Kapitel 65: Weiße Haare!

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Der erhöhte Puls klopft mir noch in den Ohren, als das Publikum anfängt laut zu applaudieren. Michaels ehrliches Lächeln springt mir entgegen, doch ich suche nur wieder nach der einzigen Person, für die ich dieses Lied wirklich singen möchte. Kurz setzt mein Herz aus, als ich tatsächlich die weißen Haare an der Bar entdecke. Ich drücke mich durch die Menschen vor der Bühne um zu ihm zu gelangen, doch alle halten mich auf, wollen mir sagen wie gut ich gespielt habe. "Ich muss hier durch!", sollen sie mich einfach zu Mark lassen, doch als ich an dem Platz ankomme ist er leer. "Mark?!", drehe ich mich wieder in die Menge, doch da steht Michi direkt hinter mir und sieht mich an. "Der letzte Song war der beste", verkündet er und drückt mir ein Bier in die Hand. Ich spüre wie ich die Verbindung zu Mark wieder am verlieren bin und werde panisch, als ich dem jungen Mann das Glas wieder an seine Brust schiebe. Chiara versteht mich wie so oft ohne Worte und begleitet mich aus der grünen Tür auf den Parkplatz. Er muss irgendwo sein! Ist der einzige klare Gedanke den ich gerade fassen kann, doch auch hier draußen ist niemand. Die Einsamkeit greift erneut nach mir und ich merke wie ich die Hoffnung verliere ihn jemals wieder zu treffen. Er war es doch, niemand sonst hat so weiße Haare wie er. Mein Blick fällt auf Chiara und ich versuche nicht Opfer meiner Gefühle zu werden, nicht wieder abzurutschen in das tiefe Loch aus dem er mich erst wieder heraus geholt hat.

"Phil?", fragt mich Michael ruhig als er mir in seiner dünnen Sweatshirtjacke auf dem Parkplatz gefolgt ist und mich plötzlich in den Arm nimmt. "Das war nicht Mark, das war ein Mädchen..", presst er mich feste an sich. "Lass das..", brechen die Tränen leise aus mir heraus. Was will der eigentlich die ganze Zeit von mir? Ich kann ganz gut alleine entscheiden wen ich eben gesehen habe, wem ich nachlaufe oder wer mich in den Arm nehmen darf. Wieso zerstört er mir die letzte Hoffnung die ich habe? "Soll ich dich heim bringen?", legt er seine Stirn an meine und versucht aufmunternd zu lächeln, doch ich spüre nur wie ich wieder sauer werde. "Du sollst das lassen!", drücke ich ihn von mir weg und werde lauter. "Ich bin nicht auf dein Mitleid angewiesen!", trocknen die Tränen noch bevor sie meine Wange erreichen konnten. "Verpiss dich einfach wieder! Seit ich dich kenne geht mein verkacktes Leben einfach wieder den Bach runter! Er ist nur wegen dir weg! Also hau ab! Lass mich in Ruhe mit deiner behinderten Fürsorge!", schreie ich ihn mitlerweile an und lasse die ganze Wut aus mir sprechen, welche sich in den letzten Tagen bei mir angesammelt hat. Chiara legt die Ohren an und versteckt sich hinter meinem Auto, als Michael sich von mir entfernt und seine so fröhlichen Augen glasig werden. "Warum verdammt nochmal heulst du jetzt?! Wir kennen uns einen Tag man! Einen! Und der hat gereicht das du alles zerstört hast! Also wenn jemand heulen darf, dann ich!", gestikuliere ich stark während Michi immer ruhiger wird und es einfach über sich ergehen lässt. Nach meinem Schreikonzert bebt meine Brust schmerzhaft und ich spüre wie meine Wangen nun doch feucht sind. Es ist seine Schuld, das er weg ist. Wenn das mit Michael nicht gewesen wäre, wäre Mark jetzt hier. Er wäre hier bei mir und nicht er! Meine Fäuste verkrampfen sich, während ich versuche meine Fassung wieder zu erlangen.

"Gute Nacht Philipp", zittert Michaels Stimme tränenverzerrt und aufeinmal wird bewusst was ich gerade getan und gesagt habe. "Michi...", will ich nach seiner Hand greifen, doch diese wird mir sofort wieder entrissen. "Es.. tut..", noch bevor ich mich entschuldigen kann, sehen mich die großen traurigen Augen an. "Spar es dir! Ich verschwinde schon wieder aus deinem perfekten Leben! Ich wäre nicht einfach abgehauen, wenn du mir die Chance gegeben hättest, ein Freund von dir zu werden!", ist es kein Schreien, eher ein verletztes lautes Sprechen. Die Autotür geht und der Wagen von Michael verlässt mit leisem Motorgeräusch die Ausfahrt zur Straße. Nun bin ich wirklich allein.

Kraftlos lasse ich mich unter der einzigen Laterne auf dem Parkplatz sinken und vergrabe mein Gesicht in meiner Jacke. Ich bin einfach nicht ich selbst ohne Mark. Bitte, komm endlich zu mir zurück, ich brauche ihn gerade so sehr. Die Zweifel die Michi in seinen Aussagen bei mir hinterlassen haben, fressen sich gerade durch jede Zelle meines Körpers und wollen mir den Glauben nehmen, an dem ich mich so sehr festkralle. Chiara wärmt mich in dem sie ihnen Kopf unter meinen Arm drückt und ihn auf meinem Schoß ablegt. "Er kommt wieder...", streichle ich über den ängstlichen Hundekopf, welcher mich mit den größen brauenen Augen traurig ansieht. "Mark würde uns doch nicht Grundlos alleine lassen..", beruhige ich mich eher selbst, als meine Begleiterin. Musik stört die Ruhe um uns herum und eine kleine Gruppe Mädchen kommt aus der Bar, unter ihnen auch die weißhaarige, welche ich von weiten eben für Mark gehalten habe. Ein Mädchen, schallen mir Michis Worte im Kopf wieder und ich merke erst jetzt, das er einfach gerne mein Freund geworden wäre. Ich Atme ein letztes mal tief ein und aus, bevor ich meinen Wagen stehen lasse und einen Fuß vor den anderen setze. Einfach den Kopf freibekommen ist mein Wunsch, welcher mir jedoch verwehrt bleibt. Ich lebe in der Erinnerung an Mark, alles sieht so aus wie er, riecht nach ihm, schmeckt nach ihm, doch nichts von alle dem, ist er wirklich. Sonder es zieht mich einfach nur mehr in den Abgrund, denn es verstärkt das Gefühl seiner Abwesenheit um so mehr.

Ich lebe von einem Tag in den anderen und bin fest davon überzeugt das es für alles eine Erklärung geben wird und Mark bald einfach wieder bei mir aufkreuzt.

Doch...keine Liebe? Boy x Boy, boyxboy, yaoi, boysloveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt