Ich trat um die Ecke in den Interviewraum und staunte nicht schlecht. Ich stand einem Foto von mir gegenüber in überlebensgröße. Oh ja, ich sah wirklich gut aus. Sämtliche Unebenheiten in meinem Gesicht weg retuschiert, meine kleinen Speckröllchen flach radiert und mit der richtigen Beleuchtung war ich ganz und gar ein Vamp. Eine super Frau. Ich konnte das sehen in diesem Bild, aber ich musste dieses Image auch aushalten. Niemand da draußen hatte eine Ahnung, wer ich wirklich war. Ich liebte weite sportliche Klamotten, einfach Jeans und am liebsten ungeschminkt. Als Star musste es immer figurbetont, sexy, elegant aussehen. Ich betrachtete es als das was es war, mein Job. Damit verdiente ich meinen Lebensunterhalt und das nicht schlecht. Und das Schauspiel war immer mein Traum und er war für mich in Erfüllung gegangen. Wenngleich ich einen hohen Preis dafür zahlen musste, meine Identität, zumindest offiziell.
Nur Franzi hatte mich ganz privat und ganz ich selbst erlebt. Das war so unglaublich schön. Sie hatte den öffentlichen Wahnsinn auch gut gemeistert. Es war verrückt, dass meine Partnerin diese Eigenschaft mitbringen musste. Ja, ich hatte mich wirklich Hals über Kopf verliebt.
"Shell, bist du soweit?"riss mich Madlin aus meinen Gedanken.
"Ja, ja klar."
"Okay, wir starten dann mit der Vancouver Sun. Das machst du dann alleine. Der Journalist hat maximal zehn Minuten." klärte Madlin mich auf.
"Gut, du gibst Bescheid, wenn Ende ist?"
"Ja, musst dich nicht drum kümmern." bestätigte Madlin meine Annahme."Ich schick dir auch die Jungs dazu, wenn die wichtigen Leute da sind."
Ich musste als nicht denken, Madlin hatte sie alle durch getaktet, würde Fragen abwürgen, die nicht gestellt werden durften, würde die Journalisten rein und raus führen usw.
Also gut, ich nahm mir ein Wasser und einen Kaffee an das bereit gestellte Sofa und war bereit für den ersten Journalisten. Je wichtiger die Magazine und TV Reporter, desto mehr Zeit wurde ihnen zum Interview eingeräumt. Dazwischen Pudern und Pinseln in meinem Gesicht und fönen unter meinen Armen. Die aufgestellten Scheinwerfen, heizten die Luft schnell ein und wurden immer wieder runter gedreht in den Interviewwechseln.
Im Nu war es Mittag geworden und ich hatte das Gefühl Fransen an den Lippen zu haben, einen Bauch der mir zwischen den Zehen zu hängen schien und einen akuten Wortnotstand in meinem Kopf. "Madlin, " rief ich nachdem der Journalist den Raum verlassen hatte. "Madlin, ich brauche eine Pause, ich hab hunger bis zum Abwinken." flehte ich sie an.
"Okay, ich lass dir schnell was holen aus der Kantine. In der Zeit machst du noch ein Interview, dann kannst du Pause machen." diktierte Madlin.
"Ich möchte jetzt Pause machen, nicht noch einen, bitte." antwortete ich genervt.
"Shelly, es ist nur ein kurzes Interview, also bitte, reiß dich zusammen. Zehn Minuten versprochen. Ron?" rief sie, uninteressiert an meinem Zustand.
Wieder pudern, pinseln und dann ging es auch schon weiter. Diesmal trat eine Journalistin in den Raum. Sie war wirklich hübsch. Schon nach der zweiten Frage fiel mir auf, dass sie mich offensiv anbaggerte. Sie legte mir mit jedem geschwollenen Wort praktisch ihre Brüste vor die Füße. Das nervte mich wahnsinnig. Hatte ich doch einfach nur Hunger und meine Franzi im Kopf. Innerlich beschuldigte ich diese Frau, dass sie mir meine Zeit mit Franzi stahl.
Kaum war sie raus, hielt auch mich nichts mehr.
"Was war das denn für eine?" versuchte Madlin mit mir das Interview zu reflektieren. Aber nun hatte ich keinen Nerv mich auf sie ein zu lassen. Mein einziger Gedanke war Essen.
"Ja, bescheuert. Ist mein Essen schon da?" fragte ich merklich gereizt.
"An der Bar. Kelly weiß bescheid." rief sie mir hinterher.
Stur stapfte ich meinen Weg an den schon oder noch anwesenden Reportern vorbei, setzte mein gekonntes Lächeln auf und ließ es sogleich wieder fallen, als ich vor den fremden Augen geschützt an der Bar ankam.
"Hey Shelly, hier dein Essen." begrüßte mich Kelly, die mir meinen Unmut sicher schon ansah.
"Danke, du Engel." gab ich zurück. Ich ass wie eine verrückte und hatte mein Handy schon im Anschlag, als Madlin auch schon wieder in meinem Rücken, mit den Beinen zappelte.
"Wenn du fertig bist, gehts weiter." gab sie mir einen alles andere als diskreten Wink mit dem Zaunpfahl.
"Ich muss noch eben kurz skypen." räumte ich ein.
"No way, Babe, die nächsten drei Journalisten sind schon da."
"Madlin bitte, ganz kurz." bittet ich meine Herrin um Gnade.
"Shelly, wir können die Leute nicht warten lassen. Sie warten jetzt schon auf dich. Das können wir nicht in die Länge ziehen." sie nahm mich bei den Armen, sie hatte wohl meine aufsteigende Wut gesehen. "Shelly, ich weiß, es ist anstrengend. Aber das ist wichtig für unseren Erfolg und vor allem für deinen. Du bist unser Star. Die Leute sind scharf auf dich. Ich verspreche dir, nach heute sind erstmal alle bedient und wir müssen keine Interviews mehr ein planen. OK?" Erklärte sie mir in versucht beschwichtigendem Ton. Es hatte nicht funktioniert. Ich war schlichtweg traurig, dass ich meinen Schatz nicht hören konnte, aber ich gab die Hoffnung auf ein wenig Zeit nicht auf.
Der Tag nahm seinen Lauf und ich hatte es aufgegeben, einen Skype mit Franzi ein zu flechten in den Tag. Ich musste mich damit abfinden, dass ich ihre Stimme nicht hören würde. Ich spürte, dass es mich wirklich übellaunig stimmte. Würde ich doch nicht noch die Zeitverschiebung beachten müssen, dann würde ich es am Abend tun können. Ich war traurig und müde und gestresst. Ich sehnte mich nur noch in ihre Arme. Aber sie war zu weit weg.
©Lialight
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Meet and love (gxg)
RomanceEin Meet and Greet mit Folgen. Sie glaubte nicht daran, dass sie das Treffen mit ihren Stars gewinnen würde. Sie glaubte nicht daran, dass sie ihrem größten Star so nah kommen würde. Sie ahnte nicht, das sich daraus noch viel mehr entwickeln sollte...