Elf: Selbsthass und Kummer

563 45 12
                                    

Ich gehe nach Hause, dabei nehme ich weder die Stadt um mich herum wahr, noch den Regen. Ich gehe langsam, vorallem weil meine Wahrnehmungen durch meine Gedanken getrübt sind. Ich sehe alles wie durch einen Schleier und daran ist nicht nur der Regen Schuld. Tränen brennen in meinen Augen, verursacht durch Selbsthass und Wut sowie Verletzlichkeit die ich mir ungern eingestehe.

Das Kleid von Will ist dem Blutbad größtenteils zum Opfer gefallen, ich werde es in die Reinigung geben müssen, denn zum Wegschmeißen ist es mir zu schade, zu wertvoll. Mit zittrigen Händen schließe ich meine Wohnung auf, einmal ist mir dabei sogar der Schlüssel aus der Hand gefallen, rasselnd ist das Schlüsselbund zu Boden gescheppert. In meinem Flur schlüpfe ich aus meinen Schuhen und lasse sie lieblos mitten im Weg liegen. Ich rieche sofort die Fahne Blut, welche ich mit in die Wohnung bringe. Mein nächstes Ziel ist die Dusche, verzweilfet versuche ich das Blut von meiner Haut und aus meinen Haaren zu kriegen. Doch unter meinem wütenden Tränenschleier geht es nicht ab und ich beginne frustiert zu schreien. Ich bin völlig überfordert mit den Gefühlen aus dieser Situation. In mir das kleine Mädchen von damals, das sich zusammenkauernd in die Ecke setzt.

Als ich es endlich abgewaschen bekommen, sehe ich, dass auch eine Hautschicht dran' glauben musste. Jetzt schaue ich noch mehr aus wie das Monster, das ich gerade in mir sehe.
Ich greife nach einem Top und einer Strickjacke, auch um meine, nun hässlichen, Arme zu verbergen. Ich meide bewusst jeden Spiegel und den Blick an mir herunter. Die Scham zerfrisst mich, als würde mich ein großes schwarzes Loch verschlingen. In meinem Wohnzimmer hängt ein Boxsack, ich muss ihn erneut aufhängen, weil er bei dem Kampf mit Will in jener Nacht herunter gefallen ist, aber dann schlage ich auf ihn ein. Immer und immer wieder, bis mir der Schweiß von der Stirn perlt.

-

Später geht es mir im Vergleich sehr viel besser. Mit einem Tee setzte ich mich vor den Fernseher und werfe eine dunkelrote Decke über meine Beine. Meine Vorhänge habe ich zugezogen, bevor die Nachrichtensprecherin zu reden beginnt:

..gestern wurde die Party von Britney Adams abrupt beendet ..

Dann macht sie immer wieder Pausen mit ihren Sätzen, während Bilder eingeblendet werden. Doch sie sind zensiert und Blut sieht man kaum. Das heißt sie zeigen im Fernsehen nicht annähernd das Ausmaß dieses Massakers.

...scheinbar ist ein Massenmörder am Werk gewesen...

Tatsächlich zeigen sie nun ein paar Bilder von potentiellen Tätern, die bereits in den letzten Jahren für düstere Schlagzeilen gesorgt haben.

...nur Britney Adams konnte nach dieser Attacke noch eine Aussage machen ..

In meinem Kopf wirbeln die Gedanken. Stumm bete ich, dass dies nicht daran liegt, dass alle anderen den Tätern zum Opfer gefallen sind. Mein Herz beginnt erneut zu rasen.

..scheinbar war sie während des Angriffes neuen Alkohol besorgen...

..trotz des schlechten Alibis schließen die Behörden Britney Adams als Mörderin aus..

Ob Will es in Erwägung gezogen hat, ihr den Mord anzuhängen? Ich bin mir sicher, dass er diese Option im Kopf hatte. Immerhin hat er direkt daran gedacht, alle Vampir-Spuren zu vernichten, während ich planlos durch die Gegend geirrt bin.

...unter den Schwerverletzten befinden sich unter anderem ihre besten Freundinnen Michelle Ferguson und Maggy Winters, die Tochter des Bürgermeisters...

LUCINDA - Wenn die Sonne im Zenit stehtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt