Kapitel 90: Doch Liebe?

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"Na-natürlich!", bringe ich, einen Wimpernschlag von meinen eigenen Gedanken verwirrt, hervor. Andy war schon lange keiner mehr, den man einfach für eins der schnellen Liebesspiele ausnutzen sollte und doch war dies der bittere Beigeschmack, welchen der Gedanke auslöst ihn in meinem Bett zu wissen. Innerlich muss ich mich wirklich zusammen reißen mich von der Vorstellung zu trennen seinen zarten Körper zu liebkosen und ich spüre wie die brennende Hitze des Verlangens sich unangenehm in meinen Lenden sammelt.

Andy, welcher noch immer Vertrauensseelig in meinen Armen liegt, löst mit jeder Sekunde die er bei mir ist, Gefühle aus, welche ich schon lange geglaubt hatte, vergessen zu haben. Er ist wie der bittere Schmerz der Liebe, welcher süßlich warm mein Herz umfängt, wohl wissend, das seins niemals in dem selben Rhythmus schlagen wird wie meins. Dennoch reagiert mein Körper, verlangt nach dem Unerreichbaren, sehnt sich nach der Berührung der weichen warmen Lippen. Ich habe es selbst nicht bemerkt, dass mein Daumen zärtlich über die weiche, stets leicht gerötete Wange streichelt und mein Blick sich in dem glasigen Grau verfängt. Dem Grau, welches trotz des warmen Atem welcher auf meine kaum entfernten Lippen trifft, nicht mir gehört, sondern in mir einem anderen sucht. Die schmerzliche Nähe aushaltend, ziehe ich den jungen Mann auf meinen Schoß und schließe ihn feste in meine Arme. Ich werde warten, bis er bereit für meine Nähe sein würde. Warten, bis sein Herz, platz für eine neue Liebe macht... wartend bis auch er begreifen würden, das nicht Sam an diesen so zerbrechlichen Ort gehört, sondern ich... denn ich würde ihn niemals auf diese Weise verletzten.

"Lass uns schlafen", hauche ich ihm zärtlich zu, während ich einfach aufstehe und ihn mit mir empor ziehe. "Was machst du?!", ist es Andy, welcher sich einen Moment erschocken, an meinen Hals klammert, um bei der plötzlichen Bewegung nicht auf den Boden zu fallen. "Mir ist gerade nur etwas klarer geworden", schmunzel ich keck und lasse den noch immer verweinten Blondschopf frecherweise in mein Bett fallen, welcher mich völlig verwirrt anstarrt. "Was den?! Du wolltest doch bei mir schlafen!", lache ich frech und habe im nächsten Moment schon eins der Kissen im Gesicht. "Idiot! Ich hätte auch laufen können", beschwert sich der Jüngere und vergisst darüber sogar einige Herzschläge die Traurigkeit. "Is' nicht wahr?! Hättest du?!", proviziere ich ihn absichtlich, während ich breit Grinsend mit dem Kissen nach ihm haue. "Lass das!", will er sich wehren, doch sein leichtes Lächeln spornt mich eher noch weiter an. "Sonst was?!", klaue ich ihm noch eine Decke, um ihn in diese zusperren. "Hör auf!", schreit Andy lachend, doch seine Stimme wird von der dicken Decke gedämpft unter welche ich ihn stopfe. "Wenn ich dich erwische!", kommen genuschelte Drohungen unter dem Stoff hervor, während selbst Chiara nun auf das Bett springt um den Maulwuft zufangen. "Ja ja... deine Rache wird fürchterlich sein! Denk dir mal eigene Texte aus", pisake ich immer weiter, bis ein völlig außer Atem geratener roter Kopf die heiße Decke zurück klappt und mit abstehenden Haaren mich ansieht. "Mistkerl!", keucht Andy, während sich seine Brust angesträngt auf und ab senkt. "Du bist immer noch in meinen Fängen Freundchen", habe ich den schmalen Körper mit meinem fixiert, in dem ich mich einfach auf seine Beine gesetzt habe und seine Arme über dessen Kopf auf die Matratze presse. Auch meine Atmung geht nach der wilden Rauferei schneller und ich lasse mich einfach neben den Jüngeren ins Bett fallen. Wenigstens hat er gelacht, ist der Gedanke, welcher mich mit einem Lächeln begleitet, als ich die Arme hinter meinem Kopf verschränke und die Augen schließe. Das lächelnde Gesicht vor mir sehend versuche ich in die Welt der Träume zu gleiten, als sich ein warmer Arm um meine nackte Brust legt und der angenehme Geruch von Andy in meine Nase steigt. "Gute Nacht Phil", erfasst der Kleinere mit seinen unscheinbaren Worten mein schnell schlagendes Herz und ich liege noch etliche Zeit wach und starre in die Dunkelheit, dabei meinen Gedanken nachhängend.

"Andy! Alles ist gut", streichle ich über den zerbrechlichen Körper meines Freundes, welcher in meinen Armen zu weinen begonnen hat. Es kommt mir vor, als wäre ich selbst gerade erst vor Sekunden eingenickt, doch als ich das Schlurzen und Wimmern neben mir bemerke, ist Andy bereits in Tränen gebadet. "Ich bin doch bei dir", presse ich die zierliche Gestalt an meine Brust und umschließe ihn schützend mit meinen Armen. Es schmerzt immer wieder ihn in diesem Zustand zu sehen, zu wissen das man nicht der ist, der ihm dieses Leid nehmen kann und hilflos zu sehen muss wie er zu Grunde geht. Es dauert, bis das Wimmern leiser wird und Andys Atmung wieder ruhiger, wobei er mich feste an sich zieht, als hätte er Angst mich auch noch zu verlieren. Beruhigend, beginne ich ihm ein leises Schlaflied zu singen, bis auch der verkrampfte Griff sich löst und er wieder ruhig in meinen Armen schläft. Nur ich bin es, der erneut einige Zeit wach liegt und über die feinen blonden Haare fährt. Jedes seiner Muttermale und noch so kleines Pigmentfleckchen genaustens studierend, bemerke ich gar nicht wie die schweren Ketten der Müdigkeit mich ein zweites Mal in den Schlaf ziehen.

Die Tage ziehen dahin und der Sommer vergeht beihnahe unverändert. Während ich meinen Tag mit Chiara verbringe, wartet Andy Stunde für Stunde auf das Auftauchen seines Prinzen. Der Prinz, welcher niemals zu kommen scheint, denn mit jedem Tag welcher dieser verregnete Sommer weiter zieht, schwindet mehr der Hoffnung, welche Andy wenigstens an einigen Tagen lächeln ließ. Meine Versuche ihn zum Lachen zu bringen, verebben oft in einer Welle der Trauer und dennoch kommt Andy jeden Abend, wieder zu mir und ich werde es nicht Leid, dem jungen Mann den Trost zu spenden, welchen er bei mir sucht, selbst jetzt, wo mit jedem Tag klarer wird, dass ich gar nicht mehr will das Sam noch einmal auftaucht.

Das Wasser tropft in dicken Perlen von meinem Körper, als ich mich mit dem Handtuch trocken ruble und in meine Boxershorts gleite. Noch immer von der heißen Dusche dampfend trette ich wie so oft in das Wohnzimmer, in welchem der vertraute Anblick von Andy bereits auf mich wartet. Seine traurigen Züge kaum zu übersehen schmiegt er sich schweigend an meine Brust, als ich ihn wie so oft an mich ziehe und seinen Blick in meinen lege. Das schwache Grau so nah, und doch mit jedem Tag bei mir am vergehen, wie eine wunderschöne Blume, der das Wasser fehlt. Schmerzlich lege ich meine Lippen auf seine, ohne das mir richtig Bewusst ist, das mein Herz sich nach dem strahlenden Grau verzerrt, welches Andy bei unserer ersten Begegnung ausmachte.

Doch...keine Liebe? Boy x Boy, boyxboy, yaoi, boysloveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt