12. Kapitel

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12.

Dastan

Verwirrt sah Dastan zum brennenden Haus. Ihr Vater in diesem brennenden Haus? War wirklich noch jemand im Gebäude? Unsicher ob sie nun die Wahrheit sprach hockte er zögerlich neben ihr. Seine Augen wanderten zwischen ihr und dem Haus umher. Die Chance, dass noch irgendjemand in dem Haus war, war geschwindend gering. Zumindest jemand lebendiges. Ohne groß nach nachzudenken, begann er über den Kopf der Dame zu streicheln. Beruhigend sollte er klingen aber es gelang ihm nicht ganz so recht. Bei seiner Ausbildung wurde er hart trainiert und es ging nur darum, einen Befehl auszuführen und alles drumherum nicht zu hinterfragen.

Mit leiser Stimme sprach er zu ihr. "Ruht Euch aus, im Haus ist niemand mehr. Schlaft ein wenig. Ich bringe Euch von hier fort."

Als die Dame mit ihrer Untersuchung fertig war, hob Dastan sie langsam hoch. Aus Angst ihr weh zu tun, geschah dies vorsichtiger als üblich.
Festen Schrittes entfernte er sich mit ihr von dem brennendem Gebäude und begab sich zu seiner Unterkunft. Nobel war sie nicht, eher für den äußerst kleinen Geldbeutel gedacht. Für das erste musste sie aber reichen. Dastan beschloss die Suche nach der Prinzessin für heute Ruhen zu lassen. Das Leben dieser Frau zu retten, erschien ihm aus unerklärlichen Grunde wichtiger. Ihr Gesicht war immer noch stark verrust, so beschloss er ihr daheim eine Schale mit Wasser neben dem Bett abzustellen.

Ein langer Weg war es bis seiner Unterkunft. Doch das Gefühl jemanden gerettet zu haben ermutigte ihn und holte ungeahnte Kräfte hervor. Endlich erreichte er seine Herberge. Ohne ein Wort ging durch die Gänge hinauf in sein Zimmer. Behutsam legte Dastan sie auf sein Bett und holte eine Schale Wasser sowie ein Becher gefüllt mit Wasser.

"Trinkt noch etwas, es wird Euch gut tun." So setzte er den Becher wieder an ihren Lippen an. Zugleich griff er nach einem Fetzen Stoff und tauchte diesen ins Wasser ein. Sanft tupfte er über ihre Stirn und versuchte auf diese Weise den Ruß zu entfernen. Zumindest so lange, bis sie wieder selber dazu in der Lage war.

Dorfbewohner

Das Feuer brannte immer noch lichterloh und vielen rann der Schweiß in Bächen über die verrußten Gesichter. Erschöpft schöpften sie weiter Wasser und versuchten, die anstehenden Häuser zu schützen. Sie brüllten verzweifelt immer wieder nach mehr Wasser und versuchten das Feuer zu löschen. Nach gefühlten Stunden erschien es, als ob es langsam unter Kontrolle wäre.

Inzwischen waren auch Gertraude und Walter benachrichtigt worden, sodass sie angsterfüllt nach Mayada suchten. 

"Habt ihr eine rothaarige junge Frau raus kommen sehen?!"

Einige schüttelten den Kopf und Gertraude hatte schon längst angefangen zu weinen. In der kurzen Zeit hatte sie Maya längst ins Herz geschlossen und liebte sie wie eine Tochter. Walter kam auf sie zugerannt, nachdem auch er sich umgehört hatte und nahm seine Gertraude in den Arm. Tröstend strich er über ihren Rücken und wiederholte immer wieder "Mayada lebt, sie hat es raus geschafft.  Mayada lebt mein Schatz. Beruhige dich...".

Irgendwann hatte Gertraude seine Worte wirklich verstanden, sie seufzte erleichtert und betete dankbar. Sie drückte sich näher an Walter und schaute zu ihrem brennenden Heim. Fast alles hatten sie nun verloren. Zum Glück hatten sie die Schänke noch und es war noch fraglich,  ob sie die Herberge wieder aufbauen würden. Im Moment zählte nur, dass niemand zu Schaden gekommen war.

Walter hatte den Dorfbewohnern bereits laut mitgeteilt, dass niemand sonst im Haus war und half auch sein brennendes Heim zu löschen. Gertraude suchte derweil nach Mayada und rief immer wieder ihren Namen.

Agatha

Während sie der rothaarigen Frau lauschte tasteten ihre Hände sie leicht ab. Konnten aber keine offensichtlichen Verletzungen entdecken. Der Husten war ihr aufgefallen, was ja auch bei dem Rauch zu erwarten war. Nach einigen Tagen würde sie sich erholt haben, dachte sie sich und schaute dann zum brennenden Haus, als sie hörte, dass noch jemand in dem brennenden Gebäude sein sollte.

Was sollte sie tun? Sie brauchte das Vertrauen dieser Frau um ihren Plan durchsetzen zu können also sagte sie dem Mann neben ihr, der ihr fremdländisch erschien, er möge sie aus der Kälte bringen, während sie sich umhören wollte ob wirklich Jemand im Haus war.

Nachdem die Verletzte weggetragen wurde, wandte sich Agatha zum Haus und schaute hoch zu den Flammen. Sie schaute sich um aber niemand schrie, dass da noch jemand wäre. Sie wollte nur bis zur Haustür, sie öffnen und schauen ob jemand im Flur lag. Natürlich würde sie sich hüten, in diese Hölle hineinzugehen. Sie hatte nicht mitbekommen, dass Walter gesagt hatte, dass niemand mehr im Haus war.

An der Tür angelangt hörte sie das rauschende Geräusch der Flammen. So trügerisch als wäre es Wasser, aber die Hitze bewies das Gegenteil. Sie holte tief Luft und öffnete vorsichtig die Tür. Sie sah das Feuer in allen erdenklich warmen Tönen. Von Gelb bis Rot und sogar lila bis ins kalte Blau, was bedeutete, dass das Feuer sehr stark war aufgrund des trockenen Holzes.

Sie war so vertieft in die satten Farben, in die Schönheit der züngelnden Flammen, dass sie die Rufe der Menschen um sie herum zu spät hörte.
Ein Knacken und wie ein leichtes Aufatmen, als das Holz des Daches nachgab...

"PASST AUF!! ES STÜRZT EIN!!"

Zu spät schaute sie nach oben und trat einen Schritt zurück. Nicht mal ein Aufschrei konnte ihre Lungen verlassen, so schnell ging es. Begraben wurde sie unter schwerem brennenden Holz. Erst als das Feuer ihre Kleidung, Haut und Haare zu versengen begann, hörten die Menschen um sie herum, wie sie zu schreien begann.
Ein Geschrei, was nicht mehr enden wollte, so schien es für die helfenden Bürger Lörrachs. Dieser markerschütternde Schrei ließ die Menschen schockiert innehalten und die Schultern einziehen. Für einen Moment kniffen viele sogar ihre Augen zu. Dermaßen ging dieses Gekreische ins Mark und Bein.
Es dauerte eine Ewigkeit bis die geschockten Bürger die brennende Agatha und die Trümmer auf ihr gelöscht hatten. Helfer versuchten sie zu befreien, doch kam jede Hilfe zu spät. Der Gestank nach verbranntem Fleisch umhüllte die Menschen und eine angespannte Stille trat ein.

Was dachten einige? Dass sie am Ende das bekommen hatte, was sie schon längst verdient hatte? Sie ward als Hexe beschimpft worden, doch nie deswegen verurteilt und verbrannt. Wer wusste schon, was das Schicksal vorbestimmt hatte. Ganz sicher wussten die Bürger Lörrachs nicht, dass es so sein musste. Denn Agatha hatte sich aus purer Rache dem Bösen gewidmet und einen Plan ausgeheckt, der ein anderes Schicksal kreuzte. Trotz ihrer Pläne war das Schicksal von Mayada nicht dazu bestimmt, Agatha ihren Willen zu geben.
Und dass sie ausgerechnet brennend den Tod fand: war es Schicksal oder einfach nur Zufall?

Wer an das Schicksal glaubt, wird die Antwort kennen.

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P.S. Rechts ein Bild von Dastan ;)

Schicksalhafte RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt