54. Souls letters

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Zum Glück zurück in Shelly's wunderbarem Zimmer musste ich erstmal tief durchatmen. Was für eine Aufregung und was für ein Aufwandt für einen einzigen Satz. Ich sprang ein paar mal auf und ab und schüttelte mir die Nervosität vom Leib. Ich hätte vor diesem Tag niemals geglaubt, was es bedeutete einen Satz vor der Kamera zu sagen. In den Shows hatte es so einen lockeren Gesprächscharakter, so dass ich die Kameras, die in gebürendem Abstand standen, ausblenden konnte. Aber hier. Die Linse auf einen halben Meter vor meiner Nase, wenn nicht weniger. Angefangen mit der Kostümwahl, hin zum Pinseln, pudern, frisieren und in meinem Fall auch Achseln trocken fönen, über Stellprobe, Lichtprobe, Textprobe, Gangprobe bis es endlich heißt "Action", dann zählen 21,22,23 und erst dann mit dem Reden beginnen, so lange weiter spielen, auch ohne Text, bis der Regiseur "Cut" sagt. Und das wichtigste, auf keinen Fall in die Kamera kucken. Es ist mir wirklich ein Rätsel, wie Shelly das jeden Tag machen konnte ohne Herzversagen. Als ich da stand und mein Herz bis an die Studiodecke pochte, dachte ich darüber nach, was die Kamera aufzeichnete, wenn sie so nah vor mir Stand. Ich verlor mich mit den Gedanken in den Poren meiner Nase und glaube, dass sie niemals noch etwas anderes im Fokus haben konnte. Ich hatte das "Action" gehört, aber war so in meinen Gedanken versunken, dass ich versäumt hatte, dass ich als erste Reden musste. Ich war so erschrocken als es mir auffiel, dass mein Herz innerhalb einer Sekunde von der Studiodecke in den Erdboden versank. War mir das peinlich. Aber ab dem zweiten Take ging es dann reibungslos. Die Grundanspannung wich und ich war einfach froh, dass ich das hinter mich gebracht hatte. Ich zog mich wieder um und fühlte mich deutlich wohler, meine eigene Kleidung zu tragen. Shelly machte sich daran, sich für die nächste Szene vor zubereiten. Ich sah ihr hinterher und konnte meinen Blick nicht abwenden. Diese wunderschöne Frau, wie sie sich bewegte, wie sie sich unterhielt und lachte. Ich liebte Shelly unglaublich. Sie war für mich wie ein Wunder, vor dem ich immer wieder aufs neue blickt und mich mit Freude füllte.

Ich hatte mich wieder hierher zurück gezogen und machte mich daran, die Fanbriefe zu beantworten. Ich schrieb mit einem alten Füllfederhalter, den ich noch aus meiner Studienzeit hatte. Ich liebte ihn und alles was mir wichtig war, wurde mit diesem Füller geschrieben. Mein Tagebuch war eines dieser Dinge. Diese Briefe waren von den Seelen der Schreiber verfasst und waren für mich damit genauso wichtig. Ich hielt den ersten an mich adressierten in der Hand. Zu meiner Freude kam er sogar aus meiner Heimat. Eine Jugendliche, die Marie hieß und mir auch ein Foto von sich mitgeschickt hatte. Sie schrieb, dass sie sich in ihre beste Freundin verliebt hatte und nicht wisse, ob sie ihr das sagen solle. Sie befürchtete, dass sie sie dann verlieren könnte. Ich erinnerte mich, dass auch mir das einmal passiert war. Sie war nicht meine beste Freundin, aber doch eine sehr gute. Ich hatte damals all meinen Mut zusammen genommen und ihr meine Liebe gestanden. Sie hingegen empfand nicht so für mich und wir entschieden uns, weiter Freunde zu bleiben, aber das gelang mir nicht. Ich machte mir immer wieder Hoffnungen. Bei jeder Berührung und jeder Alberei, bei der wir uns körperlich näher kamen. Als sie dann mit ihrem neuen Freund um die Ecke kam, war ich völligst fertig und entschied mich, den Kontakt ab zu brechen. Ich konnte also verstehen, wovon sie sprach. Ich machte mich von meinen eigenen Gefühel los und antwortete ihr:

Liebe Marie,

ich kann Deine Gefühle und Deine Ängste gut verstehen und es ist wirklich nicht leicht zu entscheiden, was am Besten zu tun ist. Sich in die beste Freundin zu verlieben, passiert sehr vielen Frauen und ist auch nicht ungewöhnlich. Der besten Freundin ist man meist sehr nah, es ist vertraut, man kennt sich gegenseitig gut und weiß, was die andere mag und was nicht.

Was sagt dein Gefühl dazu? Wenn Du ihr Deine Liebe gestehst, wird sie vielleicht genauso empfinden und du wirst das Glück finden, wonach Du dich sehnst. Vielleicht aber auch nicht. Dann wirst du darauf gefasst sein müssen, dass es weh tut und Du eventuell auch Ihre Freundschaft einbüßen wirst. Das kann passieren. Aber dann hast Du es zumindest versucht und Du wirst wissen, woran du bist.

Meet and love (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt