Kapitel 42

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Ich war mir nicht sicher, was mich mehr erschreckte. Der vollkommem verdreckte und durchnässte Kaschmirteppich, der nun auch noch ein Loch zu haben schien. Der gut drei Zentimeter lange Schnitt, der McTrayers' Handfläche durchzog und aus welchem dunkelrotes Blut hinunter auf den Kaschmirteppich tropfte. Oder die pinken Gummihandschuhe, die Logan trug.

Kayla war die erste von uns dreien, die reagierte. Sie brach in lautstarkes Gelächter aus und fiel dabei beinahe von der Treppe.

Bella schien nicht recht zu wissen, wie sie reagieren sollte. Es schien fast so, als wäre sie von den vielen verschiedenen Eindrücken ein wenig überfordert.

Nachdem ich mir ein leichtes Kichern nicht verkneifen konnte, suchte ich ein Pflaster aus dem Badezimmerschrank, um den armen Teppich vor weiteren Blutstropfen zu schonen.

"Tut's weh?", fragte ich vorsichtig, während ich das Pflaster aus seiner Verpackung befreite.

McTrayers schüttelte lediglich den Kopf. Sein Blick ruhte die ganze Zeit auf mir. Auch als er mir seine Hand hinstreckte, damit ich das Pflaster aufkleben konnte, wandte er den Blick von mir nicht ab.

"Vorsicht, das brennt jetzt vielleicht ein wenig", warnte ich, bevor ich das Desinfektionsspray auf den Schnitt sprühte. McTrayers zeigte keine Reaktion. Weder zuckte seine Hand, noch seine Wimper. Er schien nicht einmal zu blinzeln.

Ich erwiderte seinen Blick. Die Luft zwischen uns war wie elektrisiert. Ich konnte das Knisterm förmlich hören und jedes einzelner Härchen meines Körpers stellte sich auf. Die Welt um mich herum begann sich zu drehen und die Umrisse verschwammen. Ich konnte lediglich das warme Braun von McTrayers' Augen erkennen, welches von zarten dunklen Sprenkeln durchzogen war.

McTrayers' Blick war aufmerksam und durchdringend. So durchdringend, dass ich das Gefühl hatte, er würde hinter das Glas meiner grünen Augen blicken können. Sein Blick fand den Weg direkt zu meinem Herzen und brannte sich dort ein. Plötzlich war ich sicher, dass ich diese Augen immer und überall erkennen würde. Sie waren so einzigartig und wunderschön - und sie waren ebenso fasziniert von mir, wie ich von ihnen.

Ein lautes Klatschen riss mich aus meiner Blase und ich zuckte erschrocken zusammen.

"Los, los", rief Bella. "Wir haben nicht ewig Zeit. Du musst dich endlich anziehen, Jo! Und ihr könntet euch auch mal ein bisschen mehr beeilen, Jungs."

Bellas Vorwurf McTrayers und Logan gegenüber bekam ich gar nicht mehr richtig mit. Ich war viel zu abgelenkt von dem Auftrag an mich. Verstohlen warf ich einen Blick an mir nach unten. Kein Wunder, dass McTrayers mich die ganze Zeit so angestarrt hatte!

Mit hochrotem Kopf stolperte ich zurück und bedeckte meine linke Schulter wieder mit dem wohl heruntergerutschten Bademantel. Ich war mir nicht sicher, was nun peinlicher war - der Turban auf meinem Kopf, den ich aus einem alten Barbie-Handtuch von Bella gedreht hatte, der etwas zu klein geratene pink-rot gestreifte Bademantel, den ich trug oder die viele nackte Haut, die ich McTrayers zeigte und weit mehr entblößte, als mir lieb war.

Logan stieß wohl als Antwort auf seinen Auftrag ein ironisches Lachen aus, welches mich endlich aus meiner Starre riss. Ich drehte mich um und rannte die Treppe wieder nach oben - so schnell aus McTrayers' Blickfeld, wie es nur ging.

Oh Gott! Wie sollte ich McTrayers jetzt gegenüber treten, ohne einen hochroten Kopf zu bekommen? Ich würde mich am liebsten in meinem Bett vergraben und nie wieder herauskommen - zumindest für die nächsten 100 Jahre. Doch Kayla machte mir einen Strich durch die Rechnung.

"Wo willst du hin? Zu deinem Kleid geht's hier lang."

Ertappt hielt ich in meinen Bewegungen inne und drehte mich zu meiner besten Freundin um.

"Ich ... Ähm...", stammelte ich. "Das Bett gefällt mir viel besser als der Ball", gab ich jammernd zu.

"Ach quatsch", widersprach Kayla. "Nur weil du denkst, du müsstest vor Peinlichkeit im Boden versinken. McTrayers ist echt egal, was du anhast. Das weiß ich. Er würde wahrscheinlich immer noch auf dich abfahren, wenn du in einem Kartoffelsack - oder noch schlimmer, in einem Justin Bieber Shirt rumlaufen würdest!"

Obwohl mir eigentlich nicht danach zu Mute war, musste ich lachen. Also wirklich, so schlimm war Justin Bieber nun auch wieder nicht.

Obwohl ich mich immer noch nach meinem Bett sehnte, ließ ich mich von Kayla zurück in das Ankleidezimmer ziehen. Und ich musste zugeben, ich konnte es kaum erwarten, dieses Kleid zu tragen.

"Du", begann Kayla, als sie den Reißverschluss meines Kleides nach oben zog. "Ich muss dir was sagen."

Ihre Stimme war belegt und ich hörte sofort, dass irgendwas nicht stimmte. Langsam drehte ich mich um, doch Kayla wich meinem Blick aus. Das war ein wirklich schlechtes Zeichen. Was zum Teufel war los?

"Kingsley hat ein Promdate und es wird dir nicht gefallen", murmelte sie, noch immer, ohne mich anzusehen.

Oh. Naja, aber das war mir ja schon klar. Es war schließlich nichts neues, dass Estelle die begehrtesten Kerle der Schule bekam.

"Hätte mich ja gewundert, wenn Estelle ihn nicht rumgekriegt hätte", schnaubte ich. Kayla hatte Recht - es gefiel mir nicht. Aber ich kam damit klar. Es war schließlich wie eine höhere Macht, quasi ein Naturgesetz, dass es so kommen musste.

Doch Kayla wich meinem Blick noch immer aus. "Es ist nicht Estelle - sondern Arie."

Was?

Meine Gesichtszüge entgleisten mir und ich wandte mich von Kayla ab. Arabella? Wirklich die Arabella, die in öetzte Zeit plötzlich so nett zu mir gewesen war? Die ich schon beinahe wie eine richtige Schwester betrachtet hatte? Der ich alles erzählt hatte, was McTrayers betraf - von jedem Treffen, was ich gesagt und gefühlt hatte? Die Bella, die mir sogar geholfen hatte, von McTrayers wahrgenommen zu werden und die mir eine zweite Chance ermöglicht hatte?

Ich konnte und wollte das einfach nicht glauben. Warum sollte die Bella, zu der meine Stiefschwester in den letzten Tagen geworden war, mit ihm zum Prom gehen, wo sie doch wusste, wie ich für ihn empfand?

Aber noch weniger würde Kayla mich anlügen. Sie war nämlich schon immer meine allerbeste Freundin und ich war mir mehr als sicher, dass ich mich vollkommen bedingungslos auf sie verlassen konnte. Doch in Arabella hatte ich mich wohl getäuscht - sie war ein Biest. Genauso hinterhältig und egoistisch, wie vor ihrem scheinbaren kleinen Wandel. Eines musste ich zugeben - sie war eine verdammt gute Schauspielerin. Denn dass sie in den letzten Tagen jemals die Wahrheit gesagt hatte, konnte ich nun mit Sicherheit ausschließen.

Ich fühlte mich betrogen, hintergangen und verletzt. Und normalerweise wäre meine erste Reaktion, mich in meinem Bett zu verkriechen und zu heulen, bis mein Zimmer unter Wasser stand. Doch seltsamerweise floss mir keine einzige Träne die Wange hinunter.

Mein ganzer Körper war angespannt, mein Kiefer aufeinander gepresst und meine Augen waren zu Schlitzen zusammen gekniffen.

Bella, meine Stiefschwester, hatte mir meinen vielleicht-aber-vielleicht-auch-nicht Traumprinzen ausgespannt. Sie hatte sich mit meiner besten Freundin verbündet, was ich Kayla nun ehrlich gesagt auch ein kleines bisschen übel nahm - immerhin wusste sie längst, dass Bellas Freundlichkeit nur gespielt gewesen war. Sie hatte sogar meinen Chef/besten Freund/Ersatzvater um den Finger gewickelt. Und das wollte ich ihr nicht einfach so durch gehen lassen.

Ich würde mich sicher nicht in meinem Bett verkriechen, Ben&Jerry's löffeln und dramatische Liebesfilme ansehen. Nein!

Ich würde zu diesem verdammten Prom gehen und ihr zeigen, dass ich mich nicht ei fach so unterkriegen ließ! Ich war stark und ich würde sie alle umhauen heute Abend!

Aber natürlich lief wiedermal nichts so, wie ich es mir wünschte.

//Wir sind im Endspurt!! Ein paar Kapitel kommen noch, aber das Ende ist nah ...
Übrigens solltet ihr beim letzten Kapitel nochmal schauen, ich hab noch ein bisschen was verändert :)

Danke fürs Lesen!

When I Lost My Book - Kind Of A Cinderella StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt