JEREMEY

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„Pssst! Mensch in sieht." flüstere ich Sarina zu.

Wir sind in der Schule, im dritten Stock und Ryan spaziert verängstigt den Gang entlang.

Er kommt direkt auf uns zu. Noch bemerkt er uns nicht. Wir stehen jeweils in einer der dunklen Ecken, umgeben von vielem Schatten. Kein Licht, keine Taschenlampen. Alle Kreaturen sind auf sich alleine gestellt und deshalb frage ich mich auch, was er hier ganz alleine zu suchen hat.

„Keine Spielchen! Zeig dich mir!" schreit Ryan plötzlich auf, nachdem Sarina auf knurrt.

Er schaut in jede Richtung. Bewegt sich zu den Fenstern. Schleicht langsam vorwärts. Im selben Moment springt Sarina schreiend aus der Ecke. Es hat keine zwei Sekunden gedauert und Ryan kippt ohnmächtig zu Boden. Knallt mit dem Kopf voraus und liegt breit über den gesamten Flur.

„Ich glaube wir haben etwas übertrieben." sage ich nachdenklich und wir blicken zu ihm hinunter.

Sarina rüttelt ihn mit dem bloßen Fuß und er rührt sich immer noch nicht.

„Atmet er noch?" flüstert sie mir zu. Ich beuge mich jetzt hin und sehe nach seinem Puls.

„Wie schade. Er überlebt es." antworte ich gelangweilt.

Sarina kniet sich währenddessen zu mir und klatsch ihm jetzt mehrmals in die Wange.

Kaum öffnet Ryan die Augen, verliert er wieder sein Bewusstsein.

„Schieben wir ihn zur Seite?" fragt sie mich plötzlich.

Interessant. Ich empfinde Stolz und mehr liebe als je zuvor. Welch eine schöne Frage.

„Klar." sage ich und packe bereits nach seinem Bein.

Gemeinsam schieben wir ihn zur Wand, um den Flur wieder frei zu kriegen.

„Wir schleichen uns schon seit Stunden durch die Gänge. Kannst du denn nicht Malwin anrufen und ihn fragen wo er ist?" fragt sie mich jetzt erschöpft.

Ich stimme ihr zu. Wir sind schon lange unterwegs, haben einige erschreckt, doch Malwin ist total verschollen.

Also greife ich dann nach meinem Smartphone, stelle ihn auf Lautsprecher und wähle.

Der erste Piep ... Der zweite Piep ... Niemand hebt ab ... Der dritte Piep und plötzlich springt ein unbekannter brüllend aus der Ecke. Sofort schrecken wir auf und ich schlage reflexhaft zu.

Ein kraftvoller Fauststoß mitten ins Gesicht. Die Person kippt Sekundenschnelle zu Boden und erst jetzt erkenne ich die Gestalt. Superman Zombie!

„Perfekt! Jetzt sind es schon zwei Bewusstlose!" sage ich genervt und massiere mir die Schläfe.

„Du hast MALWIN umgehauen!" sagt Sarina total schockiert und macht die passende Handbewegung Richtung Zombie.

„Ja, was hätte ich denn machen sollen! Du hast doch gesehen was er getan hat. Jeder normaler Mensch schlägt bei so etwas zu." rege ich mich auf.

„Er sieht so tot aus. Lebt er überhaupt noch?" fragt sie mich ohne jeglichen Blickkontakt.

„Keine Ahnung! Nicht jeder der mal kurz umkippt ist gleich tot!" schimpfe ich.

„Was hat er hier überhaupt zu suchen?" spricht sie weiter.

„Wahrscheinlich war er schon die ganze Zeit hinter uns her! Vielleicht hat er uns verfolgt und auf den besten Zeitpunkt gewartet." antworte ich ihr und massiere mir diesmal die Augen.

„Und was machen wir jetzt?" fragt sie mich und sieht über die Schulter zu Ryan und erneut wieder zu Malwin.

Frustriert blicke ich sie jetzt an und sage: „Nichts! Wir lassen sie hier liegen!"

Daraufhin packe ich sie hoch und lege sie mir über die Schulter. Sie versucht sich zu währen, zappelt auf und hält sich letztendlich an mir fest.

„Was machst du? Lass mich wieder runter!" befiehlt sie mir.

„Irgendwann wird mir das zu viel! Die ganze Zeit über hast du dich zum größtenteils mit Malwin amüsiert! Ich habe mich oft genug zurück gehalten. Jetzt verbringst du die Zweisamkeit mit mir, ohne das einer dieser beiden Kleinkinder uns stört!" antworte ich ihr erst dann, nachdem ich sie in einer der leerstehenden Klasse auf den Tisch ablege.

Schweigend setzt sie sich aufrecht hin und sieht mich verwundert an. Seufzend packe ich nach einem Stuhl. Platziere sie vor ihren Beinen. Setzte mich hin und lege mein Kopf an ihren Schoß ab. Sie rührt sich nicht. Sie spannt jeden Muskel an. Sie wird nervös.

„Mehrmals sehne ich mich nach dir und egal wie oft du mir auch gegenüberstehst, ich komme einfach nicht an dich ran. Sobald ich dich für mich alleine will ist Malwin anwesend und schon bist du für mich unerreichbar." spreche ich einfach los und mache keinen halt mehr.

„Das klingt irgendwie nach Eifersucht." sagt sie plötzlich.

Ich erhebe langsam den Kopf, sehe sie streng an und sage: „Konnte dir nichts besseres einfallen?"

Sie lächelt auf und senkt den Blick.

„Du hast dich verändert. Ist dir das bewusst?" mache ich ihr klar.

„Wie verändert?" fragt sie mich und such nach Blickkontakt.

„Du bist lebendiger. Man sieht dir mehr Gefühle an. Du wirkst dadurch auch total süß. Tag für Tag wirst du immer hübscher." erkläre ich ihr liebevoll.

„Danke." antwortet sie verlegen und ich erhebe mich.

Setzte mich zu ihr und trotz der Stille ist es sehr angenehm. Währenddessen vermeide ich einen direkten Blickkontakt. Ihr Kostüm ist wahrlich sehr beängstigend. Im Dunkel sieht sie um einiges schlimmer aus. Da fällt es mir nicht leicht, mich ihr zu näher.

„Jeeeeremmyyyy." sagt sie plötzlich meinen Namen im tiefen, langen Ton und reißt mich aus den Gedanken .

„Lass uns gehen. Sonst verfluche ich dich." setzt sie fort und versucht einem Geist zu ähneln.

Ich starre sie einfach nur starr an. Blinzle des öfteren. Sie senkt nur den Kopf, die Haare bedecken ihr Gesicht. Verdammt! Sie kann das wirklich gut.

„Wir gehen, sobald du mit diesem Schwachsinn aufhörst!" antworte ich ihr und sie springt vom Tisch. Streicht die Haare aus dem Gesicht, lächelt mir zu und nickt kindlich auf.

Endlich lässt sie das auch sein. Langsam habe ich angst bekommen.

„Gehen wir." sage ich und lasse mir absolut nichts anmerken.

Im Flur sitzt Malwin und Ryan an der Wand. Beide wieder beim Bewusstsein.

Ryan erhebt jetzt denn Kopf. Sieht erneut zu Sarina. Im nu schreit panisch auf, springt hoch und läuft wie ein Feigling davon.

Was ist nur los mit dem Zwerg? Ganz schön übertriebene Angst!

„Du hast mir eine geboxt!" sagt Malwin jetzt total aufgebraust.

„Kann passieren." antworte ich und helfe ihm auf die Beine. Gemeinsam gehen wir zurück.

Verabschieden uns und gehen zu Bett. Das war heute eine sehr anstrengende Nacht.

Jeder einzelne auf der gesamten Schule ist erschöpft und alle haben sich nach langem wieder sehr amüsiert.


Heartbeat (B1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt