Siebzehn: Wissen wo sein Platz ist

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Plötzlich klopft es an unsere Tür. Dieser Miguel tritt ein ohne auf ein Zeichen der Zustimmung dafür zu warten, hält er wohl nicht für notwendig.
"Hola Leona", seine kratzige Stimme erfüllt den Raum und ich beobachte jede seiner Bewegungen.
"Hallo Löwin", übersetzt mir Liz hastig, ihr Kopf ist zu Boden gesenkt und ihre Stimme nur gerade laut genug, weil wir als Vampire besser hören können. "Ich kann spanisch verstehen", sage ich nur, allein um sie zu entlasten, sie steht unter großem Druck und lebt hier permanent in Angst.
Miguel ließ sich nicht beirren und spricht auf Spanisch weiter, vielleicht weil er denkt es würde ihn bedrohlicher wirken lassen:
"William Wane wünscht Euch zu sehen. Wie ich sehe tragt ihr auch schon das richtige Gewand. Wenn Ihr mir folgen möchtet."
Nein möchte ich nicht. Obwohl doch, denn scheint mir nach dem einzigen Weg zu Lucas.
Ich folge Miguel mit einem gewissen Abstand nach draußen und bleibe wachsam. Er hat schwarze Haare, ist kleiner als zunächst angenommen und trägt einen üppigen Bart. Bevor wir gehen reicht mir Liz noch ein paar High Heels, dass scheint sie zuvor vergessen zu haben. "Zu langsam, Chica!" Dann schlägt er zu. Liz sagt nichts, schreit nicht. Ihre Wange läuft rot an und ich weiß das sie Schmerzen empfindet. Doch sie lässt sich nichts anmerken. Nur eine einzige Träne kullert die gerötete Wange hinunter. Ich will zu ihr, sie tröstend in den Arm nehmen, doch Miguel zieht mich fort und ich lasse die Schuhe liegen.
Ich habe damit gerechnet in einen Saal zu kommen, in dem Sarah und Will ebenfalls sein würden. Ich hatte damit gerechnet in ein Büro zu kommen, wo Wills Vater hinter einem üppigen Schreibtisch sitzen würde und genau so ist es dann auch. Auf dem Tisch steht ein Schild mit seinem Namen: William Wane, der war bei der Namesvergabe seines Kindes wohl besonders kreativ. Dieser sieht aus wie Anfang 30, seine dunkelblonden Haare kurz geschnitten und perfekt frisiert. Miguel wirft mir einen herablassenden Blick zu, dann ist er weg.
"Hola, mi Leona."
"Hören sie auf mich so zu nennen und lassen Sie das spanisch, es lässt Sie nicht überlegen wirken", sage ich beinah zickig und verschränke die Arme vor meiner Brust.
"Kannst du kein Spanisch, meine liebe Leona?", fragt er und reizt mich damit.
"Lassen. Sie. Das." Er hob seine Hand als wäre er eine Katze. "Rawr." Empört gehe ich auf den Schreibtisch zu und schlage meine Fäuste auf die Tischplatte. Endlich weicht ihm das Grinsen aus dem Gesicht und er wird ernst. "Reißen Sie sich zusammen, ich habe hier die Karten in der Hand", er grinst und beugt sich vor, umschließt meine Hand und bricht mir die Knochen in der Hand, ich schreie auf. "Vergessen Sie niemals, wo Ihr Platz ist." Er lässt Miguel rufen und mich wegbringen, ich frage mich, wofür dieser Auftritt war, vielleicht Einschüchterung oder er wollte nur überprüfen wie ich bin.

Dann sehe ich Sarah zum ersten mal wieder, Miguel öffnet eine Tür und schubst mich hinein. Sarah sieht unverändert aus, sie hat sicher geduscht aber sie darf anscheinend auch ihre eigenen Klamotten tragen, dass zeigt mir das ich das einzige Ziel von William Wane bin.
"Lucas?" Sie schüttelte den Kopf. Sie hat auch nichts von ihm gehört, das gefällt mir nicht. Ist er denn überhaupt hier?
"Sarah, falls wir hier sterben muss ich noch etwas wissen", sage ich dann und setze mich neben sie auf das Sofa, auf dem sie sitzt.
"Klar", sagt sie lässig und scheint nicht zu wissen worauf ich hinaus will.
"In eurem Haus hing ein Foto, darauf waren deine Eltern, aber meine auch, damit müsste dieses Foto fast 200 Jahre alt sein, das ist aber unmöglich, denn Werwölfe sind sterblich. Sie altern zwar langsamer aber so langsam nun auch wieder nicht. Meine Eltern sind seid 199 Jahren Tod. Wie kann so ein Foto existieren?"

LUCINDA - Wenn die Sonne im Zenit stehtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt