Ich habe den Tag der offenen Türe eindeutig verschlafen, aber Halloween verpasse ich keinesfalls. Während der gesamten Freizeit habe ich mir dutzende Horrorfilme angesehen, um zu verstehen wie die Menschen an diesen Tagen so ticken. Heute dürfen wir sogar bis spät in die Nacht durch die Gänge schleichen und jeden daher kommenden, ob nun Schüler, oder Lehrer zu Tode erschrecken. Natürlich habe ich mir auch die Zeit genommen und mir lange überlegt welches Kostüm am besten zu mir passt. Mein größtes Ziel besteht darin, so vielen Leuten wie möglich angst zu bescheren und bei Malwin wäre es wahrscheinlich noch einfacher als wie bei Jeremy. Irgendwie bin ich mir dessen doch nicht so sicher. Was Halloween angeht, bin ich gerade mal eine Anfängerin. Es fällt mir wirklich schwer, die passende Kleidung und Schminke vorzubereiten. Vielleicht könnte ich doch Ryan um Hilfe bitten, aber er wird nicht allzu begeistern sein. Wahrscheinlich läuft er mir auch noch panisch davon. Was mache ich jetzt nur?
Ich beginne zu überlegen. Laufe im Zimmer auf und ab und nimm mein Smartphone in die Hand. Suche gezielt die Nummer und wähle. Er hebt sofort ab, lässt mich nicht zu Wort kommen und fragt genervt: „Was willst du?"
„Ich will mich verkleiden und..."
Noch nicht mal zu Ende gesprochen und Jeremy legt auf. Ich bleibe stur und wähle erneut.
Er hebt diesmal erst viel später ab und sagt: „Mach was immer du willst, aber bitte mich bloß nicht um Hilfe!"
„Bitte." sage ich jetzt schmollend. Ein Wort und er versteht das schon.
Er seufzt lange auf und fragt launisch: „Warum musst du dich unbedingt verkleiden?"
„Wenn du mir nicht helfen willst, dann frage ich eben Malwin." äußere ich mich leise und er versteht trotz allem jedes meiner Wort.
„Ich bin gleich da! Ich sagte nicht NEIN!" antwortet er gereizt und legt auf.
Seine Laune ist ekelhaft. Hätte ich doch nur Malwin darum gebeten! Er wäre sofort hergelaufen und..... Noch nicht mal zu ende gedacht und Jeremy öffnet die Türe. Wow! Er war verdammt schnell. Wie hat er das gemacht?
„Du warst jetzt aber sehr schnell." sage ich entsetzt.
„Ich war in der Nähe." sagt er außer Atem.
Sofort muss ich schmunzeln. Er lügt, das sieht man ihm deutlich an.
„Zeig mir dein Kostüm." bittet er mich nun.
Ich hole es aus dem Schrank und breite sie auf mein Bett aus. Er überkreuzt die Arme und schaut auf mein Kleid.
„Was soll das darstellen? Welche Kreatur willst du sein?" fragt er mich und erhebt die Augenbraue.
„Ein weiblicher Geist. Eine verfluchte Seele! Böse und grausam. Ein Blick genügt und der Tod verschlingt dich!" antworte ich ihm mit tiefer Horrorstimme und bewege mich passend zur Erzählung.
Er starrt mich nur desinteressiert an und sagt gelangweilt: „Du weist schon, das dein Kleid knallbunt ist."
Ich halte inne, blicke nochmals hin und sage: „Ja, aber ich habe nichts anderes gefunden."
„Ein weiblicher Geist, gekleidet in einem Regenbogenkleid. Da lachen dich sogar die kleinsten Kinder aus!" macht er mir bewusst.
Schmollend und stampfend beginne ich zu jammern: „Aber ich will gruselig sein!"
Kurzes schweigen.
„Ok. Ohne jeglichen Widerspruch machst du genau das was ich von dir verlange und du wirst auch gruselig sein. Versprochen" gibt er mir nun sein Wort.
Daraufhin gibt mir klar und deutlich zu verstehen, was er braucht: „Gib mir eine alte, weiße Bettlake und Nähzeug. Bringe mir auch deine gesamte Schminke, dein Glätteisen, Haarspray, Künstliches Blut oder auch nur Ketchup."
Im Schnelltempo durchwühle ich jetzt meinen Kleiderschrank. Finde eine weiße Bettlacke und Nähzeug. Schnappe nach meiner gesamten Halloween Schminke und lege sie auf mein Bett ab.
Zuvor hatte ich schon an Blut gedacht und klaute eine Flasche Ketchup direkt aus der Gemeinschaftsküche.
„Sehr gut. Nun setzte dich schweigend hin und warte ab."
„Natürlich Boss." sage ich freudig und gehe seinem Befehl nach.
Von gegenüber aus beobachte ich ihn. Er zerreißt und näht die Bettlacke zurecht. Sucht die passende Schminke aus und bittet mich dann zu sich.
„Das ist zwar nur ein Stofffetzen, aber wenn man das hier geschickt einsetzt, dann kann es sehr gut aussehen." sagt er und reicht mir das hin. Skeptisch nehme ich sie an mich. Gehe ins Bad.
Lege die Kleidung ab und ziehe mich um. Sie ist ärmellos, bisschen tiefer ausschnitt, enganliegend und an vielen stellen ist sie etwas zerrissen.
„Ich fühle mich so nackig." spreche ich leise meine Gedanken aus, nachdem ich wieder bei ihm bin.
Er ignoriert meine Worte, nimmt mich an die Hand und drückt mich zu Bett. Jetzt schminkt er mich im Gesicht und am Körper. Frisiert mir die Haare und setzt bisschen Ketchup ein. Nach über einer Stunde sind wir endlich ans Ende gelangt und ich darf nun einen Blick in den Spiegel werfen.
TADA! Mein Anblick ist so genial, so düster! Mit Sicherheit wird sich die Mehrheit erschrecken.
Ich sehe aus wie einer dieser bösen Geister aus einen der besten Horrorfilmen.
„Du bist so unglaublich talentiert!" schreie ich vor Aufregung.
„Danke, aber achte auf deine Bewegung, auf deine Stimme. Ein gutes Kostüm reicht nicht aus um andere zu erschrecken." erklärt er mir und da stimme ich ihm vollkommen zu.
Ich werde plötzlich so neugierig und wechsle das Thema:
„Weißt du vielleicht für welches Kostüm sich Malwin entschieden hat?"
„Superman in Zombie Version. Jedes Jahr kleidet er sich als einen Untoten Helden." sagt er und verdreht spöttisch die Augen. Ich selbst finde Malwins Idee sehr kreativ.
„Und was ist mit dir?" frage ich ihn lächelnd.
Er greift jetzt in die Hosentasche und fischt nach Vampir zähne.
Steckt sie in den Mund und sagt: „Ist das genug?"
Für seine Art, für seine ständige Laune und seinen Charakterzügen ist das sogar mehr als erwartet.
„Komm. Lass uns endlich mit dem Horror beginnen." sage ich nun und laufe zur Tür.
„Ohne mich." sagt er plötzlich stumpf und geht an mir vorbei.
Verwirrt laufe ich ihm hinter. Er bleibt sofort stehen und dreht sich ruckartig zu mir.
Ich schrecke zurück und er sagt mit tiefer Stimme: „Hinfort meine Schönheit, sonst sauge ich dich noch bis auf den letzten Tropfen aus."
Verstehe, er macht einen Witz. Ich lache jetzt sogar leise auf und er nimmt mich plötzlich an die Hand. Legt die Zähne ab und lächelt mir zu.
„Malwin-Zombie und die vielen anderen Kreaturen spucken in der Schule durch die Gänge. Vielleicht sollten wir ihnen mal einen Besuch erstatten und ihnen zeigen was wahre Angst bedeutet." fügt er noch lächelnd hinzu.
Jetzt bewegen wir uns Hand in Hand, eng beieinander vorwärts. Zum ersten mal schalte ich die Gedanken komplett ab und genieße nur noch mehr den Moment.
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Heartbeat (B1)
RomanceHierbei handelt es sich um eine junge Dame, welches noch lernen muss was Gefühle bedeuten. Auf ihrem Weg lernt sie dabei zwei wunderbare junge Männer kennen, die nicht unterschiedlicher sein können. Hier prallen somit diverse Charaktere aufeinander...