Kapitel 34

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Ich konnte Kaylas schwarze Mähne schon von weitem sehen und am liebsten wäre ich stehen geblieben, hätte mich von den Schülermassen tot trampeln lassen oder wäre in einem tiefen Loch im Boden verschwunden. Doch obwohl ich stehen blieb tat sich der Boden nicht auf und die Schüler rempelten mich zwar hier und da an, doch besonders tödlich waren diese leichten Schubser nicht.

Seufzend überredete ich meine Beine schließlich doch dazu, die letzten Meter zum Spind noch zurückzulegen. Früher oder später würde ich es ihr erzählen müssen und ich brachte unangenehme Dinge meist so schnell wie möglich hinter mich.

"Und?", fragte meine beste Freundin mit leuchtenden Augen, als ich endlich vor ihr stand. "Wie fühlt man sich als Freundin des beliebtesten Typen der ganzen High School?"

"Wir sind nicht zusammen", zischte ich, während ich mich panisch nach eventuellen Mithörern umschaute, die womöglich noch unwahre Gerüchte in die Welt setzen würden. Doch Kayla und ich waren offenbar noch immer so uninteressant wie vor einer Woche.

"Ich dachte, euer Date lief gut?", bohrte Kayla nach.

"Am Anfang schon", gab ich zu, "aber dann -" Bei dem Gedanken an Samstag Nachmittag verzog sich mein Mund zu einer Grimasse. Wieso konnte ich nicht einmal im Leben Glück haben? Aber nein, es lief grundsätzlich alles vollkommen anders, als ich es mir vorstellte.

"Wieso hast du ihm überhaupt von deinem Dad erzählt?", fragte Kayla, als ich ihr von dem Date berichtete. "Du weißt doch, dass du davon immer so traurig wirst - was ich vollkommen vestehen kann, Süße. Aber der Tod eines Familienmitglieds ist wohl der Stimmingskiller schlechthin oder?"

"Sieht ganz so aus", seufzte ich. "Danach war die Luft jedenfalls raus und wir wussten beide nicht so recht, was wir machen sollten. Aber das war nicht mal das Schlimmste."

Rebecca hatte herausbekommen, dass ich nicht in der Arbeit war. Überraschenderweise war Bella in ihrer neuen, netteren Version davon ausgegangen, dass eine Vorwarnung vielleicht angebracht wäre. Und sie hatte vollkommen Recht.

Panisch sprang ich auf und faselte irgendetwas von einem Notfall, während ich mir den Motorradhelm über den Kopf stülpte. Wie konnte Rebecca nur etwas davon mitbekommen? Hatte mich irgendjemand verpfiffen? Aber außer Bella wusste doch niemand Bescheid, oder?

Ich ignorierte McTrayers' verwirrten Blick geflissentlich, der mir regungslos hinterherstarrte, als ich meine Yamaha startete und mit quietschenden Reifen davon brauste.

Ich fuhr schneller, als ich jemals in der Stadt gefahren war und beachtete weder die Geschwindigkeitsbegrenzungen, noch die anderen Verkehrsteilnehmer. Im Nachhinein betrachtet war es ein echtes Wunder, dass ich unversehrt zu Hause angekommen war.

Die ganze Zeit hatte ich nur nur meine Stiefmutter im Kopf - und diverse Möglichkeiten, was sie mir vorwerfen würde und wie ich am besten aus der ganzen Sache wieder heraus kam.

Doch egal, was ich mir ausmalte - jedes Szenario endete unangenehm für mich. Trotzdem hoffte ich, dass ich, je früher ich daheim sein würde, weniger Ärger bekommen würde.

Aber meine Bemühungen waren vergeblich. Rebecca beobachtete mich mit scharfen Augen, als ich den langen Kiesweg zu unserem Haus hinaufstapfte. Mein Blick war voller Reue, doch weder das, noch meine gestammelte Entschuldigung, schienen meine Stiefmutter zu besänftigen.

"Du hast eine Woche Hausarrest", fauchte sie, kaum dass ich einen Fuß in die Eingangshalle gesetzt hatte.

Was? Das konnte sie nicht machen! Ich musste doch in die Schule und Kayla alles erzählen und - was würde McTrayers bloß von mir denken?

When I Lost My Book - Kind Of A Cinderella StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt