50. Kapitel "Innerer Sturm und pure Wut"

647 44 11
                                    

50. Kapitel

Innerer Sturm und pure Wut

Mayada


"Es ist nicht Dastan. Es ist nicht Dastan!", sagte sie sich innerlich immer wieder, um endlich dieses Gebilde vor ihrem Auge von ihm wegzubekommen. Denn je näher sie dem Thron kamen, wo auch der Geistliche wartete, ähnelte ihr Bräutigam Dastan! Sie presste fest die Augen zusammen und öffnete sie wieder, nur um wieder festzustellen, dass ihre Fantasie sich weiterhin ausmalte, es wäre ihr Krieger. Daher entschied sie sich, nicht mehr zum Bräutigam zu schauen und starrte stur geradeaus während sie sich mit wild klopfendem Herzen darauf konzentrierte, mit Sultan Omar im gleichen Schritt den Imam zu erreichen.


Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten sie das Podest und Sultan Omar stellte sich ein letztes Mal vor Mayada bevor er ihre Hand ihrem Zukünftigen übergeben würde. Er schaute sie bedeutsam an und nickte ihr dann lächelnd und aufmunternd zu, ehe er ihr einen sanften Kuss auf die bedeckte Stirn gab. Dies gab ihr eigenartigerweise das wärmende Gefühl nicht allein zu sein, und sie fühlte sich durch diese kleine Geste geborgen. Ihre Hand zitterte und wurde von der großen und warmen Hand ihres Bräutigams entgegen genommen. Sie bekam kaum mit, wie Sultan Omar sich von ihr entfernte und aus ihrem Blickwinkel verschwand. 

Der Imam sprach über die Ehe und die Rechte und Pflichten, die damit verbunden wären. Dem folgte eine Rede über die Großzügigkeit und Güte des Allmächtigen womit er sagen wollte, dass auch der Sultan ein Mensch unter dem Himmelszelt ist, der auf Gott vertrauen muss und seinen Geboten und Verboten folgen muss. Mayada verstand aus dieser Rede, dass sich das Volk einen guten Sultan wünscht, den wünschte sie sich von ihrem Ehemann auch, dessen Antlitz sie nicht mehr angeschaut hatte, um nicht wieder in einem Wunschdenken gefangen zu sein. 

Sie zuckte unmerklich zusammen als der Bräutigam ihre Hand nahm und sie hoch zog um ihr ihren Ring anzustecken. Doch sie merkte, dass er zögerte und sie hob langsam ihren Blick um in sein Gesicht zu schauen. Der Schleier funkelte vor ihren Augen und wieder einmal sah sie Dastans Gesicht vor sich. Sein Gesicht war sauber rasiert und er wirkte etwas blass auf sie. Seine Augen schienen sie flehend und sogar etwas ängstlich anzuschauen, doch damit konnte sie sich jetzt nicht beschäftigen. Denn unbändige Wut erfasste sie, dass sie versucht war, ihm ihre Hand wegzuziehen. Doch ihr Bräutigam hielt sie fest und zog die Augenbrauen zusammen. 

Mayadas Herz raste und sie bekam kaum noch Luft. Sie musste Sultan Omar informieren, dass Dastan ein Krieger war, aber doch kein Sultan. Wie hatte es dieser Schuft geschafft, sich als der verloren geglaubte Sultan zu verkleiden? Sie suchte mit ihren Augen Sultan Omar aber konnte ihn nicht entdecken, da er vermutlich hinter ihr irgendwo saß. Dann vernahm sie die Stimme, die sie überall wiedererkennen würde. 

"Vertrau dem was Onkel Omar dir gesagt hat. Ich werde dir später alles erklären.", sein Blick war eindringlich und eine gewisse Härte lag auf seinen Zügen. 

Da erinnerte sie sich wieder an die Worte Sultan Omars und obwohl sie Dastan lieber den Kopf abgerissen hätte, verhielt sie sich ruhig und sah zu wie er ihr den Ring ansteckte. Doch die Wut kochte in ihr und nahm ihr die Luft zum Atmen. Sie sah regelrecht rot und würde ihm, sobald sie allein waren, gehörig eins runterhauen. 

Ein letztes Gebet wurde gesprochen, welches die Anwesenden mit einem Amen bestätigten. Somit war Mayada nun verheiratet. Verheiratet mit Dastan. Obwohl sie doch eigentlich glücklich über diese Fügung sein müsste, konnte sie kaum ihre Wut zügeln. Sie wurden auf ihre Plätze gebracht und Mayada setzte sich lautlos neben Dastan. Sie bemerkte, dass er sie anschaute und darauf wartete, dass sie ihn ansah, doch sie ließ ihr Haupt stolz erhoben und würdigte ihn keines Blickes. 

"Ich bring dich um!", wiederholte sie murmelnd immer wieder. 

Dastan lachte neben ihr und Mayada war kurz davor, ihm vor allen Leuten an die Gurgel zu springen. Eins nach dem anderen kamen Hochzeitsgäste und gratulierten dem Paar. Mayada war gezwungen Ruhe zu bewahren, und sie wunderte sich selbst über ihre Selbstkontrolle. 

"Warte bis wir allein sind, du Hornochse. Dann wird dir das Lachen schnell vergehen!", dachte sich Mayada und konnte kaum erwarten, mit ihm endlich allein zu sein.


Stunden später nach der Feier 


Mayada wurde von den Zofen in das Schlafgemach des "neuen" Sultans gebracht und man zog sie um. Sie zitterte immer noch vor Wut, dass die Zofen glauben mussten, dass es die Angst und die Nervösität vor der ersten Nacht wäre. Dies brachte ihr diesen Gedanken erst jetzt, denn sie hatte keinen Sekunde daran gedacht, dass sie nun mit ihm das Bett teilen musste. Es machte ihr jedoch keine Angst, denn ihr kam jetzt wieder in den Sinn, dass ausgerechnet Dastan höchstwahrscheinlich bereits morgen anfangen würde, sein persönliches Harem zu füllen. Und Mayada wusste bereits wer die erste Frau sein würde, die nach Mayada dort einziehen würde. Diese dunkelhaarige Schönheit, die sie im Haus seines Onkels gesehen hatte und die unverkennbar seine "erste" Frau war. 

Die Nummer zwei zu sein verletzte Mayada zunächst, doch die Wut steigerte sich sogar bei dem Gedankengang noch mehr. Kaum zu glauben, dass sie nicht vor allen Zofen hier platzte. Sie glaubte, dass sie es jedoch nicht mehr lange aushalten würde. Zu ihrem Glück waren die Zofen bald fertig und zogen ihr auch den Turban vom Kopf um ihre Haare zu lockern und offen um ihre Schultern zu legen. Sie hatte ein viel leichteres Gewand an als zuvor und die Kette um ihren Hals hatte man nicht abgelegt. Sie schaute weder auf das was sie nun trug, noch auf in ihr Spiegelbild. Endlich verließen die Zofen sie nach getaner Arbeit und ließen sie mit ihrer Wut allein. 

Überall brannten Kerzen und es wirkte romantisch, doch Mayada wartete auf das Erscheinen Dastans. Sie stand vor dem Fenster und starrte in den Garten hinaus. Neben ihr standen auf einem kleinen Tisch eine Vase mit duftenden Rosen und Kerzen, aber Mayada zitterte so sehr, dass sie ihre Hände an ihr dünnes Kleid klammerte. 

Dann endlich war es soweit und Dastan betrat das Zimmer. Kaum hatte er die Tür geschlossen, schoß die Vase , die noch eben auf dem Tisch stand, sehr nah an seinem Kopf vorbei und zerschellte mit einem lauten Knall an der Tür. Dastan duckte sich und wischte sich das Blumenwasser aus dem Gesicht als er wieder Aufrecht stand und sich suchend herumwandte. Doch wieder musste er sich bücken, denn nun flogen auch noch Kerzen samt Kerzenhalter auf ihn. 

"Mayada, was soll das?! Hör sofort auf! Lass es mich erklären!"

Wieder zerschellte ein gläserner Kerzenhalter sehr nah bei ihm. 

"Was willst du erklären, du Mistkerl?! Dass du alle mit deiner Verkleidung reingelegt hast? Oder willst du mir wirklich weiß machen, dass du wirklich der verschollene Sohn meines Onkels bist?!"

Erneut flog mit einem Gekreische Mayadas ein Mobiliar auf Dastan zu. Diesmal war es sogar ein Stuhl und Dastan sah sie ungläubig an. 

"Du bist ja verrückt geworden. Hör auf das Zimmer zu zerlegen und lass uns vernünftig miteinander reden!", flehte Dastan und versuchte sich Mayada zu nähern. 

Mayada ließ es aber nicht zu, und bewarf ihn weiter mit allem, was sie in die Finger bekam. Die Laute, die bei diesem Kampf entstanden, waren sicher im ganzen Palast zu hören, doch Mayada war es egal. Niemand würde sich trauen, die Zimmer zu betreten, außer Dastan oder Mayada würde nach den Wachen rufen. 



Schicksalhafte RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt