Kapitel 91: Das Leiden der Liebe

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Die wärme der weichen Lippen umfängt mich, als hätte diese Verbingung genau auf diesen Augenblick gewartet. Zärtlich süß legt der Geschmack des Jüngeren sich auf mich, lässt mich beben, obwohl wir beinahe Atemlos beisammen stehen, doch die Welt scheint sich viel schneller als sonst zu drehen, aber dieser eine Moment ist Unendlich, dieser liebevolle Kuss gehört nur uns und dennoch, fühlt es sich Falsch an und hinterlässt einen bitterlichen Beigeschmack.

"Es - es tut mir Leid!", sehe ich ihm traurig im die matten Augen. Auch wenn er mich diesmal nicht weg gestoßen hat, oder sich von mir lösen will, fehlt in seinem Blick die Leidenschaft und die Freude, welche Andys Schönheit ausdrückt.
"Ist schon gut", dringt die leise Stimme an mein Gehör während ich den zierlichen Körper noch immer in meinen Armen halte, doch der nachdenkliche Blick bleibt verletzt. Mir selbst wird allerdings mit jedem Herzschlag in seiner Nähe mehr und mehr bewusst, dass ich den jungen Mann wieder Lächeln sehen möchte. Das jedes goldene Haar in der Sonne glänzen sollte und nur das glitzern seiner Augen, mehr strahlen kann. Kraftlos und verwirrt entfernt sich Andy aus meinen Armen und sinkt auf das alte Leder meiner Couch nieder, bevor sein Gesicht in seinen Händen verschwindet. Etliche Augenblick scheint er wie in einer starre zu sein, gefangen in seinen eigenen Gedanken und ich? Hilflos sehe ich den zerbrochenen Mann vor mir an, sehe sein Leiden, seine Unsicherheit und bin machtlos ihm den Trost zuspenden, den er jetzt benötigt.

Ohne Worte lösen sich die Hände aus seinem Gesicht und er dreht den glitzernden Ring, gedankenverloren an dem schlanken Finger. Schmerz verzerrt einen Wimpernschlag seinen Blick, als er ihn wohl versucht abzulegen, doch ich kenne das Gefühl welches nun seine Inneres zerfressen möchte, die endlose Stille seines Herzens, welches beginnt zu begreifen, das Liebe nicht nur Glück bedeutet. Viel mehr ist Liebe Leid, welches von strahlenden Lichtblicken geflutet wird, die einen alles andere vergessen lassen und dennoch, obwohl ich das wahre Gesicht dieses verlogenen Gefühls kenne, die Stille welche die Zeit zum erliegen bringt, bin ich gerade dabei mich zu verlieben. Spüre bereits jetzt, das Leiden der Liebe, unabwendbar wie das Aufgehen der Sonne nach einer langen beschwerlichen Nacht, deren grelle Strahlen mir versuchen die Netzhaut zu verbrennen und dennoch, lasse ich es zu, sehe in das Licht welches vor mir gerade zerbricht.

Die Tage vergehen und Andys Ferien sind beinahe vorbei und mit jedem Tag, den der Sommer verschluckt, frage ich mich, ob mit dem Ende des Sommers auch das Ende unserer Zeit näher rückt. Das tägliche Ritual, welches meinen Freund am Leben hält, gleich ob es immer Erfolgslos bleibt, würde mit beginn der Schule doch auch ein Ende finden müssen... oder etwa nicht? Andy fehlt mitlerweile die Ruhe um einfach zu warten, sondern seine Schritte führen ihn jeden Tag die gleiche Strecke entlang, lassen ihn durch den Park streifen, selbst an dem Haus von Sam klingeln, welches immer im Dunkel bleibt und das anspringen der Mailbox, wenn er bei ihm anruft. Niemand fängt ihn auf, niemand befreit ihn aus dieser Strafe der Liebe und ich? Ich schaffe es nicht ihm zu Helfen, sondern sehe jeden Tag zu, wie das Leid sein Herz Stück für Stück zersetzt und ohne Gnade vor meine Füße wirft.

Ich bin gerade dabei Andy wie immer an seinem Baum einzusammeln, das schmerzliche Gesicht sehe ich schon lange nicht mehr, genauso wenig wie das strahlende Grau nach dem sich mein Inneres so sehr sehnt, doch schon von weitem sehe ich wie ein junger Mann im Kaputzenpullover seine Arme um den gedankenverlorenen Jungen schlingt. Ich kann sein Gesicht nicht erkennen, da es im Schatten liegt, doch das Leuchten in Andys Blick flackert auf und noch bevor Andy ihre Ringe verbinden kann, ist mir bewusst, dass es kein anderer als Sam sein kann, welcher wie aus dem Nichts plötzlich aufgetaucht ist.

Unbewusst habe ich inne gehalten, während meine Augen wohl den Schmerz der unerwiederten Liebe und die Enttäuschung über das erscheinen von Sam, nicht zu verbergen vermögen.

"Was soll das?", kann man die aufgebrachte Stimme meines Freundes hören, als er sich zu Sam dreht. Was der Dunkelhaarige erwidert, kann ich nicht verstehen, sehe nur die innige Umarmung, welche all den Schmerz ausdrückt, welchen Sam wohl auch gespürt haben muss. "Seid ihr...", trifft mich sein Blick, als der Wind seine kraftlose Stimme an mein Ohr trägt: "...seid ihr, ein Paar?" Die Worte schmerzen, noch bevor Andy verneinend den Kopf schüttlen kann. Waren wir nicht und werden wir jetzt auch wohl nie sein... Wie eine zerstörerische Glut brennt sich das Bild der Beiden in mein Herz, zerreißt meine Brust und raubt mit den Atem. Das Rauschen meiner Gedanken, lässt mich die Beiden nicht länger Beobachten, sondern verteilt den süßen Schmerz, des Verlassens werden in mir, doch kann man Verlassen werden, wenn man nie zusammen war? Darf ich mich überhaupt so fühlen?

"Wenn du jetzt gehst, werde ich es dir nie mehr verzeihen!", die weinerliche Stimme von Andy reißt mich aus meinem Selbstmitleid, lässt mich dem Gespräch wieder folgen und ich sehe das Sam bereits wieder einige Schritte von Andy weg gegangen ist, doch zitternd Inne hält. "Es ist mir egal! Selbst wenn sie mich foltern werden, kann der Schmerz nicht unerträglicher sein, als der Schmerz, wenn ich von dir getrennt bin!", ruft der Blondschopf mit klarer und kraftvoller Stimme. So selbstsicher hat er noch nie geklungen. Sam dreht sich um und nimmt die Kaputze runter um sich Andy zu zeigen und ich kann sein Gesicht im Licht der Sonne sehen. Ausgemerkelt und blass kann man auch an ihm die Strapazen der letzten Wochen deutlich erkennen, als sie sich wieder in die Arme fallen und ein sanften Lachen den letzten Funken Hoffnung aus meinem Herzen brennt.

Bewegungsunfähig sehe ich Sam, welcher ausdruckslos auf mich zukommt und das Wort nun an mich richtet: "Du wolltest also meinem Andy den Kopf verdrehen?", erklärt er nüchtern. "Das sehe ich ja normalerweise nicht sehr gerne!", spricht er ruhig weiter: "aber...Danke, Danke das du auf ihn aufgepasst hast! Das nächste mal bin ich aber nicht so gnädig!" Sam drückt sich feste an meine Brust und verteilt die Wahrheit, doch aus irgendeinem Grund kann ich ihm nicht Böse sein, sondern lasse es geschehen. "Mach dir keine Gedanken, ich bin immer nur die Nummer 2!", lache ich gezwungen und mit einem mal wurde mir bewusst, das die Liebe mich wieder mal am Haken hat und ich nur unfahig zusehen kann, wie Andy und Sam gemeinsam ihres Weges gehen. Lächelnd hatte Andy sich von mir verabschiedet, wollte ich nicht genau das sehen? Aber warum bleibe ich zurück, allein, mal wieder?

Doch...keine Liebe? Boy x Boy, boyxboy, yaoi, boysloveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt