Kapitel 75: Daddy!

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Die treue Seele von Chiara begleitet mich wie jeden Abend seit Mark weg ist, mit ins Bett und ich kuschel mich dicht an ihren warmen Pelz. In nur wenigen Minuten falle ich in einen tiefen Schlaf und meine Finger hören auf über das dunkle Fell des Tieres zufahren.

"Warum?", hallt es immer wieder schmerzlich durch meinen Kopf. Ich hab alles für ihn getan, warum sind seine feurigen Augen plötzlich wieder so kalt und gleichgültig zu mir? "Ich hab dich niemals geliebt Phil", lacht Mark mir in der Tiefe der Dunkelheit entgegen. "Mark!", brechen Tränen aus mir heraus die ich einfach nicht aufhalten kann. "Was hast du den Philliboy? Du heulst ja schon wieder!", zeigt er mit dem Finger auf mich und sein so zartes Gesicht, verzieht sich zu einer hässlichen Fraze. "Phil.. ich hasse Schwächling wie dich. So etwas wie du.. kann bei keinem die Nummer eins werden...", gackert der weiße Engel sich den Bauchhaltend los. "Glaubst du wirklich... jemand könnte dich irgendwann lieben?", verzieht sich die Szene wie sooft in meinen Träumen zu alten Bildern aus meiner Kindheit.

"Daddy!", stolpere ich um die neun Jahre alt meinem Vater entgegen, doch egal wie lange ich laufe, ich komme ihm nicht näher. "Daddy, wohin willst du?", raßt meine Brust, in welcher sich das Brennen der Luft wie ein Lauffeuer in meiner Lunge ausbreitet. "Daddy, warte doch auf mich..", fälle ich auf den kalten Stein unter meinen Füßen, auf welchen die Tränen der Verzweiflung wie ein donnerndes Unwetter auftreffen. "Daddy..", will ich mich aufgeben und einfach auf dem Boden zusammen rollen. "Phil?", tippen mich kleine Kinderfinger an "Phil? Du kannst doch nicht einfach auf dem Boden schlafen..", meine Augen öffnen sich und in dem Schmutz der Straße saugt sich der Stoff des kleinen Hasen, welcher über den Boden geschliffen wird, mit den dreckigen Pfützen voll. "Zoe?", drücke ich das Kind an mich. "Was ist den Los Phil?", fragen mich blaue leuchtende Augen ohne eine Spur von Angst. "Zoelein...", wird mein Griff noch fester, während das kleine blonde Mädchen mir beruhigend über die Haare streichelt. Das angenehm Gefühl von wärme, erreicht meine kalten Glieder und das salzige Nass sickert in den Stoff des geblühmten Kleidchen von Zoe. "Ich liebe dich Schwesterchen..", hören ihre Finger auf die angenehme Bewegung fortzusetzen und als kein 'ich dich auch', von ihr kommt ziehe ich sie an den schmalen Schultern einige Zentimeter von mir weg. Ihre lebhaften blauen Augen sind in dieser Sekunde leer und starr, genau wie all das Gold ihres Haares über das ich ihr gestrichen habe, zwischen meinen Fingern klebt. Ein Gefühl von Panik und Ekel lässt mich das Mädchen in meinen Armen los lassen und ihr toter blaser Körper sackt in sich zusammen. "Niemals Nummer eins...", gackert Marks Stimme wieder durch meinen Kopf und ich greife mir selbst plötzlich wieder in meinem jetzigen Körper in die Haare. "Lass das!", schreie ich in die absolute Dunkelheit die mich umgibt. "Lass mich einfach in Ruhe..", wird aus dem schreien ein bittendes wispern. "Verlass mich bitte nicht Mark..", sehne ich mich nach seiner Ruhe, seiner Nähe und dem Gefühl des Zuhause seins.

Schweiß gebadet schrecke ich mitten in der Nacht auf und merke wie sich meine Hände schmerzlich in dem Bettlaken verhakt haben. Meine Atmung geht schnell und meine Wangen sind Nass, als mich der Schwindel langsam verlässt schaffe ich mich schwergänig in das Badezimmer um erneut das Wasser über meinen Körper laufen zu lassen. Wie nach einer Achterbahn fahrt, dreht sich alles um mich herum, sodass ich mich unweigerlich an dem Waschbecken abstützen muss, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. "Mark..", verkrampft sich mein Magen schmerzlich, wobei ich auf den kalten Fließen zusammen breche und meine Arme und Beine dichter an mich ziehe. Schlurzende Geräusche meiner unregelmässigen Atmung begleiten das Gefühl sich übergeben zu müssen, doch es kommt nichts außer die Empfindung der Einsamkeit die in mir aufsteigt. Ich will bei ihm sein, seine nähe Spüren. Wissen, dass das alles hier nur eine Lüge ist. Es vergeht einige Zeit in der ich einfach nur da liege und mich nach dem Mann verzerre, der mein Herz in Fesseln gelegt hat, der alles von mir genommen hat, was ein anderes Gefühl als Leid in mir ausgelöst hat, wobei Chiara sich plötzlich durch die angelehnte Badezimmertür schiebt. Ihre schwarze feuchte Nase berüht meine Tränen geflutete Wange und hinterlässt kurz ein kaltes Gefühl auf meiner Haut, bevor sie die Kälte welche sich auch um das Labyrinth in meinem Herzen gelegt hat, mit dem warmen Gefühl ihrer Zunge vertreibt. Ich muss sanft lächeln, als mich ihre unendliche Liebe endlich erreicht und ich es schaffe mich aufzusetzen. "Ich Liebe dich auch", presse ich den haarigen Hundekopf an mein Gesicht, worauf hin sie beginnt mit dem Schwanz zu wedeln.

Geschafft raffe ich mich auf und ziehe mich an dem weißen Keramikwaschbecken wieder auf die Beine. "Gassi gehen?", sehe ich den Hund liebevoll an. Sie dreht sich aufgeregt mit einem kurzen Bellen im Kreis, bevor sie sich dann brav neben mich setzt und mit ihren treuen Augen anfunkelt. In meinen immer noch zitternden Handflächen sammle ich das kühle Wasser, dass nur wenige aufgeregte Herzschläge später auf mein Gesicht trifft und versucht das Salz zuentfernen. "Du brauchst ihn nicht Phil", fällt mein Blick auf den völlig fertigen Mann im Spiegel. "Du brauchst niemanden...", überzeuge ich mich selbst davon, als ich mich wieder meiner Freundin zudrehe. "Lass uns in den Park gehen..", will ich mich wie so oft Nachts damit ablenken, mit Chiara irgendwo herum zu streunern.

Doch...keine Liebe? Boy x Boy, boyxboy, yaoi, boysloveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt