51. Waiting for my love

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Heute Abend war es soweit, meine geliebte Franzi würde endlich wieder bei mir sein. Ich konnte es kaum erwarten, zum Flughafen zu fahren. Ich tat mich schwer, mich auf die Rolle zu konzentrieren. Ich zwang mich dazu, ich wollte nicht riskieren, dass wir unnötig mehr Takes machen musste, nur weil ich meinen Kopf nicht zusammen halten konnte. Außerdem würde ich sie dann vielleicht nicht rechtzeitig abholen können. Ich blickte andauernd auf die Uhr, überprüfte akribisch immer wieder, ob wir laut Drehplan in der Zeit waren. Jeder Gedanke an meine Franzi jagte mir einen Adrenalinkick direkt in den Bauch. Es kribbelt herrlich und ich war voller Vorfreude auf mein neues Privatleben. Ich bangte und hoffte, dass es ihr gefallen würde und sie ihren Entschluss nicht eines Tages bereuen würde. Zum ersten Mal würde ich nun mit einem Menschen zusammen leben, den ich liebte. Zum ersten Mal wusste die Welt davon, dass es eine Frau war und zum ersten Mal fühlte es sich nach etwas wirklich intensivem, langem an. Ich grinste vor mich hin. So viel Glück, ich hatte so lange davon geträumt und niemals geglaubt, dass ich es erfahren würde. Aber sie war da, Franzi, mein Glück.

In meiner Drehpause ging ich an mein Postfach und glaubte kurz, es verschlüge mir die Sprache. Es war komplett voll. Nicht ein Millimeter mehr frei, um einen weiteren Brief zu fassen. Ich kramte sie heraus und natürlich fielen jede Menge zu Boden, nachdem ich ein paar raus gefischt hatte. "Na toll wer hat die denn so da rein gestopft?" schimpfte ich vor mich hin.

"Hey Shell," wurde ich von hinten begrüßt. "Wie gehts dir?" Ich drehte mich rum und erblickte Ron. "Hey, gut. Kannst du mir mal helfen mit der Post?" fragte ich ihn und versuchte die Briefe am Boden auf zu sammeln, während von oben unaufhörlich welche dazu fielen. Ron war sichtlich amüsiert und besorgte einen Korb. Er hielt ihn mir unter die Nase und packte die Briefe, die noch oben waren hinein. "Danke." sagte ich und begrüßte ihn erstmal mit einer ausgiebigen Umarmung.

"Hast du Pause?" fragte er mich. "Ja, du auch?" er nickte und ich bedeutete ihm mir zu folgen. "Komm doch mit nach hinten, dann können wir ein bisschen quatschen." Ich hatte beim Aufheben bereits bemerkt, dass einige Briefe wieder an Franzi adressiert waren. Auch Ron war das aufgefallen. "Gern, ich muss alles wissen. Sie kommt doch heute wieder?" fragte er und ich freute mich, dass noch jemand außer mir daran dachte. "Ja." strahlte ich. "Ich hole uns noch einen Kaffee und komme dann nach." Ich nickte zustimmend und ging weiter Richtung Zimmer. Als ich der Tür näher kam fiel mir auf, dass mein Namensschild an der Tür erneuert worden war. Für einen Moment wurde mir wieder einmal bewusst, was es bedeutete einen eigenen Aufenthaltsraum zu haben, an dem explizit mein Name stand. Das war ein klares Statussymbol. Ich ging hinein und schüttelte den Kopf, im verstehen wie verrückt das alles war. Ron kam kurz hinter mir mit zwei Tassen Kaffee in der Hand herein. "Macht auch schon Karriere, deine Süße, was?" fragte er neckisch und deutete mit dem Kinn auf den Korb mit Briefen, den ich auf dem kleinen Tisch vor der Coach abgestellt hatte. Ich musste lachen. "Ja, es scheint so. Es ist einfach unglaublich, was sie für eine Resonanz bekommt. Die Leute mögen sie." Ron schubste mich mit seiner Schulter an. "Macht dich das eifersüchtig?" fragte er. Ich dachte kurz darüber nach, aber ich konnte es klar verneinen. "Ich glaube, wäre sie eine Kollegin wäre ich bestimmt etwas im Stutenbeissmodus. Aber für Franzi freut es mich. Sie hatte mal einen ganzen Nachmittag nur Fanbriefe beantwortet. Ich hab den ein oder anderen gelesen und sie hat das wirklich toll gemacht. Die Fans fragen sie um Rat. Naja, und das Ergebnis siehst du ja." sagte ich voller Stolz und deutete auf den Briefhaufen. Ich betrachtete all die Briefe und konnte mir ein Lächeln einfach nicht unterdrücken. Ich sah mir ein paar Briefe an und auch Ron machte sich daran welche auf zu machen. Natürlich mit meiner Erlaubnis und nur die, die an mich gerichtet. Wir lasen uns Passagen gegenseitig vor und machten es uns zunehmend gemütlicher auf dem Sofa. Unter ständiger Ermahnung auf meine Frisur zu achten, verhielt ich mich sehr vorsichtig und hütete mich davor, den Kopf ab zu legen. Ich öffnete einen weiteren Brief. Auch dieser war an mich gerichtet. Es war nur ein Zettel drin. Mit Buchstaben beklebt, wie ein Drohbrief aus einem Krimi. Es stand nicht viel darauf, aber das was da stand reichte auch. 'Blödes Miststück, Drecksweib' war da geschrieben. Es durchfuhr mich. Ich war geschockt und setzte mich ruckartig auf. Soetwas hatte ich noch nicht erlebt. Mir fiel der Zettel aus der Hand. Noch nie hatte ich einen Brief erhalten, in dem ich beschimpft wurde oder in dem etwas schlechtes über mich stand. Ich zuckte zusammen, als Ron mich ansprach. "Wow, hast du einen Geist gesehen?" fragte er mich irritiert von meinem Blick. Ich konnte nicht antworten. Ich war wirklich überwältigt von dem Hass, der mir mit diesem Brief entgegen schlug. Geschriebene Worte, blödes Zeug und doch hatte es gewirkt. "Hier." sagte ich und hielt ihm den Zettel hin. Ron stellte seine Tasse auf den Tisch und nahm ihn in seine Hand. Er sah sich den Brief an und schüttelte den Kopf. "Na, das kam wohl von einem gekränkten Herz." ich sah ihn fragen an. "Was? Wen soll ich den enttäuscht haben. Es gab doch vor Franzi niemanden." sagte ich etwas gereizt aus dem Schrecken heraus. "Ach liebes, mach dir keine Gedanken. Das ist vermutlich irgendein super Fan, der sich in dich verliebt hat und das mal los werden musste." Das beruhigte mich nicht wirklich. Ich war erschüttert, dass sich jemand die Mühe machte das alles aus zu schneiden und dann an mich zu schicken. "Na das ist ja eine nette Art, das mit zu teilen." Ron schüttelte wieder den Kopf. "Ja, das ist schon heftig. Aber ignoriere es einfach. Das ist irgendein Bekloppter oder eine Bekloppte." Ich nickte und stimmte ihm zu. "Ja, völlig bekloppt." sagte ich, zerriss den Brief und warf ihn in den Müll. Kurz drauf kam die Aufnahmeleiterin ins Zimmer und sagte mir, ich solle mich bereit halten. In einer viertel Stunde wäre ich wieder an der Reihe. "Komm ich richte dich nochmal etwas her." sagte Ron und zog mich Richtung Maske. Ich setzte mich in den mir vertrauen Schminkstuhl. Meine Kollegin, mit der ich die nächsten beiden Szenen drehen würde, war auch schon dort und begrüßte mich herzlich. Sie war gerade erst ins Studio gekommen und wurde von einer Visagistin her gerichtet. Eine sehr stille, grummelige Frau, die ich in der ganzen Zeit nie wirklich kennen gelernt hatte.

"Wie lang musst du noch auf sie warten?" fragte Ron neugierig. Ich sah auf die Uhr. "3 Stunden, 23 Minuten." antwortete ich ihm breit grinsend. "Ui, dann müssen wir uns ran halten heute." sagte meine Kollegin lächeln. "Oh ja. Ich kann es kaum erwarten." Beide grinsten vor sich hin. "Das merke ich, nu halt mal still." ermahnte mich Ron. Wir lachten. "Wie lange wird sie bleiben?" fragte Ron. Das war eine Neuigkeit, die ich ihm noch nicht mitgeteilt hatte. "Ein Jahr vorerst." antwortete ich ihm. Ruckartig drehte er den Stuhl zu sich um. "Und das sagst du mir erst jetzt, du verrückte. Das ist ja der Hammer. Oh wie schön, dass freut mich total für euch." Er zog mich zu sich hoch und umarmte mich stürmisch. "Ron, meine Frisur." er mahnte ich jetzt ihn scherzhaft. "Das ist aber wirklich toll." sagte auch meine Kollegin. "Hast du ihr denn Platz gemacht, sie zieht ja jetzt quasi bei dir ein? Tut sie doch oder?" fragte Ron ganz aufgeregt. "Ja, ich habe schon den halben Kleiderschrank frei geräumt und auch in den anderen Schränken Platz gemacht. Das war eine gute Gelegenheit endlich mal wieder aus zu misten." erzählte ich und dachte, man sollte solche Ausmistaktionen wirklich regelmäßig machen. "Ich bestehe darauf, dass ich sie dann auch einmal richtig kennen lerne." sagte er und untermalte seinen Wunsch mit einem scharfen Blick in meine Richtung. "Ja, jetzt haben wir Zeit und es ist mir eine Freude, dass ich sie dir vorstellen kann." Die Tür ging auf und unsere Aufnahmeleiterin trat herein. "Kommt ihr?" forderte sie uns auf und wir machten uns auf den Weg ins Studio. "Noch genau drei Stunden. Lass es uns rocken." sagte meine Kollegin, nachdem sie auf die Uhr geblickt hatte. Sie hielt mir ihre Hand hin und wir gaben uns ein high five.

@lialight




Meet and love (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt