Es war seltsam zu wissen, dass Eylem schon im Haus war.
Ausgeschlafen stand ich um acht Uhr morgens im Gästezimmer auf. Nachdem ich mich im Badezimmer fertig gemacht hatte, ging ich vorsichtig in mein Zimmer und schaute nach, wie es Eylem ging. Sie schlief noch.
Ein Lächeln ging mir auf, als ich sie sah. Ich hoffe, sie hatte einen erholsamen Schlaf. Leise schlich ich mich an mein Kleiderschrank und holte mir ein Pullover und eine Jogginghose raus.
Sekunden später hörte ich Eylems Stimme, als ob sie gehört hätte, dass ich gekommen war.
„Okan?", ertönte ihre schläfrige Stimme.
„Guten Morgen.", drehte ich mich ihr. Müde fuhr sie über das Gesicht. Ihre Haare waren zerzaust, die Augen leicht angeschwollen. So sah meine Eylem also morgens nachdem sie aufwachte aus. Sie hatte nichts an ihrer Schönheit verloren.„Wieso hast du mich nicht aufgeweckt? Was mache ich hier?", fragte sie verwirrt.
„Du hast so schön geschlafen, dass ich dich nicht aufwecken wollte und habe dich auf mein Bett getragen."
„Du hättest mich aufwecken sollen. Meine Eltern wissen von nichts bescheid."
„Das hat meine Mutter schon geklärt. Sie hat bei euch angerufen.", vergewisserte ich.
„Oh Mann. Wie konnte ich einschlafen?", stand sie lachend vom Bett auf.
„Ich weiß nicht. Als der Film zu Ende ging, habe ich bemerkt, dass du schon längst in der Traumwelt warst."
„Der Film war langweilig, sorry.", beichtete sie.
Das gleiche hatte meine Mutter auch gesagt.
„Dann schauen wir das nächste mal Horrorfilm an. Da bleibst du bestimmt wach."
Mit großen Augen blickte sie mich an und meinte wohl, dass sie es niemals machen würde.
„Lieber nicht.", sagte sie.„Mach dich fertig, danach können wir hoch zum Frühstücken.", teilte ich mit. Eylem nickte und ging ins Badezimmer. Solange zog ich mich um.
Als sie kam, gingen wir hoch zum Esstisch.
„Günaydın aşıklar. (Guten Morgen ihr Verliebten.)", empfing uns Özge.
Lachend schauten Eylem und ich uns an.
„Günaydın. (Guten Morgen.)", grüßte Eylem sie und setzte sich hin. Meine Mutter und Özge hatten schon das Frühstück vorbereitet.
„Alles schon bereit.", sagte ich.
„Ja, natürlich. Das nächste mal kannst du es vorbereiten."
„Danke, so ist es gut.", sicherte ich.
Meine Mutter traf auch ein.
„Günaydınlar efendim. İyi uyudunuz mu? (Guten Morgen ihr zwei. Habt ihr gut geschlafen?)", setzte sie sich zu uns.
„Evet. Kusura bakmayın, uyuya kalmışım. (Ja. Tut mir leid, ich bin eingeschlafen.)", gab Eylem verlegen von sich.
„Olur kızım. İkinizde zor ve yorucu bir süreçten geçtiniz. İyisiniz ya, en büyük mutluluğum bu. (Das kann passieren, meine Tochter. Ihr beide seid durch schwierige Zeiten gegangen. Euch geht es ja gut, das macht mit am glücklichsten.)", vergewisserte meine Mutter. Hatte sie Eylem gerade meine Tochter genannt? Ich hatte es nicht falsch verstanden. Rasch wandte ich mich ihr. Das war der Beweis, dass Eylem ihr ans Herz gewachsen war.„Çok şükür her şey geçti. (Zum Glück ist alles vorbei.)", stimmte Eylem ihr zu. Sie lächelte, doch ich hörte Trauer aus ihrer Stimme raus.
Ich hatte so Angst, dass dieser Albtraum kein Ende finden würde! Aber wir hatten es überstanden. Eylem war bei mir, wir saßen zusammen an einen Tisch, waren sorgenfrei und das war das wichtigste.
Die tränenerfüllten Augen meiner Mutter waren nicht zu übersehen. Sie hatte ihre Trauer immer noch nicht überwunden. Die Erinnerung machte sie immer noch fertig. Mir saß auch noch ein Stein im Herzen, aber ich ließ es mir nicht anmerken. Ich versuchte stark zu bleiben, weil ich das musste. Für Eylem, meine Mutter - für jeden musste ich das.
„İyiki varsınız! (Zum Glück seid ihr bei mir!)", brachte ich brüchig über die Lippen, während ich versuchte meine Trauer zu unterdrücken.
Eine triste Stimmung war am Esstisch entstanden.„Babam nerede? (Wo ist mein Vater?)", unterbrach Özge die Stille zwischen uns.
„Birazdan gelir. (Er kommt bestimmt gleich.)", sagte meine Mutter. Da hörte ich ihn auch kommen. Schritte gingen die Treppen runter.
„İyi adam iyi laf üzere gelirmiş. (Da kommt er, wo man über ihn spricht.)", wandte sich meine Mutter ihm.
„Herkes yerini almış bile. (Jeder hat schon Platz genommen.)", blickte er über den Tisch und näherte sich uns.
„Evet, sonuncusun. (Ja, du bist letzter.)", vergewisserte meine Mutter.
„Wie schön sagt man: das beste kommt zum Schluss.", lockerte mein Vater die Stimmung. Bei seinem Flachwitz musste auch ich lachen.
Neben meiner Mutter ließ er sich nieder. Das war immer sein Platz. Jeder saß so, wie er immer saß. Die heutige Besonderheit war Eylem an meiner Seite. Sie wirkte bisschen schüchtern. Weil sie wohl das erste Mal hier übernachtet hatte und mit uns am Frühstückstisch saß. Sie war stiller als sonst.
Während wir gemeinsam am Tisch saßen, verstand ich gar nicht, wie schnell die Zeit verflog.
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unvergesslich - unutulmaz
Action„Stell dir ein Meer vor. Es ist so tief und dunkel wie ich. Du, eine Welle, prallst gegen meine spitzen Felsen und wirst danach von der Dunkelheit verschluckt ... Aber du kommst immer wieder zurück und gibst nicht auf. Jedes mal kehrst du etwas stär...