Kapitel 5

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Ich stand auf, obwohl es erst halb sieben war. In dieser Familie konnte ich es mir nicht leisten Langschläfer zu sein, weshalb ich das mit Papas Tod leider ablegen musste.
Davor war ich am Wochenende gut und gern bis um halb elf im Bett geblieben. Doch mittlerweile hatte ich mich an das tägliche frühe Aufstehen gewöhnt und hatte damit kaum noch Probleme.

Nachdem ich mich schnell geduscht und im Bad fertig gemacht hatte, zog ich mich an. Ich schlüpfte in eine helle Jeans, die etwas verwaschen war und Löcher an den Knien hatte, allerdings war das nicht so gekauft, sondern lediglich eine Gebrauchserscheinung. Diese Hose hatte ich nämlich von Arabella geerbt. Ebenso wie das dunkelblaue T-Shirt, bei welchem sich der silberne "Summer"-Aufdruck, sowie die Palme daneben leicht ablöste.

Heute war Samstag, also würde es erst gegen halb neun Frühstück geben. Da Rebecca immerhin so freundlich war und sich an die ausgemachten Zeiten hielt, hatte ich also noch zwei Stunden frei. Kurzerhand beschloss ich, Kayla etwas zum Frühstücken mitzubringen und nahm mir meine Lederjacke - eines der wenigen Kleidungsstücke, die ich nicht von meiner Stiefschwester geerbt hatte - vom Haken.

Auf meiner Yamaha war ich schnell bei Chaumonts (meiner Meinung nach der beste Bäcker Los Angeles'), nahm zwei frische Croissants mit und fuhr zu Kayla. Um ihre Eltern und Geschwister nicht zu wecken, schickte ich meiner besten Freundin eine SMS, anstatt zu klingeln.

> Guten Morgen, Süße! 💕 Hab dir Croissants mitgebracht, die wollen gerne ins Haus... :P

Keine zwei Minuten später öffnete mir eine, im Morgenmantel bekleidete, verschlafene Kayla die Haustür. Doch als ich ihr die Tüte mit dem duftenden Gebäck unter die Nase hielt, grinste sie mich breit an und zog mich auf ihr Zimmer. Was gab es denn besseres, als Frühstück im Bett?

"Was machen wir jetzt?", fragte Kayla, während sie das letzte Stückchen Croissant herunterschluckte. Unsicher zuckte ich mit den Schultern.

"Ich sollte vielleicht wieder nach Hause", murmelte ich deprimiert. Wie gerne würde ich einen Samstag mit meiner besten Freundin verbringen, ohne irgendwas tun zu müssen - so wie jeder normale Teenager auch. Doch Rebecca machte mir da leider einen Strich durch die Rechnung. Niemals würde sie mir erlauben, einfach einen Tag zu 'versandeln'.

"Okay, dann los", meinte Kayla und sprang auf.

"Du kommst mit?", fragte ich überrascht.

"Na klar, dann können wir wenigstens ein bisschen quatschen, während du Sklavin spielst." Ich grinste Kayla amüsiert an, denn immer wenn sie mitkam brauchte ich für meine Aufgaben zwar doppelt so lang, aber es machte bestimmt vier Mal so viel Spaß.

Ich erwartete den üblichen Anfall von Rebecca, als sie Kayla hinter mir das Haus betreten sah. Doch entweder hatte ich dank des gestrigen Abends wirklich etwas gut bei ihr (was ich für unwahrscheinlicher hielt), oder sie hatte irgendetwas erreicht - sei es eine neue Affäre oder ein abgeschlossenes Geschäft, bei dem eine Menge Geld im Spiel war.

Ich vermutete, dass der Grund für ihre gute Laune in beidem lag. Mr McTrayers und sein Sohn waren gestern schließlich nicht einfach so bei uns gewesen. Meine Stiefmutter lud grundsätzlich niemanden ein, wenn dabei nichts für sie heraussprang. Bei den McTrayers war der Hintergrund wohl durch Geld bedingt, worum es dabei ging konnte ich allerdings nicht sagen.

Doch ein sexuelles Verhältnis wollte ich auch nicht ausschließen. Immerhin war Rebecca eine Geschäftsfrau, die wusste, wie sie ihre weiblichen Reize voll und ganz ausnutzen konnte - und ganz ehrlich: Mr McTrayers war ein wirklich gutaussehender, charmanter Mann.

Genauso wie sein Sohn, schoss es mir durch den Kopf. Er war der Einzige gewesen, der mich angelächelt hatte, der mich beachtet hatte, der sogar 'Danke' gesagt hatte. Wie sein Zwinkern und sein unglaublich süßes Lächeln mich so aus der Bahn werfen konnten, wusste ich mir immer noch nicht zu erklären.

When I Lost My Book - Kind Of A Cinderella StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt