K A P I T E L 68 - Freund und Feind

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Okan

Wer hätte gedacht, dass ich wieder eines Tages auf die Liebe zutreffen werde? Das Leid hat ein Ende gefunden. Der Schlaf, der dich Kummer nennt, hat ein Ende gefunden. Mein Herz ist erwacht. Ich habe wieder angefangen zu vertrauen und lieben.
Ich habe wieder angefangen zu leben.
Ich habe die Vergangenheit losgelassen.
Ich habe die Last auf meinen Schultern losgelassen.
Denn ich habe sie ab jetzt. Die Person, die mein Herz geheilt hat, die den Tunnelblick aus meinem Kopf entfernt hat. Ich habe Eylem.
Und ich fühle mich so stark neben ihr.
Niemand soll uns den Weg versperren. Ich werde gegen jeden standhaft stehen. Auch gegen Emir.
Deswegen fuhr ich jetzt Richtung Innenstadt. Denn ich werde mich mit ihm treffen. Ich habe seine Nummer von Ilayda genommen. Sie war sehr überrascht und hatte gleichzeitig Zweifel. Aber ich habe trotzdem seine Nummer bekommen.
Wir müssen reden. Es kann nicht so weitergehen. Er kann uns nicht ständig unser Frieden wegnehmen.

Von der Ferne sah ich schon eine dunkle Gestalt am Schlossplatz stehen. Das müsste Emir sein. Er lief auf und ab. Als er mich entdeckte, blieb er stehen.
„Ach, da bist du ja.", kam er lächelnd auf mich zu.
„Ich habe auf dich schon ungeduldig gewartet.", meinte er und blieb vor mir stehen.
„Jetzt ist nicht Zeit für Späße Emir. Du weißt auch ganz gut, weshalb ich dich hier her gerufen habe.", machte ich klar.
„Hm, wirklich?", fragte er ironisch und schaute mich unwissend an.
Bewahre die Ruhe Okan. Sein Ziel ist es ehe dich verrückt zu machen.
„Weißt du? Manchmal fallen mir unsere alten Tage ein. Ich gib zu, ich vermisse sie. Wir waren so gut miteinander.", fing er an zu erzählen. Ja, wir waren eine große Freundesgruppe. Emir, Rüzgar, Elnur, Sertan, Önder, dann gab es noch zwei weitere und mich.
Er schweifte ständig vom Thema ab, als wolle er nicht über das wesentliche Problem reden.
„Und was machst du dann? Schaust du unsere alten Bilder an und weinst, oder was?", fragte ich genervt. Er fing an zu lachen.
„Schau dich mal an, wie armselig du heutzutage bist. Diese Einsamkeit hast du dir selber zu verdanken. Du hast jeden um dich verloren, du hast außer dich niemanden mehr. Ich bin hier außerdem gekommen, um etwas Ernstes mit dir zu besprechen!", riss mir der Geduldsfaden.
„Du redest zu viel Herr Derin, und das gefällt mir nicht.", teilte er kalt mit und trat ein Schritt näher. Ich hatte die über Wahrheit gesprochen, das hatte ihn gestört. Und dass ich so selbstsicher sprach. Emir wusste, wie hilflos er war, doch wollte es nicht wahrhaben. Er sah sich schon immer als stark und unbesiegbar. Aber sein Thron zerfiel langsam, das verbreitete ihn Angst.
„Hör mir zu Emir, ich will die Lage zwischen uns nicht noch mehr anspannen. Du bist ein erwachsener Mann, handle nicht mehr wie ein Kind... Halte dich fern von meinen Liebsten.", warnte ich ihn.
„Und was, wenn nicht?", fragte er und lachte.
„Suche dir einen anderen Zeitvertreib! Wir beide wissen, dass ich deinen Bruder nicht umgebracht habe. Die Welt dreht sich nicht um dich Emir! Öffne die Augen und sehe ein, wie falsch du bist. Wenn du so weitergehst, wirst du auch eines Tages dich verlieren."
„Der weise Okan gibt mir Ratschläge. Danke, diese hatte ich wirklich gebraucht.", gab er vorwurfsvoll von sich.
„Du wirst nicht glücklich, wenn du andere unglücklich machst. Du wirst erst glücklich, wenn du es in dir spürst!", sicherte ich.

Eine kurze Stille trat zwischen uns ein. Die Worte hatten ihn getroffen.
„Wegen dir bin ich heute so allein! Mein Bruder und Ilayda waren die einzigen an meiner Seite! Und sie sind deinetwegen nicht mehr bei mir! Das werde ich dir heimzahlen Okan! Du wirst leiden, sei dir das gewiss!", waren seine letzten Worte, bevor er sich Absatz kehrt machte. Erstarrt schaute ich ihm hinter her.
Ich wusste nicht, wie diese Feindschaft enden könnte! Zweifel plagten mich. Ich hatte Angst, dass Emir schlimme Dinge plante. Ich muss so sehr auf Eylem aufpassen. Emir kann ich alles zutrauen...
Gedankenversunken ging ich wieder zu meinem Auto und fuhr nachhause. Während der Fahrt war mein Kopf die ganze Zeit bei Emir. Ich musste irgendwas unternehmen und ihn stoppen! Wüsste ich bloß was? Wer auf dieser Welt kann ihn noch stoppen? Ich verliere noch den Verstand! Wer hätte gedacht, dass mein bester Freund eines Tages mein größter Feind sein wird?
Es fiel mir schwer gegen Emir zu kämpfen. Wir hatten so schöne Erinnerungen zusammen. Er war mal ein guter Junge. Aber wie gesagt, er war. Jetzt hat er sich in ein Ungeheuer verwandelt. Das Fehlen seines älteren Bruders, hat den Zorn in ihn gegenüber mich geweckt. Ah Emir, ah... Dein Bruder hat alles durcheinander gebracht.

unvergesslich - unutulmazWo Geschichten leben. Entdecke jetzt