K A P I T E L 11 - Angst

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Heute bereitete ich mich, wieso auch immer, glücklich auf die Uni vor.
Ich freute mich Okan zu sehen, obwohl er mich enttäuscht hatte.
Er könnte sich bedanken, anstatt zu sagen, dass ich Abstand von ihn halten soll! Wieso soll ich das aber tun? Wenn er nichts von mir hält, dann soll er mit mir Klartext reden!
Wird Emir heute wieder etwas machen? Wird Okan heute überhaupt kommen?
Seufzend zog ich meine Schuhe an und fuhr ohne viel Zeit zu verlieren zur Uni.

Wie gewohnt traf ich mich mit meinen Freunden vor dem Eingang. Zusammen gingen wir rein.
"Du siehst ja heute richtig glücklich aus Eylem!", meinte Demet und lachte.
"Ja, ich weiß auch nicht warum ...", sagte ich.
"Aber hey, das was du gestern gemacht hast, war echt mutig! Ich war voll schockiert!", wunderte sich Esra.
"Es kam einfach innerlich! Ich weiß auch nicht wie ich es geschafft habe ...", sagte ich.
"Und was hat Okan dir noch gesagt?", fragte Demet neugierig.
"Dass ich Abstand von ihn halten soll. Er könnte sich bedanken! Das war nicht einfach für mich!", ärgerte ich mich und seufzte.
"Oh nein! Ich dachte schon, dass er etwas Nettes gesagt hatte ...", meinte Demet enttäuscht.
"Und Emir hast du ein Denkzettel verpasst! Hätte ich nicht erwartet! Er soll wissen, dass er nicht der Boss ist!", sagte Esra beeindruckt.
"Genau! Aber so ungefährlich ist er auch nicht. Er ist mächtig, was ihn so stark macht. Alle glauben an seine Lüge!", zweifelte ich.
"Reicher Schnöse eben!", regte sich Demet auf.
In dem Moment klingelte es und wir eilten zur nächsten Lesung

"Deutsch war mal wieder so spannend!", meinte Esra ironisch.
"Genau, deshalb schlief auch fast der halbe Saal ein!", meinte Demet und lachte.
Wir kamen wie gewohnt bei der Cafeteria ein und nahmen Platz.
"Hast du Notizen gemacht? Ich hab nicht zugehört ...", fragte Demet in die Runde.
"Ich auch nicht!", sagte ich.
"Habt Glück, dass ihr mich habt!", meinte Esra gespielt eingebildet und holte ihr Block raus.
Ich packte auch meine Sachen raus und fing an zu Schreiben.

"Heute ist ja unser Mörder so schick!", unterbrach jemand die Stille plötzlich.
Emir!
"Verzieh dich Junge!", befahl ein Freund von Okan. Er sah stark aus, genau wie Okan. Sie könnten Emir mit einem Hieb bewusstlos machen, damit er sein Mund hielt!
"Die Wahrheit tut immer weh ...", meinte Emir unschuldig und wurde von Ilayda weggezogen. Sie sagte ihm etwas und sah wütend aus.
Wie kann Ilayda so jemanden Lieben?! Er verdient sie nicht!
Aber ich weiß was ich mit Emir machen werde!

Beim Mathesaal angekommen, nahmen wir Platz und packten unsere Sachen raus.
Als der Professor kam, fing die Lesung auch an. Ich überlegte lange und kam auf eine Idee.
Mitten in der Lesung ging ich raus. Ich hatte nämlich etwas vor. Eine Überraschung ...
Ich hatte Angst und dachte auch daran zurückzugehen, doch ermutigte mich.
Die Gänge waren leer. Ich fühlte mich allein. Als ich an der frischen Luft ankam, holte ich tief Luft und dachte nochmal nach. Mal hoffen, dass mich keiner erwischt!

Nach zwei Stunden war mein Schultag auch um.
Ich verabschiedete mich schnell von meinen Freunden und eilte raus. Es war voll und ich drängelte mich durch die Menge. Draußen suchte ich schnell Okans Wagen und stellte mich davor hin. Ungeduldig wartete ich bis Emir kam und den Mörder Zettel anhing. Da sah ich ihn auch kommen!

"Ah, was machst du hier?", fragte Emir als er mich sah.
"Nichts. Was hast du in deiner Hand?", fragte ich.
Eigentlich eine rhetorische Frage. War ja klar, der Mörder Zettel!
"Die Wahrheit.", meinte er.
"Ah ja? Dann schau mal welche Wahrheit auf deinem Auto steht ...", sagte ich.
Verwirrt schaute er mich an und wurde schnell wütend. "Was hast du Hirnlose gemacht?!", fragte er und setzte sich in Bewegung. Ich zog mich selber in Schwierigkeiten! Doch ich übersah es ...
Ich hatte ein Zettel auf Emirs Windschutzscheibe geklebt, worauf verleumder Lügner! drauf stand ... Sein Auto war nicht weit weg.
"Verleumder Lügner? Dein ernst?!", fragte Emir und lachte.
Ich wusste zwar nicht wie viele, aber einige Leute schauten uns zu.
Darunter auch die ängstliche Ilayda und der versteinerte Freund von Okan.
Emir zerknüllte wie Okan den Zettel und trat näher. Abrupt packte er mich am Arm und sagte: "Du hast es gewollt Eylem! Somit beginnt das Spiel!". Welches Spiel? Sofort nahm ich seine Hand runter und trat ein Schritt zurück.
"Eylem!", unterbrach jemand die schreiende Stille zwischen Emir und mir. Sofort erkannte ich die Stimme. Okan kam mit schnellen schritten auf uns zu und stellte sich zwischen uns hin. Seine Haltung kam mir beschützerisch vor.
"Emir, dein Problem ist mit mir! Halte dich von ihr fern!", befahl Okan.
"Jetzt ist mein Problem mit euch Beiden!", meinte Emir und ging. Die Worte brannten sich in mein Kopf ein. Ich fühlte plötzlich eine Leere in mir.
Abrupt wandte sich Okan zu mir.
"Eylem, bu ruh hastasından uzak durmalıydın! Benim yüzünden kendini zorluğa soktun! (Eylem, du müsstest dich von dem Geisteserkrankten fern halten! Du hast dich wegen mir  in Schwierigkeiten gezogen!)", meinte er. Ich hörte Wut und Verzweiflung in seiner Stimme.
"Du musst dich von ihn und mir fern halten!", warnte er mich und schaute mir in die Augen.
Diese Augen! Immer wieder schafft er mein Herz auf 180 zu bringen!
Komm zu dir Eylem!
Schnell kehrte ich wieder zur Realität.
Meine Kehle war wie zugeschnürt. Wortlos drehte ich mich um und eilte mich weg.
Schnell stieg ich in mein Auto ein und fühlte schon wie sich meine Augen füllten, wie ich kurz vor einem Schluchzer war ...

Wie undankbar kann man sein?!
Das fragte ich mich die ganze Fahrt lang. Sieht er nicht, was ich für ihn mache? Ist er so blind, oder will es nicht wahrhaben? Ich habe mich selber in den Sumpf gezogen! Super gemacht Eylem!
Mit verschwommenem Blick schaute ich mich um. Ich war wieder am altbekannten See. Schnell wischte ich die Tränen weg.
Du musst dich von ihn und mir fern halten! hatte er gesagt.
Aber das kann ich nicht!
Wieso muss alles so schwer sein?

Donnerstag
Mein Wecker klingelte, doch ich wollte nicht aufstehen. Starr schaute ich auf die Wand und dachte nach.
Soll ich zur Universität gehen? Oder lieber zu Hause bleiben? Wird mir Emir etwas antun?
Ich seufzte und zwang mich aufzustehen. So oder so muss ich zur Uni!
Ich hatte Angst dort hinzugehen ... Was, wenn mir Emir wirklich etwas antut? Ich habe mich für etwas Nichtsnutziges geopfert!
Okan bin ich egal! Er will ja nur, dass ich Abstand von ihm halte ...
Sollte ich zur Uni? Würde ich mich somit in Gefahr stecken?

Tief atmete ich aus und schloss kurz meine Augen. Soll ich doch zurückgehen?
Ohne länger nachzudenken, stieg ich aus und spürte schon Blicke auf mir. Ich ignorierte sie und ging unsicher weiter.
"Eylem!", rief plötzlich jemand nach mir. Sofort drehte mich um und sah Ilayda. Sie sah wütend und besorgt aus. Mit schnellen Schritten näherte sie sich.
"Eylem, pass auf was du machst! Ich konnte Emir schwer davon abhalten die Hände von dir zu lassen!", warnte sie mich.
Was?! Emir hatte etwas vor?
"Wie kannst du mit so jemandem ausgehen?", fragte ich.
Sie schaute sich um und seufzte.
"Emir ist eigentlich ein guter Mensch! Aber sobald es um seine Familie handelt, tickt er aus!", meinte sie.
Hat etwa Okan Emirs Familie etwas angetan?!
"Du ... Du musst etwas wissen Eylem!", sagte sie dann plötzlich.
"Was?", fragte ich ängstlich.
"Emirs älterer Bruder war auch in der Sache vor zwei Jahren gewesen!", erklärte sie.
Sobald es um seine Familie handelt, tickt er aus! Er wird mich nie in Ruhe lassen!
"Oh", konnte ich nur von mir geben.
"Also, mach bitte nicht mehr so etwas, wie gestern ...", mahnte sie mich.
"Ilayda, du kennst die Wahrheit und Emir auch. Wieso stellt er dann Okan in der Öffentlichkeit so bloß da?!", musste ich fragen.
Sie hielt kurz inne.
"Das ist eine lange Geschichte. Vertraue Okan nicht so sehr. Manchmal kann man sich auch irren ...", sagte sie nur und ging.
Ich stand wie versteinert da und konnte mich nicht bewegen.
Angst stieg mir hoch.
Ich spürte sie in jeder Ader ...

1343 Wörter

Fortsetzung folgt

unvergesslich - unutulmazWo Geschichten leben. Entdecke jetzt