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»Warte, warte, warte.« Ich kann nicht verarbeiten, was er mir da gerade eben gesteckt hat. Alles in mir wehrt sich dagegen, zu akzeptieren, dass es der Wahrheit entspricht. »Das ist ein Scherz, oder?«
Kopfschüttelnd setzt er sich auf den Sessel, der am Fenster des Hotelzimmers steht. Sein Blick ist undurchschaubar und ich weiß überhaupt nicht, was ich gerade denken soll. »Ich habe es auch erst vor ein paar Monaten erfahren und konnte es selbst nicht glauben.« antwortet er. Wer hätte gedacht, dass ich einmal mit Milan in einem Hotelzimmer sitzen würde? Ich muss wirklich verrückt sein, dass ich mich auf dieses Gespräch hier überhaupt einlasse.
»Also sagst du mir gerade ernsthaft, dass du mein verfickter Bruder bist?«, frage ich so laut, dass ich befürchte, die anderen Hotelgäste könnten jedes einzelne Wort hören.
Er nickt. »Ja, Grace. Ich bin dein Bruder und es tut mir unendlich leid, was ich dir damals angetan habe.« Seine Entschuldigung sollte er sich lieber für Aiden aufsparen und nicht für mich.
»Aber wie? Wie ist das überhaupt möglich? Meine Mutter war doch noch total jung, als sie mich bekommen hat. So haben es zumindest meine Großeltern immer gesagt.« Verzweifelt greife ich mir in meine Haare, während ich in diesem beschissenen Hotelzimmer auf und ab laufe. Ich kann das alles überhaupt nicht glauben. Dieser Mann, der Sohn eines Verbrechers, soll mein Bruder sein? Was bedeutet das für mich und Aiden? Und für Emilio?
»Weil deine... unsere Mutter eine andere Identität annehmen musste. Als sie Madrid verlassen hat, war sie gerade 15. Ja, sie hat mich und meinen Bruder mit 15 bekommen. Und als sie dich bekam, müsste sie ungefähr 21 gewesen sein.« Fuck. Das alles klingt für mich so, wie die Story aus einem schlechten Psychothriller, wo der Bösewicht der Geschichte versucht, dass Opfer auf seine Seite zu ziehen. Und trotzdem, ist da dieser klitzekleine Teil in mir, der ihm jedes Wort glaubt.
»Mein Vater hat mir immer erzählt, dass meine Mutter bei unserer Geburt ums Leben gekommen ist. Ich habe mir fast mein ganzes Leben lang die Schuld daran gegeben. Wie ich aber mittlerweile herausgefunden habe, war das alles eine große Lüge. Dein Vater, James. Er hat sie aus dem Krankenhaus geholt und sie gemeinsam mit deinem Großvater nach New York gebracht, um sie vor meinem Vater zu retten. Das hat auch alles super funktioniert, bis zu dem Tag, als mein Vater von eurer Geburt erfahren hat.«
»Eure?«, frage ich verwirrt, während ich den Kopf schief lege.
»Deine. Entschuldigung, ich bin etwas durcheinander. Zwei Jahre später, hat mein Vater sich dazu entschlossen, unsere Mutter zurückzuholen. Er konnte nie damit leben, dass sie ihn so hintergangen hat. Er hat sie in einer Nacht, als sie gerade von der Arbeit auf dem Nach Hause Weg war, entführen lassen. Aus diesem Grund hat dein Vater dich bei deinen Großeltern gelassen. Er wollte sie wiederfinden.« Ich bin mir sicher, dass ich gerade kreidebleich geworden bin. Ich kann einfach nicht mehr klar denken, dass alles ist, wirklich viel zu viel für mich.
