„Wo bist du? Wo versteckst du dich?" ertönt eine brüllende Stimme.
Welch Dummkopf ist das?
„Zeig dich mir!"
Es wird erneut laut aufgeschrien. Das ist eindeutig Jeremy. Er spielt im Flur total verrückt. Also öffne ich erschöpft und aus dem Schlaf gerissen kraftvoll die Tür.
Jeremy läuft plötzlich, halb nackt an mir vorbei. Er trägt lediglich eine Boxershort und ist vom Kopf bis Fuß, mit diversen Worten gekritzelt. Klar zucke sofort schreckhaft auf und sehe ihm verwirrt nach. Er läuft von einem Gang zum nächsten und tuschelt fluchend vor sich hin. Die wenigen Schüler, die dank seinem Gebrüll eben noch erwacht sind, spähen kurz in den Flur. Kriechen daraufhin wieder, halb verschlafen ins Bett.
„Jeremy?" rufe ich jetzt zögernd seinen Namen.
Prompt kommt er auf mich zu gerannt und brüllt: „Was?!"
Ich kann mich einfach nicht mehr zurückhalten und beginne zu schmunzeln. An jeder Stelle seines Körpers stehen Sätze wie: *Ich bin nicht fett. Ich bin hübsch. Respektiere mich.*
Das alles auch noch mit einem schwarzen Lackstift. Sei es Brust, Beine, Arme oder Gesicht.
„Ich meine, ich verstehe ja das du so Selbstverliebt bist und das du das am liebsten der gesamten Welt mitteilen möchtest, aber das ist schon sehr Krankhaf ..."
Noch nicht mal zu Ende gesprochen, schon unterbricht er mich.
Befiehlt mir laut und deutlich zu schweigen.
Ich soll den Mund halten?
Er ist doch derjenige der fünf Uhr morgens schreiend durch den gesamten Internat läuft.
„Hat unser Jeremy etwa eine Frau verärgert?" frage ich nun amüsiert und versuche trotzdem die Lage etwas ernster zu nehmen. Wobei mir das schwer fällt.
„Das geht dich nichts an!" schreit er lauthals und bespuckt mich ein bisschen.
Ich nutze dies gleich aus und sage: „Igit! Jeremys Speichel! Das ist ja mal was ekliges." und mache dazu die passende, angewiderte Grimasse.
Bloß um ihn mehr und mehr zu reizen.
„Hör sofort auf!" spricht er jetzt bedrohlich und knirscht bereits die Zähne.
Okay! Diesmal wird es für mich zu gefährlich.
Ich würde es nie wagen, ihn zu unterschätzen.
„Beruhige dich. Tief ein und wieder ausatmen." erwähne ich nun und weiche zusätzlich einen Schritt zurück. Er macht auf Anhieb was ich sage und schnappt tief nach Luft.
„Mein Kopf!" sagt er nun und massiert sich an der Schläfe.
„Ist das etwa Wasserfest?" frage ich vorsichtig und zeige auf seinen gesamten Körper.
„Ja!" antwortet er mir gereizt und lässt verzweifelt den Kopf hängen.
„Dann muss sie ja richtig wütend sein." kommentiere ich daraufhin.
„Vielleicht. Ich war nicht besonders nett in den letzten Tagen." gibt er sogar selbst zu.
Was für ein spektakulärer Moment. Ich sollte das definitiv aufnehmen.
„Du bist eigentlich nie nett." spreche ich die Tatsache aus.
„Können wir bitte, sei es auch nur ein einziges mal wie richtige Brüder sein?" fragt er mich seufzend und lehnt sich nun an die Wand. Er begutachtet sich das Gekritzel auf seiner Haut.
So seltsam habe ich ihn seit Jahren nicht erlebt.
Das letzte mal als wir uns noch lieb hatten, ist Ewigkeiten her.
Nach den aller ersten Schultagen ging die Bruderliebe verloren.
„Sieh das als Ausnahme. Für die weitere Zukunft werde ich diesen Moment stets vermeiden." gebe ich ihm als Antwort und komme ihm ein wenig entgegen.
„Ein einziges mal genügt mir vollkommen." gibt er dankend von sich.
Ich seufze jetzt auf. Schaue ihm direkt ins Gesicht und frage nach: „Was ist denn los?"
Wobei sich mein Interesse in grenzen hält.
„Sie ist wütend auf mich und ich weiß nicht wie ich sie am besten behandeln soll. Immer wenn ich es versuche, geriet alles außer Kontrolle."
Jeremy erwähnt mir offen sein Problem.
„Vielleicht liegt das an all deinen Beleidigungen? An deiner ständigen schlechten Laune? An deiner Arroganz? Hast du schon mal daran gedacht?" kritisiere ich ihn und rolle die Augen.
„Ja das habe ich!" antwortet er gereizt und schaut mich angewidert an.
Seine Stimmungsschwankungen bereiten mir, wie so oft Kopfschmerzen.
Wie kann man nur von einer Sekunde auf die andere seine Laune so derartig verändern?
„Dann ändere das!" betone ich wütend.
„Nein!" antwortet er mir schroff und macht sich urplötzlich auf den Weg.
„Du bist einfach nur unerträglich!" fauche ich ihm zu und er schubst mich fest zur Seite.
Er geht an mir vorbei und sagt: „Lass es gut sein."
Ich werde ihm irgendwann den Hals umdrehen.
„Hoffentlich verlässt sie dich!" schreie ich ihm verärgert hinterher.
„Sie wird mich noch lieben. Warts nur ab." kommentiert er arrogant mit dem Rücken zu mir und winkt mir verkehrt zu. Jetzt gönne ich ihm erst recht nichts!
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Heartbeat (B1)
RomanceHierbei handelt es sich um eine junge Dame, welches noch lernen muss was Gefühle bedeuten. Auf ihrem Weg lernt sie dabei zwei wunderbare junge Männer kennen, die nicht unterschiedlicher sein können. Hier prallen somit diverse Charaktere aufeinander...