Dreizehn: Spannungen

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Eine Woche nachdem Will und ich bei Sarah waren, hat Lucas mir erzählt das er mit Sarah zusammen ist. Erst war ich ein bisschen verwirrt, an die Vorstellung das mein bester Freund eine feste Freundin hat musste ich mich erst gewöhnen, aber dann habe ich mich für ihn gefreut. Sie kann ihn im Falle eines Angriffes wenigstens verteidigen und ich will schließlich auch nur das er glücklich ist. Zur Feier seiner ersten wirklichen Freundin, hat er uns alle zu ihm nach Hause eingeladen. Eigentlich hatte er Will nicht einladen wollen, doch er hat eingesehen das ich sonst übrig gewesen wäre, so wie das fünfte Rad am Wagen. Außerdem wusste er, dass er Will genauso respektieren muss wie ich Sarah. Spannungen untereinander waren vorprogrammiert, aber ich bin trotzdem sehr positiv in diesen "Pärchenabend" gegangen.
Sarah war zwar nicht so begeistert mit zwei Vampiren den Abend zu verbringen, nur konnte sie dieses Argument Lucas kaum vorbringen ohne sich lächerlich zu machen und ihn dabei zu gefährden, also fügte sie sich ihrem Schicksal.

Mit meiner Lieblingsjeans und einem Pullover von Will machte ich mich auf den Weg zu Lucas Wohnung. Ein bequemes Outfit für einen bequemen Abend.
Auf einmal hörte ich den Wind rauschen, wenige Sekunden später war Will hinter neben mir, nahm meine Hand wie selbstverständlich.
"Du hast mich erschreckt", meine ich, doch es stimmte nur halb. Mittlerweile ist es ein vertrautes Gefühl.
"Tut mir leid", erwidert er, aber es tat ihm nicht wirklich leid, denn er grinste über beide Ohren und seine Stimme triefte nur so vor Ironie. Ich starrte ihn gespielt böse an und er brach in schallendes Gelächter aus, das wohl schönste Geräusch für mich wie ich erstaunt feststellte, verrückt wie ich auf ihn reagiere. Spielerisch boxe ich ihn und er macht einen O-Mund, rieb sich die Stelle und tat so als würde es höllisch schmerzen. Ich bezweifelte jedoch das er es überhaupt richtig gespürt hat, grinsen musste ich trotzdem. Diese Leichtigkeit zwischen uns beflügelt mich, um noch positiver in diesen Abend zu starten.

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Als Lucas die Tür öffnete fiel mir auf wie gut er aussah. Diese Beziehung machte ihn scheinbar sehr glücklich und das stand ihm gut. Es schien ihn von innen heraus zu erwärmen, denn er strahlte es durch seine gesamte Körpersprache aus. Er ging aufrechter und seine Augen funkelten so begeistert. Ob meine Körpersprache sich auch so verändert hat?
Wir umarmten uns herzlich und innig, ich atmete den Geruch seines Parfums ein. Etwas das mir mehr als vertraut ist, ich weiß wie seine Arme sich anfühlen wenn er sie um mich liegt und sein Geruch ist ein wenig wie nach Hause kommen, das wird sich niemals ändern, das wird mir gerade bewusst.
Im Inneren der Wohnung wartet Sarah schon. Wir umarmten uns nicht, nicht einmal ein Lächlen kam über ihre Lippen. Auch wenn meins wahrscheinlich auch eher furchteinflössend als freundlich aussah, gab ich mein Bestes, nur ist bei ihrem Anblick meine positive Einstellung rasch verfolgen. Die Jungs begrüßten sich mit einem Handschlag, mir gefiel die Anstrengung von Will, er tat so als ginge ihm das alles locker von der Hand. Dabei konnte er Sarah nicht ausstehen und Lucas hielt er für unnütz, weil dieser ja nur ein Mensch war, doch trotz allem war er hier.
Bei mir und für mich, das rechne ich ihm hoch an, denn es beweist das es ihm ernst ist, weil er die Dinge ernst nimmt, die mir wichtig sind. Selbst wenn sich ihm der Sinn nicht erschließt.
Lucas hatte Star Wars Episode III rausgesucht, ich habe diesen Film schon 100 mal mit ihm gucken müssen, denn es ist sein Lieblingsfilm. Wenn wir alleine gucken, sprechen wir aus Spaß immer einige Szenen mit, möglichst überdramatisert sodass es einer Parodie glich.
Da wir nicht alle auf die Couch passen, setzen Will und ich uns auf den Boden. Ich kuschle mich in seine Arme, schmiege meinen Kopf an seine harte Brust. Gedankenverloren strich er über meinen Oberarm, so als wäre es vollkommen selbstverständlich, während er seine Hand in meinen Haare vergräbt und die Haarsträhnen zwischen seinen Fingern dreht.

Eigentlich verläuft alles friedlich, nur manchmal wirft uns Sarah einen misstrauischen Blick zu. Obwohl wir nichts weiter machten als zum Fernseher zu gucken. Will ist nicht wirklich von dem Film gefesselt, ich glaube er hängt seinen Gedanken nach, aber auch das stellt keine Gefahr für irgendjemanden da. Das Popcorn steht auf seinen Beinen und immer mal wieder greifen Lucas und ich hinein.
Doch als wir dann Schritte vor der Wohnungstür hören, wurden wir drei sofort misstrauisch. Lucas, völlig auf den Film fixiert bekam davon nichts mit. Ich werde unruhig und lausche konzentrierter, vernehme leises Geflüster, panisch sehe ich zu Will, aber da schwingt schon die Tür laut auf und vier Männer - pardon - Vampire stürmen hinein. Blitzschnell stehen Will und ich auf, so synchron wie eine Einheit, als wären wir einander vollkommen vertraut. Sarah stellt sich schützend vor Lucas, während einer der Vampire zu sprechen beginnt, alle anderen verharren scheinbar leblos hinter ihm und schweigen, dabei sind sie so ruhig, dass sie wie Schatten wirken.
"Hola William", der Vampir, offensichtlich ein Spanier durchbricht die Stille um Raum. Er nimmt die Fernbedienung vom Tisch und schaltet den Film ab, von dem er genervt zusein scheint. Will verzieht das Gesicht als er spricht, ich bin mir sicher er kennt diesen Vampir.
"Was wollt ihr hier, Miguel?", Wills Stimme ist ausdrucklos und lässt keine Vermutungen über seine Gedanken oder Gefühle.
"Dein Vater schickt uns. Er fragt sich warum du nicht zurück gekehrt bist und wenn ich ihm erzähle das unsere Lucinda noch am Leben ist, wird das sicher Fragen aufwerfen", er sprach schnell und auf spanisch doch ich konnte ihn problemlos verstehen, dank meiner Sprachkurse in der Vergangenheit. Zudem schwingt in seiner Stimme ein drohender Unterton mit, vielleicht auch selbstgefällig. Miguels Gefährten stehen mittlerweile unruhig herum, vielleicht fühlen sie sich von Will bedroht oder sind von seinem Verhalten verwirrt, so wie auch ich.
"Ich habe alles unter Kontrolle, hau ab Miguel!", zischt Will und baut sich auf, unwohl weiche ich unauffällig von ihm ab. Miguel beginnt schallend zu lachen, oder eher zu brüllen, auf jeden Fall macht er einen schrecklichen Krach.
"Alles unter Kontrolle, mi Amigo? Das sieht mir aber gar nicht danach aus. Unsere Lucinda ist am Leben. Du bist befreundet mit einem Werwolf und hängst mit einem Menschen rum. Tztz. Was wird dein Vater dazu bloß sagen?", dieses Mal trieft seine Stimme nur so vor Hohn. Sarah und Lucas wirken völlig verunsichert, aber Will bleibt unlesbar, aber seine Fassade bröckelt und die Wut scheint in ihm hoch zu kochen: "Sie ist nicht unsere Lucinda und du wirst ihm gar nichts sagen Miguel."
"Deine hm?", meint er spöttisch und verzieht dann das Gesicht, kurz angewidert, dann belustigt. "Tztz ,jetzt drohst du mir auch noch!", er schnalzt mit der Zunge und grinst dann ohne ein weiteres Wort.
Dann Stille, wie die Ruhe vor dem Sturm.

"Tötet sie. Tötet sie alle", ist das nächste was Miguel von sich gibt und nur einen Sekunden Bruchteil später stürzt sich einer der Vampire auf mich, ringend gehen wir zu Boden. Er richtet seine Fangzähne auf meinen Hals und bevor ich es verhindern konnte rammte er sie in meine Ader, doch statt mich nur zu verletzten trank der Widerling um mich zu verspotten und zu schwächen. Ich spüre wie ich immer schwächer werde, wie meine Versuchte ihn wegzudrücken nachlassen. Ich sehe noch wie Will sich auf Miguel stürzt, dann konzentriere ich mich mit aller Kraft auf den Widerling über mir und stoße ihn mit entschlossen von mir. Der Vampir wollte es jetzt schnell machen, schnell mein Genick brechen, doch ich kam ihm zu vor, er hat meine Schwäche überschätzt und wohl nicht mehr mit Gegenwehr gerechnet. Ich springe auf und er folgt meinem Beispiel, doch ich schubse ihn und er fällt überrascht und scheinbar auch er geschwächt zu Boden, wovon auch immer. Doch endgültig getötet habe ich ihn nicht. Hektisch suche ich nach etwas aus Holz, etwas wie einen Pflock, um diesem Widerling sein Ende zu bescheren. In der Küche greife ich nach einem Kochlöffel dann renne ich zurück und töte den Vampir, ich sehe ihm tief in die Augen als ich das Holz in sein Herz ramme.
Kurz orientierungslos schaue ich mich um, Sarah kämpft - nun in Wolfsgestalt - mit zwei Vampiren gleichzeitig. Ich eile ihr zur Hilfe, reiße einen Vampir von ihr und schleudere ihn gegen eine Wand, dort bleibt er zumindest für den Moment regungslos liegen.
Lucas steht hinter dem Sofa, seine Augen vor Schreck geweitet, selbst aus einigen Metern Entfernung sehe ich sein zittern. Ich überlege was er jetzt wohl sieht und was ihm durch den Kopf gehen muss:
Seine beste Freundin mit blutroten Augen und scharfen Eckzähnen kämpft mit Irren die seine Wohnung stürmten.
Seine feste Freundin ist der große böse Wolf und überall ist Blut. Ja, überall ist Blut, ein bisschen von meinem, vielleicht ein bisschen von jedem was.
"Pass auf Luce!" Ich drehe mich um doch es war zu spät, denn der Vampir den ich fort geschleudert habe kommt auf mich zu gerannt und rammt mir ein Stück Holz in die Brust. Ich sehe noch Lucas aufgerissene Augen und höre Wills wütenden Aufschrei, aber dann falle ich zu Boden und alles wird schwarz.

LUCINDA - Wenn die Sonne im Zenit stehtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt