Jermey ist bereits eingeschlafen. Bevor ich noch gehe, muss ich mir seiner Gesundheit sicher sein und messe flüchtig seine Körpertemperatur. Ich lege die Hand auf seine Stirn. Sein Fieber ist gesunken. Er zitter und schwitzt nicht mehr. Die Grippe vergeht und sein Atem wird regelmäßiger. Erleichtert streiche ich ihm jetzt über die Wange, anschließend mit dem Daumen sanft über die Lippen. Sie sind so weich, so schön. Soll ich es wagen? Ich überlege nicht lang und beuge mich nun entschlossen zu ihm. Er schläft sehr friedlich. Zögernd lege ich meine Lippen auf die seine. Vorsichtig küsse ich ihn und fühle plötzlich etwas fremdes. Ein warmes Gefühl. Es ist mir so unbekannt. Sofort weihe ich aus. Stelle mich aufrecht hin und gehe verunsichert aus seinem Zimmer. Schiebe die Türe hinter mir zu und stehe nun im Flur. Spaziere jeweils in jede Richtung und finde den Weg nicht mehr zurück. Noch nicht mal heute gönnt mir meine schlechte Orientierung eine Ausnahme. Ich sollte lernen dies zu akzeptieren. Seufzend lege ich mich einfach ungeniert auf dem Fußboden. Versuche mich zu entspannen.
Erneut vergehen Stunden und ich bekomme immer noch kein Auge zu. Der Boden ist hart und unbequem. Meine Gedanken schalten sich nicht ab. Die Internatsschüler kommen langsam aus ihren Zimmern und starren mich schief an. Das war zu erwarten, schließlich liege ich breit im Gang, mitten in einem fremden Stockwerk. Was solls! Es wird Zeit mich zu erheben und in einer der Duschräume zu gehen. Dort reinige ich mir das Gesicht und spüle den Mund mit reichlich Wasser. Folge den Schülern bis hin zu meiner Klasse. Setzte mich hin und schon vibriert mein Hand. Am Display sehe ich eine empfangene Nachricht.
Geöffnet: ▪Du hast mich etwas enttäuscht, aber ich werde weiterhin immer für dich da sein, egal was kommt. In liebe Malwin▪
Ich tippe schnell ▪Danke▪ Obwohl ich nichts von all dem verstehe.
▪Mache dich auf etwas gefasst. Bald werden einige Klassen in Panik geraten. Hoffentlich hast du keine Angst vor Blindschleichen.▪ (Echsenart) empfange ich als nächstes.
▪Erkläre mir das bitte genauer▪ tippe ich ihm zurück.
Sekunden später eine weitere Mitteilung: ▪Schau in dein Tisch fach und staune :)▪
Vorsichtig rutsche ich jetzt mit dem Stuhl zurück. Beuge mich hin und blicke unten hinein. Ich sehe von diesen Reptilien gleich zwei Stück. In der selben Sekunde schreien ein paar Schülerinnen panisch auf. Die Lehrerin versucht die Ruhe zu bewahren und entdeckt mehrere auf dem Boden.
Langsam und im Schritttempo begeben wir uns alle aus der Klasse. In den weiteren Nebenklassen herrscht dasselbe Problem, denn der Gang ist voll von schockierten jungen Menschen. Nachdenklich beobachte ich das ganze Geschehnis und plötzlich packt mich eine Person an der Hand. Umklammert mich fest und zerrt mich vom Platz. Es ist Malwin. Er lässt nicht locker und zieht mich hinauf in die Bibliothek. Dort angekommen setzten wir uns hin.
„Wie viele Klassen sind betroffen?" frage ich Neugierig.
„Drei Stockwerke." antwortet er mir stolz und holt seine Lunch box hervor.
„Woher hast du die ganzen Blindschleichen?" frag ich staunend.
„Habe sie Privat bekommen. Das war ein sehr Kostspieliger Streich. Ich wollte nur das die ersten Schulstunden ausfallen, indem ich eigentlich eine Prüfung schreiben sollte. Sie ist jedoch viel zu wichtig und ich habe nicht gelernt." erklärt er mir.
„Nachdem was ich gesehen habe, werden sie den Unterricht nicht mehr so schnell fortsetzten." erwähne ich meine Sichtweise.
„Kein Wunder. Sie werden gerne mit Schlangen verwechselt und auf ein und derselben Stufe gestellt. Was ein vollkommener Blödsinn ist. Sie sehen ihnen nur ähnlich, das ist aber auch alles. Im Grunde genommen sind sie sehr harmlos." korrigiert Malwin.
„Das siehst sehr Lecker aus." wechsle ich das Thema, denn er öffnet die Box.
Diesmal wieder gewürfelte exotische Früchte, ein Stück frisches Brot und eine indische Speise. Currysauce, Reis und Fleisch. Ein wunderbarer Duft.
„Lass es dir schmecken." und schon reicht er mir mein Besteck.
Wir beginnen und essen uns satt. Am Ende schiebt er alles zur Seite und mustert mich aus.
„Was ist los?" frage ich verunsichert.
„Du bist so hübsch." sagt er schüchtern und ich werde nervös.
„Das solltest du nicht sagen." fordere ich ihn auf.
„Weshalb sollte ich nicht?" stellt er mir die Frage.
„Was würde denn deine Liebste denken?" erinnere ich ihn.
Er lacht plötzlich auf, lehnt sich zurück und sagt seufzend:
„Lassen wir das. Irgendwann wirst du das schon noch kapieren."
Jetzt verwirrt er mich umso mehr. Was geht hier vor sich?
„Ist sie hübsch?" frag ich unruhig und erbitte um mehr Details.
Er grinst und antwortet verlegen: „Sie ist für mich die schönste Frau der Welt."
Ein Teil in mir freut sich, doch ein weiterer Teil möchte seine Worte nicht akzeptieren.
„Kennst du sie schon lange?" setze ich fort und plötzlich möchte ich die Antwort nicht mehr hören.
„Teilweise. Es ist ja nicht eine Ewigkeit her das ich ihr zum ersten mal begegnet bin. Sie hat mir auf Anhieb gefallen und seit dem bekomme ich sie nicht mehr so leicht aus den Gedanken." gibt er mir offen die Antwort und spielt nervös mit den Fingern.
„Schön für euch." antworte ich gereizt und verstehe mich selbst nicht mehr.
Er sieht sofort hoch, lächelt schief auf und fragt: „Bist du etwa eifersüchtig?"
Daran habe noch gar nicht gedacht. Bin ich das etwa? Ist das was ich empfinde wirklich das Gefühl der Eifersucht?
„Was empfindet man bei einer Eifersucht?" erbitte ich nach mehr Information.
Er lässt nicht lange auf sich warten und gibt mir eine schnelle Antwort: „Es gibt einiges zu beachten. Beispielsweise entsteht Eifersucht, wenn man die eine bestimmte Person nicht teilen möchte. Eifersucht besteht ebenso aus den Unterschiedlichsten Gefühlen. Meistens empfindet man eine gewisse Wut, Traurigkeit, bis hin zur angst. Klartext gesagt. Wenn dir der Gegenüber, sei es dein Partner, oder nur ein Freund, eine weitere Person erwähnen sollte und du dich mit dem Gedanken nicht anfreunden kannst, könnte das zur Eifersucht gehören."
Konzentriert verfolge ich seine Worte. Versuche offen zu sein und vergleiche sie mit meinen seelischen zustand. Seltsamerweise kann ich mich nicht mit dem Gedanken anfreunden, das er bereits für eine andere Frau Gefühle hegt.
„Nein, so empfinde ich das nicht. Im Gegenteil, ich freue mich für euch beide und bin schon sehr gespannt auf sie." täusche ich ihm vor. Ich möchte ihm nichts anmerken lassen. Ich bin mir dessen nicht sicher, ob mein Gefühl tatsächlich der Eifersucht entspricht.
Lieber sollte ich nichts überstürzen und auf die Entwicklung meiner Gefühle abwarten.
„Ich denke für heute sollten wir uns verabschieden." sagt er plötzlich schlecht gelaunt und erhebt sich. Winkt mir flüchtig zu und geht davon. Verunsichert sehe ich ihm nach.
Habe ich schon wieder einen Fehler begannen?
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Heartbeat (B1)
RomanceHierbei handelt es sich um eine junge Dame, welches noch lernen muss was Gefühle bedeuten. Auf ihrem Weg lernt sie dabei zwei wunderbare junge Männer kennen, die nicht unterschiedlicher sein können. Hier prallen somit diverse Charaktere aufeinander...