Kapitel 27

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Mein Kopf fühlte sich an, als wäre er voller Zuckerwatte. Nur schwerlich bildeten sich Gedanken, welche dann sofort in dem klebrigen Netz der Süßigkeit hängen blieben. Obwohl ich seit Jahren nichts mehr von diesem Zeug genascht hatte, wurde mir allein beim Gedanken daran schlecht. Zuckerwatte war einfach zu klebrig und zu süß. Mir war es nach wie vor unverständlich, wie so viele Kinder danach verrückt sein konnten.

"Woran denkst du? ", fragte Logan, während er mich neugierig ansah.

"Zuckerwatte." Ich stieß hörbar die Luft aus, die ich in meinen aufgeblasenen Backen gefangen gehalten hatte und dachte an die letzten Stunden zurück.

Bella hatte mich tatsächlich um Hilfe gebeten. Allerdings war ich immer noch vollkommen verwirrt, warum sie gerade mich gefragt hatte. Wäre es um den Schulstoff, um Hausarbeit oder sogar irgendein Computer Problem gegangen, wäre es total logisch gewesen, wenn sie sich an mich wandte.

Doch Arabellas Bitte hatte einen komplett anderen Ursprung...


"Du musst mir nur eines versprechen", sagte meine Stiefschwester und schaute mich beinahe flehend an.

Ich war immer noch der festen Überzeugung, dass diese Szene ganz und gar nicht real sein konnte. Da mein Kopf zu sehr darauf fokussiert war, zu analysieren, ob ich mich nun in einem Traum, einer Halluzination oder einem Paralleluniversum befand, brachte ich nicht ein einziges Wort über die Lippen. Stattdessen nickte ich einmal kurz und sah Bella abwartend an.

"Du darfst niemandem davon erzählen! Wenn das irgendjemand erfährt, dann kann ich mich in der Mittagspause auch gleich zu den Losern setzen. Das wäre vollkommener gesellschaftlicher Selbstmord!"

Wow! Jeder neue Satz aus dem Mund des Wesens, welches aussah, wie meine Schwester, machte die Situation noch absurder. Die richtige Bella könnte diesen Umfang an Wortschatz niemals aus ihrem Oberstübchen zaubern. Sie würde den Ausdruck 'vollkommener gesellschaftlicher Selbstmord' vermutlich eher durch 'schlimmer, als Spliss und abgebrochene Fingernägel nach einer frischen Maniküre zusammen' ersetzen.

Ich konnte nichts anderes tun, als das Mädchen vor mir mit großen Augen anzustarren.

"Oh Gott", stöhnte sie. "Jetzt weiß ich wieder, warum ich sonst nie mit dir rede." Sie verdrehte die Augen, während sie mit ihrer Hand wedelte, als wollte sie eine Fliege verscheuchen. Dabei war weit und breit keine Fliege in Sicht.

"Sag mal, antwortest du auch mal oder starrst du mich nur weiter mit offenem Mund an?", wollte Bellas Körper wissen und auf einmal war ich mir wieder sicher, dass sich darin auch meine Stiefschwester befand. Vermutlich war sie einfach immer noch krank und verhielt sich deshalb ein wenig schräg. Redete Bella vielleicht sogar im totalen Fieberwahn und konnte sich nachher an nichts erinnern?

Prüfend legte ich eine Hand auf ihre Stirn, doch bevor ich ihre Körpertemperatur auf normal, mittel oder hoch festlegen konnte, wich sie einen Schritt zurück.

"Was soll das denn?", fuhr Bella mich angewidert an und zog einen kleinen Aufklapp-Spiegel aus ihrer Handtasche. Schnell überprüfte sie, ob ihre Stirn noch gleichmäßig von Make-Up bedeckt war, ohne zu glänzen  - doch ihre Haut war rein und wunderschön gebräunt, wie immer. Zufrieden steckte Bella den Spiegel wieder weg und sah mich dann abwartend an.

"Also?", fragte sie genervt und holte mich somit aus meinen Gedanken über Fieberträume, gespaltene Persönlichkeiten und andere abgedrehte psychologische Möchtegern-Analysen.

"Versprichst du, dass du mit niemandem darüber redest? Weder mit Lou, noch mit Jasmine und schon gar nicht mit Estelle!" Bellas Blick war beinahe furchteinflößend. Beinahe. Irgendetwas in mir sperrte sich einfach dagegen, ein Mädchen mit künstlichen Wimpern und einem falschen Lächeln ernst zu nehmen.

When I Lost My Book - Kind Of A Cinderella StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt