32. Separated (Shelly)

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Ich hatte mich eingewickelt in die Decke, spürte sie als wäre sie Franzi, die mich in ihre Arme schloss. Ich starrte in die Leere. Wie sollte es jetzt weiter gehen? Einfach abhaken und weiter machen wie bisher? Das konnte doch nicht funktionieren. Nichts war wie bisher. Mein ganzes Leben war auf den Kopf gestellt. Ich hatte meine große Liebe gefunden, das wurde mir einmal mehr klar an diesem düsteren Tag. Ich erinnerte mich an so viele tolle Momente, wollte sie alle festhalten, niemals vergessen. Was mich allerdings geradezu in den Wahnsinn trieb und immer wieder meine Erinnerungen störte, war das unaufhörliche Gebimmel von Madlins Handy, dass aus der Küche geradezu donnernt in meine Ohren hämmerte. "Schalt es aus." schrie ich. "Entschudigen sie bitte, der Fernseher. Ich ruf sie später zurück. Tschüß." hörte ich Madlin noch, bis sie das Wohnzimmer wutentbrannt betrat. "Sag mal, spinnst du. Ich versuche dir gerade deinen Arsch zu retten." brüllte sie mich an. "Ich kann es nicht mehr hören." grummelte ich zurück. "Ich auch nicht, aber hast du eine Ahnung, was da draußen los ist? Du wirst dich den Interviews stellen müssen. Die neue Staffel ist im vollen Gang und hat einen neuen Fansturm ausgelöst und jetzt dieser verfluchte Liebesbrief. Verdammt Shelly, reiß dich zusammen! Du machst es nicht besser, wenn du dich hier einigelst." wütete sie. "Dann geh doch. Lass mich alleine." brüllte ich zurück. Madlin schwieg. Sie hatte nicht mit so viel Gegenwind gerechnet. In ihrem Gesicht zeichnete sich deutliches Mitleid ab. Sie schien mit zu fühlen, unterdrückte dies jedoch wieder und verzog ihr Gesicht in eine steinerne Maske, ohne jegliches Gefühl. "Also gut, ich werde jetzt gehen. Morgen früh werde ich in Anbetracht der Lage eine Konferenz ansetzten und ich erwarte dich geduscht, geschminkt und vor allen Dingen eins, professionell. Ich denke, wir haben uns verstanden und im Übrigen, dein Handy nehme ich mit." zischte sie durch ihre aufeinander gepressten Zähne und griff sich mein Telefon. "Nein," rief ich und sprang auf. Ich schmiss mcih ihr entgegen und versuchte ihr das Handy zu entreißen. "Nein, ich muss es hören, wenn sie anruft." rief ich unter Tränen. Mit einer gekonnten Handbewegung schüttelte Madlin mich ab. Sie warf mir das Handy vor die Füße. "Sie dich an. Wie kannst du dich nur so gehen lassen. Kapier es endlich, sie wird nicht anrufen. Es ist vorbei." sagte sie mechanisch, keine Spur mehr von Menschlichkeit. "Auch wenn dir alles egal ist, ich werde nicht zulassen, dass du alles zerstörst, was wir geschaffen haben wegen igrendeiner Frau. Morgen um zehn im Studio. Sei pünktlich." zischte sie und verließ das Haus Türe knallend. Ich brach in Tränen aus. Wie sollte ich das alles nur ertragen? Das war zu viel, einfach zu viel. Ja, ich war am Boden. Niemals hätte ich geglaubt, dass mich ein einziger Mensch da hin bringen könnte. Nein, es war nicht der Mensch, es war meine Fähigkeit zu lieben. Nichts und niemand hatte es bisher so weit vor geschafft in mein Herz. Um so mehr tat es weh, dass ich am offenen Herz zu verbluten schien. Was brachte mir mein Leben, was die Karriere, wenn ich dafür nicht lieben konnte, wen ich liebte? Ich fragte mich, ob ich so weiter machen wollte. Ich hatte bisher nichts anderes gelebt, aber auch nie so sehr geliebt. Ich war verzweifelt. Franzi wollte nicht mehr, sie hatte mir die Entscheidung bereits ab genommen. Wenn ich meine Karriere einfach den Klo runter spülen würde, würde sie dann zu mir zurück kommen? Hatte sie unsere Beziehung einfach den Klo runter gespült? Ich war so verdammt traurig und sah mir selbst dabei zu, wie ich auf dem Boden kauerte und Madlins Worte mir durch den Kopf surrten. Es war erbärmlich. Ich war alleine, hatte den Hass meiner Managerin auf mich gezogen und meine Beziehung zerstört. Und das nur, weil ich mich auf Franzi, eine Frau, eingelassen hatte ohne Rücksicht auf Verluste. Ich hatte allen weh getan und es tat mir selbst weh. Ich hatte keine andere Wahl, als mich zusammen zu reißen. Ich musste meine Gefühle unterdrücken und wieder zurück kehren zu dem, was ich verkörperte. Ich würde mich stylen, meine Weiblichkeit betonen, mein Lächeln aufsetzten, Fragen beantworten und professionell meinem Job nach gehen, drehen und ansonsten, das Lieben sein lassen. Ja, das war mein Entschluss und er fühlte sich gut und stabil an. So würde ich vorgehen. Es hielt jedoch keine fünf Minuten, da hatte mich die Trauer wieder. Ich warf mcih wimmernd in meine Kissen und verfluchte mein Leben. Ich wollte es so nicht mehr haben, aber es war alles was ich noch hatte. Ich musste stark sein und ich durfte nicht alles zerstören. Madlin hatte Recht.

Am nächsten Morgen setzte ich mein Vorhaben in die Tat um, schinkte und brezelte mich auf. Packte meinen Kaffee in einen Thermobecher und setzte mich mit Sonnenbrille in mein Auto. Schon beim öffnen des Tores erblickte ich die Reporter. Drei an der Zahl, die um das beste Bild wetteiferten. Ich hatte Mühe, sie nicht über den Haufen zu fahren. Ich hasste es. Wie sie sich hoch zogen an der Story, der Schlagzeile schlechthin. Keinerlei Respekt, keinen mitfühenden Abstand. Einfach drauf gehalten, komme was wollen. Mir zerriss es das Herz. Ich würde mich dem ganzen stellen müssen. Ich würde nicht ewig davor weg fahren können. Ich dachte darüber nach, die Richtung zu wechseln. Einfach umdrehen und mein Auto in Richtung Deutschland steuern, so lange bis ich bei Franzi wäre. Meine Franzi. Aber vielleicht würde sie mich einfach weg schicken. Mich gar nicht sehen wollen. "Reiß dich zusammen." schossen mir Madlins Worte durch den Kopf. Ich musste mich jetzt erstmal meinen Kollegen stellen, die nun auch alle Bescheid wussten und mich der Feuerprobe stellen, mich professionell am Riemen reißen.

Kaum hatte ich das Studiogelände befahren, rutschte mir das Herz bereits in die Hose. Ich parkte und atmete tief durch, bis ich meine Tränen wieder unter Kontrolle hatte. Erst eine Minute vor zehn betrat ich den Konferenzraum. Das geschäftige Treiben und Gerede war ich gerade nch gehört hatte, verstummte mit meinem Auftauchen im Raum. Gespannte Luft fletschte ihre Zähne. Ich war auf der Stelle total verunsichert, meine Knie wurden weich, mein Herz raste. Ich zog meine Sonnenbrille nicht aus. Madlin betrat nach mir den Raum und würdigte mich keines Blickes. "Setzt euch bitte." Alles setzten sich und erst jetzt traute ich langsam meinen Blick schleifen zu lassen. Ich glaubte tatsächlich wohlwollen in den Augen meiner Kollegen zu erblicken. Der ein oder andere bekundete mir sein Mitleid mit seinem Gesichtsausdruck. "Also, ich denke ihr wisst alle was passiert ist. Shelly hatte eine Affäre mit einer Frau aus Deutschland und durch den Einbruch in ihrem Haus wurde ein Liebesbrief veröffentlicht." Ich schluckte. Das fühlte sich so platt und taub an, dass ich glaubte, jeden Moment vom Stuhl zu kippen. Wie in einer Übersprungshandlung nahm ich mir eine Tasse Kaffe und krallte mich an ihr fest. Ich zog mir meine Ärmel über meine Hände und glaubte urplötzlich bis ins Mark zu frieren. "Jetzt ist sie die Schlagzeile auf Seite eins sämtlicher Klatschspalten, die sich das Maul zerreißen. Und das in der Hochphase unser laufenden Staffel, schlechter geht es gar nicht." Madlins Worte waren wie Messerhiebe, jedes einzelne. "Ich habe der BBC eine Interview zu gesagt am Freitag. Es wird eine Liveübertragung und ich erwarte von euch allen, dass ihr euch professionell äußert. Entschuldigt, ich weiß, ihr tut das immer. Ich bitte euch viel mehr Shelly zu unterstützen. Ich habe den Sender angewiesen, dass sie keine Fragen zu dieser unsäglichen Geschichte stellen. Ihr beantwortet bitte auch nur Fragen zur neuen Staffel. Das Interview wird 15 Minuten dauern und ich denke, ihr könnt untereinander klären, wer Shelly begleiten wird. Gebt mir bitte bis zwölf Uhr Bescheid und ansonsten frohes Schaffen." beendete sie ihren Monolog. Ich wollte gerade den Raum verlassen, als Madlin mich zurück rief. Widerwillig blieb ich stehen und harrte dem, was sie mir noch mitteilen wollte. "Shell, ich freue mich, dass du da bist. Ich habe dir für später noch eine Leseprobe angesetzt für die neue Folge, damit es sich auch lohnt, dass du gekommen bist. Ab Morgen drehen wir mit dir weiter. Ich möchte dir einfach die Möglichkeit geben, dass du dich ablenken kannst und es dir besser geht. Ist das okay für dich?" fragte sie mich. Ich war überfahren von all dem, Interview, Leseprobe, drehen... "Ja." quälte es aus mir heraus. Eine andere Auswahl hatte sie mir nicht wirklich gestellt.

©lialight


Meet and love (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt