Kapitel 94: Löwenzahn

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Mein Inneres könnte Luft sprünge machen, als sich plötzlich alles um mich herum so Federleicht anfühlt. Das ein kleiner Anruf meinen ganzen Tag in Sekunden erhellen kann, hätte ich mir in meinen künsten Träumen nicht vorgestellt, doch die bittere Erkenntnis holt mich nach einigen Atemzügen grenzenloser Freiheit zurück in die Realität, als mir bewusst wird das Andy nicht das selbe empfindet wie ich. Doch wenn ich einfach nur an seiner Seite sein könnte, als Freund, wird das lästige Gefühl der Liebe schon nachgeben. Wer braucht schon Liebe wenn er einen Freund an seiner Seite weiß auf den er sich verlassen kann, der einen zum Lachen bringt und mit seiner naiven kindlichen Art, die Welt in all ihren Farben zu tauchen weiß. Ohne das Gefühl auszusprechen muss ich auch keine Angst davor haben, das Andy mich zurückweist und der brennende Schmerz die Narbe meines Herzens erneut aufzureißen versucht und dennoch ertappe ich mich dabei, wie ich hoffe das der Blondschopf meine Gefühle irgendwann erwidert. Doch mein Verstand weiß, dass er sich unweigerlich wieder von mir distanzieren würde.

Ungeduldig warte ich darauf das die Stunden vergehen und ich Andy im Park abholen kann, als Chiara die Ohren stellt und den Kopf neugierig hebt, ist mir bereits klar wen sie unweit gehört haben muss. Wie vom Blitz getroffen, lässt sie den Ball fallen und sprintet um die Ecke, dort begrüßt sie laut bellend, den mir noch verborgenen. Breit grinsend pfeife ich meine Freundin zurück als ich gemeinsam mit ihr in das Sichtfeld des Jüngeren schlendere.

"Hab ich mir doch gedacht dass du schon wartest, so schnell wie Chiara aufeinmal weg war!", ein zufriedenes Lächeln formt sich, als ich das blonde Haar in der Sonne glitzern sehe. "Hi Phil, so lange bin ich aber auch noch nicht hier", wie so oft schießt die Röte in die zarten Wangen, als Andy nervös hin und her tappelt. "Du brauchst dir keine Sorgen zumachen, ich komm klar damit!", versuche ich die angespannte Situation zu lockern und werfe ihm Chiaras angesabberten Ball entgegen. "Auf, Chiara hat dich schon vermisst!", grinse ich den jungen Mann an, der dankbar das harte Gummi wirft und damit seine Anspannung verliert. Ihm scheint es genauso unangenehm zu sein, das Sam jetzt irgendwie zwischen uns steht, doch ich versuche es einfach zu vergessen und den Tag mit ihm zu verbringen. Die Stunden ziehen wie Sekunden an uns vorbei, als Andy mir immer wieder sein sorgenfreies Lachen schenkt, bis die Sonne sein goldenes Haar in feuriges Rot taucht. Grinsend beobachten seine stahlgrauen Augen das fließende Wasser unter der kleinen Brücke die wir bei unserem Spaziergang überqueren und Chiara den Ball durch die kleinen Wellen jagt. Kristallern bricht sich das Abendrot in den abertausenden Tropfen, welche sie natürlich direkt neben uns aus ihrem wuscheligen Fell schüttelt. "Chiara du bist ein Wildschwein!", reißt Andy schützend die Arme vor das lachende Gesicht. "Ach was! Willst du keine Dusche?", springe ich über das Hüft hohe Holz um Andy das klare Bachwasser entgegen zu werfen. "Hör auf! Oder ich werde mich Rächen!", rennt der Blonde einige Schritte fluchtartig von dem Gewässer weg. Völlig aus der Puste lässt Andy sich in eine Wiese fallen und pflückt eine der goldgelben Löwenzahnblüten. Wobei ich ihn einen Herzschlag zufrieden beobachte, wie der Wind den dünnen Stoff seines weißen T-Shirts säuselt, während die zierliche Gestalt den gelben Blütenstaub auf der eigenen Nase verteilt. "Spaßbremse", tituliere ich Jüngeren als ich mich neben ihn sinken lasse. "Riech mal", reicht er mir die Blüte und ich strecke mich seiner Geste entgegen, als er frech den goldenen Blütenkopf abschnippt und triumphierend Grinst. "Ha erwischt! Rache kann so süß sein!" Glücklich Lächelnd verschränke ich Arme hinter meinem Kopf und genieße die Stimme von Andy, welche beruhigend wie leiser Gesang auf mich herunter regnet.

Das letzte Licht des Tages ist längst verschluckt als wir uns langsam auf den Heimweg machen. Meine zurecht gelegten Worte verkleben mir die Gedanken und ich merke wie ich mit jedem Schritt stiller werde, bevor ich den eigendlichen Grund des Heutigen Treffens anspreche. "Worüber ich mit dir eigendlich reden wollte...", beginne ich ernster und kann dabei nicht in die schönen Augen meiner Begleitung sehen, als die Angst vor Ablehnung mir immer mehr mein Inneres vernebelt. Plötzlich macht mich die Nähe von Andy nervös als er sich neben mich an die Wand stützt und sein Grau mich erwartungsvoll ansieht. "Ja?", holt mich die warme Stimme aus den Gedanken, als die Stille bereits unangenehm auf unseren Schultern lag und meine goldenen Augen verzweifelt auf dem rotbraun gepflasterten Boden nach den passenden Worten sucht. "... ich bin gerne mit dir zusammen, wenn auch nur als Freunde...", spreche ich den Wunsch aus, doch alles in meinem Herzen schreit mir plötzlich entgegen und ich hab das Gefühl panisch zu werden als ich wie von selbst weiter spreche. Lügen, welche ich mir selbst habe versucht einzureden und die sich auf einmal alles andere als richtig anfühlen. "...aber wenn es dich oder Sam belastet, werde ich gerne aus deinem Leben verschwinden! Ich wollte dich, aber wenigstens noch einmal sehen"

"Ich, -ich will dich aber wiedersehen!", abgehakt und auf seine tollpatschige liebevolle Art ist der Ausruf des Jüngeren wie ein rettendes Floß auf dem offenen Meer, als das mich in die tiefe ziehende Gewicht wie von Zauberhand mein Herz frei gibt. "Komm ich bring dich nachhause!", lächle ich erleichtert, als ich ihn mit guten Gewissen zu meinem Wagen schiebe. Ich werde ihn Wiedersehen, das ist doch alles was ich will.

Doch...keine Liebe? Boy x Boy, boyxboy, yaoi, boysloveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt