Ihre Freundin wehrte sich energisch. „Herrgott Olivia sei doch nicht immer so prüde. Guter Sex tut eben weh." Sie starrte Rebecca fassungslos an. „Das hast du jetzt nicht wirklich gesagt, oder?" „Weißt du was Bec, hab Spaß mit deinem Louis ich geh jetzt nachhause und schlaf mich aus, nachdem ich die halbe Nacht auf dich gewartet habe." Ohne auf eine Antwort zu warten, stürmte sie verletzt und enttäuscht, so gut es ihr verletztes Bein zuließ, aus dem Club. „Scheiß Halloween." Dachte sie und wischte sich die Tränen aus den Augen, während sie im Morgengrauen nachhause lief.
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STARDUST - 365 Tage mit dir
Misteri / ThrillerEigentlich läuft in Davis Leben alles perfekt. Er ist auf dem Höhepunkt seiner Eiskunstlaufkarriere, die Presse liebt ihn und Olympia scheint zum greifen nah. Wäre da nicht diese eine verhängnisvolle Partynacht bei der ein Mädchen verschwindet. Sie...