Vier: Gejagt

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Es ist dunkel auf den Straßen, so dunkel das ich unter normalen Umständen nichts gesehen hätte. Irgendwo höre ich ein Knacken, wie von einem Ast. Ich zwinge mich, nicht zusammen zu zucken. Ein Vogel schlägt bedrohlich mit seinen Flügeln und kräht laut in die Stille der Nacht, in welchem Horrorfilm bin ich gelandet?

Dann ein Windstoß und ich weiß was hier vor sich geht: Eine Jagd.
Und ich bin die Beute. Der Vampir versucht mich einzuschüchtern. Kurz überlege ich zurück zu Lucas zu gehen, der Weg wäre kürzer als zu mir in die Wohnung. Doch wenn der Vampir mich wollte, ist es zu gefährlich Lucas da mit rein zu ziehen.
Also gehe ich einfach weiter, ruhig atmen. Einfach so tun als würde ich es nicht hören, als würde mich das nicht stören, nicht verunsichern. So wie es sein sollte, immerhin bin ich kein wehrloser Mensch. "Du bist mächtig, du bist stark, du musst dich nicht fürchten" Das hat mir meine Mutter einmal gesagt, kurz bevor sie vor meinen Augen starb.

Nach außen entspannt wirkend betrete ich das Treppenhaus. Meine Wohnung liegt im dritten Stockwerk. Langsam gehe ich die Treppen hinauf, Stufe um Stufe. Allein meine Schritte hallen in dem scheinbar leeren Treppenhaus, niemandem begegne ich, kein Wunder um Mitternacht.
Dann stehe ich vor der Tür, trete meine Schuhe auf der Welcome-Fußmatte ab. Wenn der Vampir nicht hinter mir steht, ist er bereits in meiner Wohnung. Langsam sehe ich über meine Schulter, aber ich bin völlig allein.

Ich schließe die Tür auf, das Geräusch von meinem Schlüssel der sich im Schloss umdreht scheint so viel lauter als sonst. Das Klirren als mein Anhänger gegen die Tür scheppert jagt mir heute einen Schauer über den Rücken. Ich trete ein und schließe die Tür hinter mir, stecke zunächst den Schlüssel wieder in die Tür. Dann sehe ich mich wachsam um, spüre sofort das ich nicht alleine bin.
Alles dunkel. Scheinbar verlassen.
Ich tastete nach dem Lichtschalter, er ist rechts neben mir. Dann geht das Licht an und im nächsten Moment stürmt der Vampir schon auf mich. Er ist groß und muskulös, schwarze Haare und eisige blaue Augen. Seine Zähne waren gefletscht, seine Augen im nächsten Moment schon blutrot.
Wie bei mir, dessen war ich mir sicher. Hart drückt er mich gegen die Wand und knurrt. Aber davon lasse ich mich eher weniger beeindrucken, ich könnte ja zurück Knurren, wenn das nicht so albern wäre.
Mit all meiner Kraft löste ich mich aus seinem Griff.

"Halt! Was soll der Mist?!", die kurze Angst hat schnell Platz für Wut gemacht.
Und tatsächlich hält er inne, er hält inne um zu lachen, er hält sich fast den Bauch so schlimm ist es. Ich stoße ihn noch ein wenig zurück und verschränke dann die Arme vor der Brust.
"Du bist amüsant.", er grinst verschlagen, sieht dabei fast sogar gut aus. Dieses typische Badboy-Grinsen wenn man ein schwaches Mädchen um den Finger wickeln will, nur bin ich kein schwaches Mädchen das auf billige Tricks hereinfallen wird.
"Was hast du denn? Mir gefiel der Kampf.", wieder ein lachen, wieder dieses Grinsen.
"Wer bist du und was willst du?" Meine Stimme ist fest und deutlich, aber ich lasse keine Emotionen durchdringen. Ich zwar koche vor Wut, aber diese Bestätigung will ich ihm nicht geben.
"Ich bin William, aber du kannst ruhig Will sagen.", er verbeugt sich spöttisch. Was für ein Großzügiges Angebot er mir macht! Seine Augen sind wieder normal, eiskalt. Sie sind schön. Aber das sollte ich jetzt ignorieren!
"Und warum ich hier bin wisst ihr ganz genau, Prinzessin.", sein Grinsen wird immer verschmitzer. Ich nehme meine Angriffshaltung ein, dieses Mal lasse ich mich nicht überrumpeln.

"Sag es!", fordere ich lauter als beabsichtigt und sein Grinsen erlischt.
"Ich bin hier um Euch zu töten."

LUCINDA - Wenn die Sonne im Zenit stehtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt