Endlich habe ich es hinter mir. Drei Stunden fahrt, davon zwei Stunden eine unerträgliche laute Musik und eine Stunde, Streitereien zwischen den beiden Brüdern.
„Herzlich Willkommen." sagt jetzt eine älterer Mann durch die Sprechanlage und öffnet das Tor.
Ich werde ganz sprachlos. Ein großes Haus. Ein großes Grundstück, mit viel an grünem. Auf der Wiese einige Statuen, viele Pflanzen und Büschen in jeder geschnittenen Form. Die Eingangstür ist zudem sehr riesig. Betreten sieht im Haus alles so elegant aus, so verdammt teuer.
„Meine Herren. Ihre Eltern erwarten Sie." sagt ein älterer Butler und zeigt auf eine Tür.
Jeremy und Malwin starren sich jetzt an. Schlucken schwer und atmen tief ein.
Was ist nur los mit ihnen?
„Bist du bereit?" fragt Malwin seinen Bruder.
„Ja und bist du bereit?" stellt er ihm dieselbe Frage.
„Klar doch. Also, dann wollen wir mal in die Hölle." sagt Malwin nun und betretet als erster den Raum.
Jeremy und ich folgen ihm hinein. Ich sehe auf Anhieb einen großen braunen Tisch. Die Oberfläche aus reinem Marmor. Bedeckt mit Silberbesteck, Teller, und Weingläser. Eine Mann Mitte fünfzig, eine Frau Mitte vierzig.
Der Vater trägt einen schwarzen Anzug, ohne Krawatte. In der rechten hält er ein Geh stock, am Ringfinger ein großer goldener Ring. Die Haare grau, sehr attraktiv, trotz der Schnitt narbe im Gesicht. Die Mutter das komplette Gegenteil. Ihre Haare weit offen. Eine gemischte Farbe, zwischen Blond und feuerrot. Ein pinkes, Bauch freies Oberteil, weiße Shorts und an den Füßen sogar Rollerskates. Sie kleidet sich für ihr alter etwas ungewöhnlich.
„Meine kleinen sind endlich da. Kommt her. Mama hat euch vermisst." sagt sie mit einer hohen Stimme und spreizt die Arme weit auf. Jeremys Gesicht, angewidert. Malwins, verängstigt.
Keiner der Beiden rührt sich. Keiner geht auf sie zu.
„Wollt ihr das Herz eurer Mutter brechen?" spricht plötzlich der Vater mit einer unglaublichen dominanten, tiefen Stimme.
„Komm her Mama." sagt Malwin sofort und umarmt zögerlich seine Mutter. Jeremy ist der Nächste.
„Wollt ihr uns nicht vorstellen?" spricht der Vater nachdem wir uns zu Tisch setzten.
„Vater, Mutter das ist Sarina. Sarina das ist mein Vater Kaled und meine Mutter Mattia." stellt uns Jeremy vor. Sein Vater sieht mich streng an, seine Mutter hingegen lächelt und sagt:
„Wessen Mädchen ist sie?"
„Mutter bitte." sagt Malwin seufzend und total verzweifelt.
„Vater. Hiermit bitte ich um Erlaubnis. Dürfte Sarina über die Ferien hier bleiben?" fragt Malwin anschließend und der Vater mustert mich nochmals aus.
„Gestattet. Lasst uns jetzt beginnen." erlaubt Kaled und schon kommt das Essen.
Zwei ältere Frauen beginnen uns zu bedienen. Anschließend verlassen sie den Raum.
Niemand nimmt den ersten Bissen, bis der Vater beginnt. Niemand spricht ein Wort. Malwin schaut nervös zu seiner Familie. Jeremy wirkt angespannt. Die Mutter summt am Tisch ein Partylied.
Der Vater reagiert absolut auf nichts. Er sitzt steif, der Rücken gerade und unglaubliche Tischmanieren. Ich werde immer neugieriger. Welchen Beruf er wohl nachgeht?
„Sind sie ein Mafiaboss?" frage ich Kaled einfach direkt heraus.
Malwin verschluckt sich an seinem Getränk, hustet auf und bekommt kaum noch Luft.
Jeremy reißt entsetzt die Augen auf und hält sofort inne. Die Mutter grinst vor sich hin und summt noch immer das Lied. Kaled starrt mich emotionslos an. Habe ich etwas falsches gesagt?
„D..Daaa..s me..meinte s..sie nicht s..so V..Vater." stottert Malwin nach dem er seinen Husten wieder in den Griff bekommt. Er erhebt sofort die Hand und befiehlt seinem Sohn auf der Stelle zu schweigen.
Jetzt legt Kaled sein Besteck zur Seite und lacht amüsiert auf. Beide Jungs schlucken schwer.
Er ist mit Sicherheit ein Mafiaboss. Wenn nicht, dann würde er sogar perfekt in diese Position reinpassen. Er sieht aus wie ein geborener Bösewicht.
„Wie kommst du auf diesen Entschluss?" fragt mich Kaled und ist wieder die ruhe in Person.
Jeremys dominante Seite ähneln dem seines Vaters. Jedoch wirkt er neben Kaled noch wie ein Softie. Mattia strahlt eine verrückte, kindische Seite aus, mehr als Malwin selbst.
„Liege ich falsch?" stelle ich ihm eine Gegenfrage.
Er schaut verwundert. Bin ich etwa die Erste die ihm nicht direkt antwortet?
„Ja." antwortet er kurz und bündig.
„Schade." sage ich und nimm einen Bissen vom Teller. Mattia ist wieder ruhig und schaut mich nachdenklich an. Nicht nur sie. Alle am Tisch starren mich an.
Habe ich schon wieder etwas falsches gesagt?
„Weshalb ist das Schade?" fragt Kaled nach mehr Information.
„Wenn sie ein Mafiaboss wären, dann ist das Leben hier wie in einem Film. So richtig aufregend. Keine langweiligen Tage mehr." antworte ich ihm.
Er sagt daraufhin: „Meine Firmen sind Aufregung genug."
Jetzt nicke ich kommentarlos und er schnappt nach seinem Weinglas. Nach einem Schluck spricht er mich nochmals an: „Woher kennst du meine Söhne?"
„Von der Schule. Mein Großvater hat mich hingeschickt." sage ich und würdige ihnen flüchtig einen Blick zu. Sie sind total nervös. Malwin schwitzt. Jeremy zappelt unruhig in seinem Sitz.
„Wie benehmen sich meine Jungs? Hoffentlich machen sie dir keinen ärger." sagt Kaled.
„Jeremy war zu anfangs sehr anstrengend. Malwin etwas seltsam, aber ich habe mich daran gewöhnt und weiß das sie gute Menschen sind. Sie haben mir stets geholfen und sind wirklich gute Freunde." antworte ich lächelnd.
„Streiten sie öfters?" fragt er mich. Er ist aber neugierig.
„Manchmal." antworte ich verunsichert.
Jeremy und Malwin werfen mir ein warnenden Blick zu, als ob ich ruhig sein sollte.
„Ihr streitet euch also immer noch! Ihr wisst was zu tun ist!" sagt Kaled zu den Jungs und die beide Söhne seufzen verzweifelt auf. Erheben sich und stellen sich zur freien Wand, Nebenbei halten sie die Hände ausgestreckt. Kaled geht hin und schlägt mit dem Stock jeweils zweimal in die innere Handfläche.
Mein Herz beginnt zu pochen. Ich springe auf und laufe hin. Denke nicht nach, sondern handle. Stelle mich vor den Beiden und strecke die Hände ebenso zu Kaled.
„Bitte hören sie auf. Schlagen sie mich und nicht ihre Söhne." sage ich und beschütze die Beiden direkt hinter mir.
Malwin versucht mich zur Seite zu bekommen und flüstert: „Hör auf. Es ist schon in Ordnung. Es schmerzt nicht."
Wie er lügt. Ich sehe seine rot unterlaufene Handfläche. Er zittert und fasst mich nicht richtig an.
„Bist du dir absolut sicher?" fragt der Vater. Ich nicke auf und beiße auf die Lippe.
Er hält jedoch inne und schlägt nicht zu. Lächelnd humpelt er zurück zum Platz.
„Setzt euch wieder." sagt er nebenbei. Wir gehorchen und gehen wieder zu unseren Sitzen.
„Sie gefehlt mir. Sie beschützt die, die für mich alles bedeuten. Seid also immer gut zu ihr." spricht Kaled zu seinen Söhnen und beide lächeln erleichtert auf.
Ich bin etwas verwirrt, ein wenig gekränkt. Ich finde Kaleds verhalten war nicht angemessen, doch das gehört anscheinend zu seiner Persönlichkeit. Er liebt seine Familie, das sehe ich dem alten Herren an. Er meint es gut und trotzdem ist das, was er macht nicht richtig. Den Respekt denn er sich verschafft, besteht zum Großteil nur aus angst, doch Respekt sollte nicht aus angst bestehen, sondern aus Wertschätzung, aus Anerkennung, aus Loyalität und aus Liebe, in welchem Bezug auch immer.
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Heartbeat (B1)
RomanceHierbei handelt es sich um eine junge Dame, welches noch lernen muss was Gefühle bedeuten. Auf ihrem Weg lernt sie dabei zwei wunderbare junge Männer kennen, die nicht unterschiedlicher sein können. Hier prallen somit diverse Charaktere aufeinander...