Kapitel 12

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Der Gong kündigte die Stunde an, was jedoch niemanden in diesem Raum zu interessieren schien. Anscheinend nicht einmal Mr Crawleys, denn er hatte uns bisher nicht mit seiner Anwesenheit beglückt.

Seufzend senkte ich den dunkelroten Stift wieder auf das Blatt, um das nächste Kästchen meines Collegeblocks auszumalen, als mir ein paar Strähnen wasserstoffblonden Haares ins Gesicht geschleudert wurden. Als Mr Crawleys exakt vier Minuten und siebenundzwanzig Sekunden nach Unterrichtsbeginn seine dunkelbraune Ledertasche auf das Pult schleuderte, sah sich wohl sogar eine unserer Calabasas Puppen gezwungen, sich ihrem Schicksal zu fügen.

"Entschuldigen Sie bitte meine Verspätung", sagte der bereits ein wenig ergraute Chemielehrer. "Leider wurde ich aufgehalten."

Bei diesem Satz schenkte er mir einen bedeutungsvollen Blick. Sofort zählte ich in meinem Kopf eine Liste auf - alles, was der Grund für Mr Crawleys' Zuspätkommen sein könnte und etwas mit mir zu tun hätte. Mir fiel wirklich nichts ein, abgesehen von zwei Dingen.

Entweder hatte irgendjemand herausgefunden, dass ich es damals gewesen war, die das alte Exemplar von George Orwells Nineteen-Eighty-Four aus der Bücherei hat mitgehenlassen, als es durch ein neues Buch ersetzt werden sollte. Allerdings war das schon über zwei Jahre her und Kayla hatte mir tausendmal versichert, dass es garantiert niemandem aufgefallen war.

Oder aber es hatte irgendetwas mit meiner Familie zu tun. Arabella und Rebecca bereiteten mir schließlich jeden Tag Ärger - es wäre beinahe ein Wunder, wenn sie es in der Schule nicht auch täten. Ich hoffte einfach, dass es kein Fehler meinerseits gewesen war, der Mr Crawleys aufgehalten hatte und widmete meine Aufmerksamkeit wieder dem Chemielehrer.

"Heute werden wir uns mit Alkoholen beschäftigen. Nein, ich habe keinen Schnaps mitgebracht - nicht einmal Bier. Sie werden sich Ihren Rausch wohl auf Ihrer nächsten Party antrinken müssen", meinte Mr Crawleys schmunzelnd, als Roy, Jordan und die anderen Footballer bei der Bekanntgabe des heutigen Themas anfingen, zu grölen.

Diese Reaktion brachte mich kurz zum Grinsen. Jungs dachten wirklich nur an Saufen, oder?

"Um einige Versuche durchzuführen, werden Sie sich zu fünf Gruppen mit je vier Leuten zusammen tun. Sie können die Gruppen selbst zusammenstellen, aber ich möchte diese in zwei Minuten auch sehen. Kriegen Sie das hin?"

Ohne eine Antwort zu geben sprangen die meisten von ihren Plätzen auf und suchten sich drei Leute, mit welchen sie sich um den Alkohol kümmern wollten. Ich beobachtete meine Mitschüler, wie sie hektisch durch den Raum liefen, versuchten sich zu einigen und letztendlich irgendwo Platz nahmen.

Natürlich saßen Jordan und Roy mit ihren Freundinnen Tess und Fiona an einem Tisch. Die beiden anderen Football-Spieler des Chemiekurses hatten sich mit einer Cheerleaderin und einem Basketballer zusammen getan. An einem Tisch ganz hinten im Eck saßen Marvin und Susannah, bei denen ich mir nie sicher war, ob ich sie in die Gruppe der Möchtegern-Junkies oder die der Snobs einteilen sollte, zusammen mit Josh und Yong Duan.

Shit, der Chinese wäre der einzige gewesen, den ich hätte fragen können. Ich befürchtete schon, dass ich wieder übrig blieb, als mich jemand am Arm packte.

"Wir brauchen auch jemand Schlaues in unserem Team", knurrte Jasmine durch ihre zusammen gebissenen Zähne, während sie mich hinter ihr her zog.

Auf dem Weg zu unserer Gruppe kamen wir noch an dem fünften Team vorbei. Es bestand aus Veronica, Diana, Seth und Florida - einer genauso interessanten Konstellation, wie die anderen. Flo, Diana und Nica waren schon lange die besten Freundinnen, doch Seth führte schon mindestens ebenso lange eine on-off-Beziehung mit allen dreien. Mal war er mit der einen, mal mit der anderen zusammen und niemand blickte mehr so wirklich durch. Wahrscheinlich wussten es nicht einmal sie selbst.

When I Lost My Book - Kind Of A Cinderella StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt