26. Worst case

1.9K 92 6
                                    

Es war ein Uhr in der Nacht, als Shellys Handy klingelte. Sie schlief so fest, dass sie es gar nicht hörte, während ich aus dem Schlaf hoch schreckte. Ich blickte auf das Display, darauf war Madlin zu lesen. Ich wunderte mich, dass sie an rief, hatte sie doch die zweieinhalb Wochen zuvor keinen Laut von sich gegeben. Ich tippte Shelly an und versuchte sie vorsichtig zu wecken. "Schatz, Madlin ruft an, willst du dran gehen?" fragte ich sie ganz leise. "Später." krummelte sie und griff das Handy. Sie stellte es auf lautlos und zog mich zu sich. Ich kuschelte mich an sie, aber konnte nicht gleich wieder einschlafen. Irgendwie machte ich mir Gedanken, warum sie anrief. Sollte sie schon längst wieder in Kanada sein? Hatte sie einen Termin oder den Drehbeginn verpasst? In dem ganzen Gedankenwirrwarr schlief ich dann doch wieder ein.

"Süße, aufstehen, ich hab Frühstück gemacht und war schon Brötchen kaufen." begleitet von einem zarten Kuss auf meine schlaftrunkenen Lippen, erwachte ich sanft aus dem Land der Träume.

"Du hast Brötchen gekauft?" fragte ich mit einem Lächeln auf den Lippen.

"Ja." grinste sie stolz. "Bruotchen." wiederholte sie mit ihrem kanadischen Akzent.

Sie zog mir die Decke weg, gab mir einen Klaps und zog mich aus den Federn. Es duftet herrlich nach Kaffe und sie hatte den Tisch ganz wundervoll gedeckt. In der Mitte ein riesiger Srauß Blumen und auf meinem Teller eine kleine Schachtel. "Wow, Shelly, oh Gott wie schön." Ich freute mich sehr und überfiel sie sogleich mit einem festen Drücker und küsste sie. "Mach auf." drängelte sie mich und konnte es kaum erwarten, dass ich es auf machte. Ich genoss es, sie etwas zappeln zu lassen, musste mich dann aber doch meiner Neugier ergeben. "Wann hast du denn das besorgt?" fragte ich verwirrt, hatten wir doch die ganze Zeit zusammen verbracht. "In einem unbeobachteten Moment." erklärte sie und grinste vor sich hin. Ich öffnete das kleine Schächtelchen und fand eine Silberkette vor, mit einem kleinen zarten Herz. "Gefällt sie dir?" fragte sie ganz aufgeregt. "Ja." schmachtete ich vor mich hin. "Du bist einfach der tollste Mensch der Welt." erklärte ich ihr meine Liebe. Wir kuschelten uns in die Arme, genossen jeden Atemzug und begaben uns dann ans Frühstück. Da fiel es mir wieder ein, Madlins Anruf. "Schatz, hast du registriert, dass Madlin heute Nacht angerufen hat?" fragte ich sie. "Was? Echt jetzt?" fragte sie zurück. "Ja, du hast das Handy leise gemacht und weiter geschlafen." erklärte ich ihr. Shelly warf einen Blick auf die Uhr und meinte, dass es jetzt keinen Sinn hatte, zurück zu rufen. Es war Mitten inder Nacht in Kanada. "Ich ruf später zurück." beendete sie das Thema und wir labten uns ausgiebig am Essen.

Ich begab mich unter die Dusche und bereitete mich auf den Tag vor. Ich war gerade aus der Dusche gekommen, als ich Shelly telefonieren hörte. "Was? Oh mein Gott. Das darf nicht war sein." Hörte ich und versuchte noch mehr mit zu bekommen. "Ich habs nicht gehört verdammt. Hier war es Nacht, ich habe geschlafen." "Ich kann es doch jetzt eh nicht mehr ändern, es ist passiert." Ich wickelte mein Handtuch um und ging zu ihr in die Küche. Sie hatte einen hoch roten Kopf und war sehr wütend. Gleichzeitig füllten sich ihre Augen mit Tränen. "So eine Scheiße." fluchte sie. Ich versuchte von ihrem Gesicht ab zu lesen, was passiert war. Aber ich hatte keine Chance, sie drehte sich weg und wollte mich raus halten aus diesem Gespräch. Nach einer ganzen Weile, einigen Flüchen und ein paar Tränchen beendete sie das Gespräch und bad darum, später wieder zu telefonieren. Sie setzte sich an den Tisch und die Tränen kullerte ihr nur so die Wangen runter.

Ich legte meine Hand auf ihre Schulter, ich schwieg. Ich brachte einfach kein Wort über meine Lippen. Ich spürte, dass ich ihr jetzt erstmal Zeit lassen musste. Sie nahm meine Hand und legte sie sich selbst ins Gesicht, küsste sie und weinte. Ich legte meine Arme um sie und hielt sie fest. Als sie sich wieder etwas beruhigt hatte fragte ich sie, was passiert war.

"Madlin hat fünfzehn Mal angerufen. Sie hat geschimpft, dass ich nicht ran gegangen bin und sie eine schlaflose Nacht hatte. In meinem Haus ist eingebrochen worden. Sie haben einiges mitgehen lassen und einen Haufen Chaos hinterlassen." erzählte sie. "Ach du meine Güte." Ich war schockiert. "Weißt du, der Fernseher und so ein Kram interessiert mich nicht, aber die Tatsache, dass jemand fremdes in meinem Zuhause war, in meinem Ort der Sicherheit, trotz aller Überwachung und Zäune. Ich fasse es nicht." sie schüttelte den Kopf. Ich hörte einfach zu. Ich wusste einfach nicht was ich sagen sollte. Ich spürte, wie auch in mir ein Gefühl der Beklemmung hoch kam. Allein der Gedanke war entsetztlich, dass jemand in meiner Privatsphäre rum stöbern könnte. "Ich fühle mich so entsetztlich schutzlos grade." weinte Shelly. "Sag mir, was ich tun kann." flüsterte ich. "Halt mich fest, halt mich einfach fest." wimmerte sie. Ich hielt sie, so fest ich konnte und Shelly weinte sich aus. Viele Tränen, wie mir schien, die sie lange nicht geweint hatte.

Als sie sich wieder beruhigt hatte, nahm sie mein Gesicht in ihre Hände und lächelte und ein paar weitere Tränen folgten. "Ich bin so dankbar, dass ich hier bei dir bin. So unendlich dankbar. Nicht aus zu denken, wenn ich zu Hause gewesen wäre." Ich küsste sie. "Ja, du bist bei mir. Ich liebe dich."

Wir brauchten eine ganze Weile, bis wir uns wieder gefasst hatten. Eine Frage lag mir schwer wie Blei auf der Seele, weil ich auch die Antwort darauf bereits kannte. Und die wollte ich einfach nicht hören und auch Shelly ging dem Thema aus dem Weg. Ich konnte es nicht aushalten. "Was willst du jetzt tun?" fragte ich sie vorsichtig. "Madlin will, dass ich sofort zurück komme nach Kanada. Die Polizei muss wissen, was alles fehlt und so weiter." Ich nickte nur und nun musste ich mit den Tränen kämpfen. ich kämpte wie eine Löwin. Ich verlor. Ich würde sie wieder gehen lassen müssen. Das tat so verdammt weh. "Ich will nicht." weinte auch sie wieder. Wir waren raus gerissen aus unserem Luftschloss voller Seifenblasen. Die Realität war gnadenlos eingefallen und ließ alle unsere Seifenblasen zerplatzen. Ich wusste, eine von uns musste sich zusammen reißen und die Realität an den Zügeln packen. Ich versuchte es zu sein, auch wenn es mich einen wahnsinns Kraftakt bedeutete. Ich nahm sie in die Arme. "Schatz, wir wissen beide, dass du zurück musst und ich kann nicht mit. Ich muss nächste Woche wieder arbeiten und hab keinen Urlaub mehr. Lass uns vernünftig sein und dir ein Ticket besorgen und dann genießen wir den Rest der Zeit, die wir noch haben. Okay." sammelte ich mich, schluckte sämtliche Tränen und machte mich daran, mich an zu ziehen. Kaum war ich im Bad verschwunden, weinte ich, alles zog sich zusammen. Ich musste jetzt stark sein und redete mir ein, dass wir uns am Wochenende eh hätten verabschieden müssen. Nun war es halt einfach früher. Ich versuchte mein bestes und es war so verdammt schwer.

©lialight


Meet and love (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt