„Nicht schlecht. Nur das linke Bein etwas höher heben und den Rücken mehr durchstrecken. Achte auch auf den Winkel deiner Arme." Davis gähnte unterdrückt, während er mit den Händen in den Hüften gestützt an der Bande lehnte und eine schlanke Blondine beobachtete, deren Namen er schon längst wieder vergessen hatte. „Mach ich." Rief sie eifrig zurück und drehte noch eine Runde. Sein Blick glitt weiter zu den anderen Mädchen, während er Schwierigkeiten hatte sich zu fokussieren. Es schien, als würden nicht nur sie sich im Kreis drehen, sondern die gesamte Welt. Ihm war so Schwindling das er sich an der Bande abstützen musste und für einen Moment den Augen schloss. „Alles in Ordnung?" Riss ihn da eine unbekannte Stimme aus seinen Gedanken. Er seufzte stumm, versuchte nicht allzu gereizt zu wirken und setzte ein schwaches Lächeln auf, das den Schatten unter seinen Augen keine Lügen strafen konnte. „Ja danke Anni, ich habe nur kurz nachgedacht." „Achso." Sie sah ihn bewundernd an. Ihre kurz geschnittenen Haare waren mit viel Gel nach hinten gehalten und auf ihren Wangen tummelten sich ein paar blasse Sommersprossen. „Zeigst du mir wie man rückwärtsfährt?" Bat sie ihn und streckte die Hände nach ihm aus. „Ja klar." Er rang sich ein weiteres lächeln ab und fuhr, ohne ihre Hand zu ergreifen, mit ihr auf die Mitte der Eisfläche, erst da nahm er sie. „Es geht eigentlich ganz leicht, du drehst die Spitze der Kufen so", er drehte sie schräg nach hinten", und setzt dann ein Bein um das anderes Wellenförmig nach hinten. Elegant drehte er eine Runde um sie herum um ihr die Technik zu demonstrieren und kam dann vor ihr zum Stehen. „Bei dir sieht das so einfach aus." Sie verdrehte die Augen. „Ich habe ja auch viel Übung", gab er zurück und hob eine Schulter hoch. „Komm wir probieren es mal." Er stellte sich vor sie und schob sein Bein nach hinten. „Wie lange fährst du schon?" Während sie sich ungelenk bewegten stellte sie ihm einige Fragen, mehrmals strauchelte sie dabei und Davis musste ihr mit seinem absolut übermüdeten Gehirn nicht nur antworten, sondern sie beide etliche Male vom Fallen abhalten. Also wenn es immer noch Leute gab die behaupteten Männer könnten kein Multitasking. Die aktuelle Menge an Dingen, die sein armes Gehirn bewältigen musste, war enorm und glich Quantenphysik. Laufen, Denken, Reden. Auf sich selbst aufpassen und andere coachen. „Seit ich denken kann." „Hast du jemals darüber nachgedacht etwas anderes zu tun? Studieren zu gehen zum Beispiel?" Ihre Frage versetzte ihm einen Stich und für einen Moment war er abgelenkt. Ihr Knie rammte unabsichtlich von hinten seine Kniekehle und bevor sie sich versahen, lagen sie beide auf dem Eis. Er stützte sich reflexartig ab und verhinderte, so dass sie beide mit dem Köpfen aufschlugen. „Tut mir leid, hast du dir weh getan?" Anni rappelte sich besorgt auf. „Wäre schlecht für deine Karriere, wenn du wegen mir ein Bein brichst." Es tut mir so so leid." Beteuerte sie beinahe panisch und war unter ihren Sommersprossen ganz blass geworden. Davis lachte auf. „Keine Sorge, Stürze gehören dazu, das war nicht das erste Mal und es wird auch nicht das letzte Mal sein. „Aber vielleicht sollten wir eine Pause machen. Willst du einen heißen Kakao oder Kaffee trinken?" „Ja gern." Sichtlich beruhigt nickte sie und lächelte sogar schon etwas. Sie liefen gemeinsam zum Ausgang. Diesmal hielt er ihren Arm. Sicherheitshalber. „Wenn ich das meinen Freundinnen erzähle das ich DEN Eiskunststar Davis Baker zu Fall gebracht habe." Sie kicherte. „Ich bin sicher, dass jeder doch absolut gerne stürzt." Erwiderte Davis ironisch und stieß einen schrillen Pfiff aus. „Wir machen kurz eine Pause!" Rief er den anderen Mädchen zu. Kurz darauf saßen dreizehn Mädchen, einige Eltern, seine Managerin und ein paar Kameraleute vom örtlichen TV-Sender, der das Gewinnspiel veranstaltet hatte, auf der Zuschauertribüne und tranken ein Heißgetränk. Davis nahm ein ihm angebotenes Mikrofon dankend entgegen. Seine Stimme klang heiser und wesentlich rauer als sonst. Den Kater dem Blake ihn prophezeit hatte, verspürte er nun mit voller Breitseite und er gab sich alle Mühe professionell und dabei freundlich zu bleiben, mit den Mädchen zu witzeln, ihnen das Fahren beizubringen, wenn doch er sich gleichzeitig am liebsten in seinem Bett verkriechen würden. Doch seine Mutter und sein Managerteam hatte ihm unmissverständlich klargemacht, dass es nicht nur reichte gut fahren zu können, er musste sich auch gut verkaufen und seinen Fans, zumindest gelegentlich seine Aufmerksamkeit schenken. Davis der von Natur aus eher der ruhige nachdenkliche Typ war, war die anfängliche Aufmerksamkeit so unangenehm gewesen war, hatte mit Blake sogar ein „Fan Training gemacht" bei denen sie nach Wettkämpfen einfach auf die Zuschauer zugegangen waren und ihnen Autogramme gegeben hatte und Selfies schossen. Blakes offene und heitere Art hatte ihm dabei sehr geholfen. Das Mikrofon gab ein schrilles Rückkopplungspfeifen von sich als er es anschaltete, und er zog eine Grimasse. „So zuerst einmal Danke das so viele von euch bei dem Gewinnspiel mitgemacht haben. Es waren sogar so viele, dass wie erst bei einer zweiten Verlosung die Gewinner ermitteln konnten. Also erstmal Applaus an euch, dass ihr beide Runden mitgemacht habt." Er hob seine Tasse und die anderen taten es ihm nach. „Auf einen tollen Tag!" Riefen sie im Chor und stießen miteinander an. Der heiße Kaffee der Davis Kehle runterrann half ein bisschen den Nebel in seinem Kopf zu lichten. „Wir haben heute Vormittag ja etwas freies Fahren und leichtes Training gemacht, nach der Pause haben wir einige Spiele vorbereitet bei der wir zwei Teams bilden werden, ich werde der Schiedsrichter sein, damit keiner sagen kann das es im benachteiligen Team war", er verzog seine Mundwinkel zu einem schwachen Lächeln", und zum Schluss hin grillen wir noch alle gemeinsam, am kleinen See vor der Halle." Er senkte das Mikrofon und sah sich glücklichen Gesichtern gegenüber. Davis selbst fiel es immer schwerer so zu tun, als sei seine Welt in Ordnung. Er war den restlichen Tag über so beschäftigt das es nicht wahrnahm, wie sein Handy in ununterbrochenen Abständen immer wieder klingelte. Die Spiele wurden mit viel Feuereifer gemacht, die Kameraleute filmten und der Tag neigte sich dem Ende zu. Auch das abschließende Grillen wurde von den anderen gefeiert. Und obwohl es im zutiefst zuwider war, stand er im Zentrum der Aufmerksamkeit. Mitten in dem Trubel wurde ihm plötzlich so übel, dass er sich entschuldigte und rasch auf die Toilette hastete. Dort übergab er sich gleich zwei Mal hintereinander und endlich wurde der ganze Alkohol und die Drogen aus seinem Magen gespült. Er blieb noch endlose Sekunden lang sitzen und wischte sich erschöpft und völlig übermüdet die schweißnasse Stirn ab. Als er taumelnd die Klotür aufstieß und sich am Waschbecken abstützte, kamen ihm erinnerungsfetzen von letzter Nacht wieder hoch. Der Sex. Die Frau die sich in zwei Hälften teilte. Ihm wurde so übel, dass er schon wieder würgen musste, doch natürlich kam nichts heraus. Er drehte den Wasserhahn auf und spritzte sich eiskaltes Wasser entgegen. Erst als ihm jemand ein Handtuch hinhielt, bemerkte er das er nicht alleine war. „Bist du endlich fertig?" Fragte ihn seine Mutter mit einer eisigen Stimme und einem Gesicht, das einer aufgemalten Maske glich. „Mom." Er stöhnte rau auch und schüttelte sich Wassertropfen aus den Haarspitzen. „Ich habe dir gesagt das du nicht auf diese Party gehen sollst." Knallte sie ihm ohne einen Hauch von Mitgefühl entgegen. Kritisch musterte sie ihn, „aber du hast dich den Tag über gut geschlagen, Schauspielen kannst du, das muss ich dir lassen. Allerdings so kannst du nicht rausgehen." Seine Mum zog etwas längliches aus ihrer großen Kosmetiktasche, die sie immer im Auto hatte. Einen Föhn. „Wir müssen uns beeilen, Kacey lenkt draußen die anderen ab, aber bald wird jemand Fragen stellen." Sie steckte den Föhn ein und schaltete ihn an. Die heiße Luft traf unangenehm auf seinen verschwitzten Nacken. „Im der Tasche findest du Fondation und etwas Makeup. Vielleicht findest du ja auch mal raus, wie man es aufträgt und nicht immer nur entfernt." Diese Spitze konnte sie sich nicht verkneifen. Er verdrehte die Augen sagte aber nichts. Während seine Mutter ihm die Haare föhnte, schüttete er Elektrolyten Pulver in eine kleine Wasserflasche und trank das eklige Gebräu in wenigen Zügen aus. Es half sofort. Erst jetzt sah Davis in den Spiegel und zuckte zurück. Der normalerweise leicht olivfarbene Tan, den er den italienischen Vorfahren seiner Mutter zu verdanken hatte, war gänzlich verschwunden und er war superblass. Deutlich sichtbar hoben sich dunkle Schatten unter seinen Augen ab, die das eisige blau nur noch kälter und unnahbarer strahlen ließen. Die Innenseite seiner Lippe pochte heftig, als er mit der Zunge darüberfuhr, spürte er eine Bisswunde, von der er nicht genau wusste, von wem sie stammte. Schweiß und Wasser perlten über sein Gesicht. Er wirkte so ausgezerrt, als würde er gerade einen Entzug durchmachen. Davis trocknete sich das Gesicht und fing an die dunklen Stellen unter seinen Augen zu verdecken. „Hast du irgendwas genommen? Drogen?" Seine Mutter zog gröber als unbedingt nötig an seinem Haar. „Davis du weißt das sich das erstens erheblich auf deine Karriere auswirken kann und zweitens deinen Zustand nur verschlecht..." „Ich weiß um meinen Zustand, vielen Dank Mom." Fauchte er und entriss ihr den Föhn. Sie zuckte zurück. Er stieß mit zusammengebissenen Zähnen hörbar die Luft aus und zählte langsam bis zehn, um sich innerlich zu beruhigen. „Kannst du mir bitte einfach nur helfen?" Bat er sie schließlich. Und seine Mutter, die trotz aller Karriereambitionen doch seine Mutter war, nickte nur reserviert und nahm ihm den Föhn wieder aus der Hand.
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STARDUST - 365 Tage mit dir
Misteri / ThrillerEigentlich läuft in Davis Leben alles perfekt. Er ist auf dem Höhepunkt seiner Eiskunstlaufkarriere, die Presse liebt ihn und Olympia scheint zum greifen nah. Wäre da nicht diese eine verhängnisvolle Partynacht bei der ein Mädchen verschwindet. Sie...