Kapitel 93: Unbeantwortet

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"Ja?", bin diesmal ich es, der sich darüber wundern muss, wer am anderen Ende der Leitung ist. "Berger hier, sie haben angerufen?", erklingt eine aufgeweckte Frauenstimme. "Ähm.. ja also ich wollte Andy erreichen", bin ich einen Herzschlag etwas überfordert, als ich in den Hörer stammle. "Bist du ein Freund von ihm? Er wohnt leider nicht mehr hier", schwingt die Liebe und auch die Trauer über diese Auskunft in ihrer Stimme mit. "Versuchs am besten mal auf seinem Handy... da ist er eigendlich immer zu erreichen", scheint die junge Frau viel und gerne zu reden. "Haben sie die Nummer vielleicht?", presse ich gerade noch hervor als sie sich bereits wieder verabschieden wollte. "Einen Moment...nein tut mir Leid, mein Handy ist gerade beim Einkaufen in hundert Teile zersprungen und ich bekomm das Mist Ding nicht mehr an", seuftzt sie verärgert über die Technik. "Aber die Haustelefonnummer kann ich dir geben, die hat mir Sam neulich in mein Adressbuch geschrieben", kann man das Lächeln in ihrer Stimme hören, während sie irgendwo zu kramen scheint. Wie ein glühender Pfeil brennen sich ihre Worte in meine Kehle als ich einen Augenblick nichts erwidern kann. Die Erwähnungen von Sam, kann doch nur bedeuten das es sich wirklich um die Nummer meines Andys hält, nach welcher die redefreudige Dame gerade sucht. "So... hast du was zum schreiben?", bringe ich noch immer nicht mehr als ein kratzendes: "hmh", hervor, als meine zittrigen Finger die Ziffern, welche mich wieder zu Andy führen würden auf den Rand des Telefonbuches aufschreiben.

Freundlich verabschiede ich mich von anscheindend Andys Mutter und schließe einen Wimpernschlag die Augen um Kraft für den nächsten Anruf zusammeln.

'So läuft...', vernehme ich die warme Stimme des Braunhaarigen, welche kurz kruschelt bevor man auch Andy hören kann. 'Sag doch einfach...', ziert sich der Jüngere wie so oft und ich kann förmlich sehen wie ihm die Farbe in die Wangen fließt. 'Los jetzt!', lacht Sam glücklich, wobei Andy schon wieder meckert. 'Dann mach neu!', will der Blonde die Aufnahme löschen, doch Sam knistert nur kurz bevor die Beiden dann im einklang ihren Text vortragen und man spüren kann wie sie sich dabei Grinsend ansehen und ihr Lachen unterdrücken müssen. 'Hier ist der Anrufbeantworter von Sam Schwarz und Andreas Berger!'

Unangenehm reißt mich der Ton aus den Gedanken, als das Telefon durch klingelt. Kaum ertönt der Piepton lege ich Stumm wieder auf. Die Tonband aufnahme verrät mir allerdings das ich die richtige Nummer bekommen habe, den die Stimme der beiden Wohnungsbesitzer darauf sind mehr als deutlich zu erkennen und ungewollt spüre ich wie ich sauer werde.

Genervt werfe ich das Telefonbuch auf das Leder um mit Chiara gemeinsam das Haus zu verlassen. Was habe ich mir auch dabei gedacht? Ich rufe ihn an und er kommt sofort zu mir zurück? Als wenn er den Mann verlassen würde mit dem er bereits zusammen wohnt, um mit einem fast völlig fremden Musiker zusammen zu sein, welcher nicht mal seine Handynummer besitzt. Verärgert über mich selbst ziehe ich durch den Park und hab nicht einmal Chiaras Bällchen eingepackt. Die Bewegung hilft mir alles zu vergessen und meine Gedanken machen mir schmerzlich bewusst, dass ich mich ein zweites Mal selbst nicht leiden kann. Ich schließe die Augen um einfach einen Moment für mich zu sein, den Lärm der vorbei fahrenden Autos vergessen, das Gefühl des Verlassen werden verdrängen. Als mir nur wenige Herzschläge später bewusst wird, daSs es nicht nur Schwarz und Weiß gibt. Denn zwischen dem Lärm hört man das Lachen, die singenden Vögel und ich kann trotz der Dunkelheit um mich die Sonne auf meiner Haut spüren. Vielleicht wird mich Andy niemals so mögen wie ich ihn, aber vielleicht vergehen meine Gefühle für ihn irgendwann und wir können einfach Freunde sein, welche für einander da sind.

Erneut nehme ich das Telefonbuch mit der Nummer des Blonden zur Hand um ihn einfach noch einmal wiederzusehen. Sein Lachen zu genießen, selbst wenn dieses niemals zu mir gehören sollte. Das Telefon ertönt wieder mit dem Freizeichen, bis die verknügte Stimme des Anrufbeantworter den Piepton ankündigt. Einen Herzschlag bekomme ich kein Wort heraus, doch dann legt sich auf meine Lippen ein zufriedenes Lächeln. "Hey Andy hier ist Phil, deine Mum hat mir deine Nummer gegeben. Ich würde gerne noch mal mit dir reden ruf mich doch mal zurück wenn du das Hörst. Meine Nummer lautet 017XX...", diktiere ich die Ziffern bevor ich Auflege und nur noch warten kann. Immer wieder sehe ich auf mein Handy, doch außer die üblichen Nachrichten bekomme ich keine Mitteilungen oder Anrufe, bis der angebrochene Abend verstichen ist und ich den Samstag wohl alleine ausklingen lassen muss. Auch der Sonntag bleibt trostlos und ich beginne mich zufragen, ob ich Andy vielleicht die falsche Nummer durch gegeben habe, oder Sam meine Nachricht vielleicht einfach gelöscht hat. Doch ich will mich ihnen auch nicht aufdrängen, oder Andy Probleme bereiten, weshalb mir einzig das Hoffen und Warten übrig bleibt.

Montag Morgen, sind die Straßen wie so oft überfüllt und die gestressten Arbeiter hetzten an mir und Chara bei unserem Weg zum Park vorbei. Ich bin wirklich froh immer nur Freitags zu Pascal zu müssen und dann auch nur, wenn ich es selbst will. Eigentlich kann ich mich doch Glücklich schätzen mit dem was ich habe? Meine Gedanken werden von meinem Klingelton zerrissen, doch bevor ich es aus meiner Hosentasche wühlen kann, verstummt das Gerät bereits wieder. Nicht aber ohne die Nummer des Anrufers zu hinterlassen. "Hey, hier ist Phil!", beginne ich breit grinsend, doch am anderen Ende bleibt es einige Sekunden stumm. "Andy, bist du das?" "Ah, ja, sorry ich war irgendwie gerade nicht auf dich vorbereitet!", entschuldigt sich der junge Mann am anderen Ende verwirrt. "Cool dass du zurück gerufen hast!", kann ich meine freude über seinen Rückruf nicht vor ihm verbergen, als ich höre wie auch Andy zu grinsen scheint: "Kein Ding, was gibts?" "Ich wollte Fragen ob wir uns später im Park treffen können, ich würde gerne etwas mit dir besprechen!", bringe ich mein Anliegen noch immer gut gelaunt vor, als Andy wieder einen Wimpernschlag schweigt und ich mich unweigerlich fragen muss, ob es klug war ihn so zu überfallen. "Na klar, ich komme nach der Schule!", vertreibt er mir die sich aufbauenden Sorgen sofort, als er anscheinend nur darüber nachgedacht hat, ob bereits einen anderen Termin vorliegt. "Super ich freu mich", beenden wir das Gespräch und ich speichere mir breit grinsend die Nummer auf dem Display ein.

Doch...keine Liebe? Boy x Boy, boyxboy, yaoi, boysloveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt